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Das Höchster Krankenhaus auf Reisen

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Von: Sandra Busch

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Schwer kranke Menschen werden von der Intensivstation mit dem Rettungswagen in den Neubau transportiert, ein aufwendiges Verfahren.
Schwer kranke Menschen werden von der Intensivstation mit dem Rettungswagen in den Neubau transportiert, ein aufwendiges Verfahren. © Monika Müller

Hunderte Patientinnen und Patienten, Mitarbeitende und Materialien – nur zwei Tage hat das Klinikum Höchst für seinen Umzug Zeit. Ein Jahr Planungsvorbereitung wird nun umgesetzt.

Im Sekundentakt wird durch den Zelttunnel gerollt. Patient:innen in Betten, Umzugskisten, eine Waage im Kinderbett, Mülleimer, technische Geräte – ein unablässiger Strom rollt vom Alt- in den Neubau. Der Zelttunnel wurde extra für den Umzug des Klinikums Frankfurt-Höchst zwischen dem alten und neuen Gebäude errichtet, der Boden asphaltiert, es wird geheizt. Damit niemand auf dem Weg friert, über unebenen Boden rollt oder wegen eines Regenschauers nass wird.

Es regnet an diesem Samstagmorgen nicht. Aber das kann ja nun niemand ein Jahr im Voraus wissen. So lange wurde der Ablauf des Krankenhausumzugs geplant. Nach jahrelanger Bauzeit ist der Neubau fertig, ein ganzes Krankenhaus zieht innerhalb von zwei Tagen um. Die Verlegung von mehr als 300 Patient:innen zu organisieren, ist eine Herausforderung. Während im Neubau an diesem Wochenende die Arbeit schon aufgenommen wird, wird im alten Gebäude noch gearbeitet. Etwa auf der Geburtsstation. Keine werdende Mutter soll während der Geburt umziehen. Das Team der Geburtenhilfe arbeitet mit doppelter Besetzung. Auch andere schieben Sonderschichten.

Einige Patient:innen können selber hinüberlaufen. Einige müssen im Bett geschoben werden. Und dann gibt es noch die vulnerablen Gruppen. Die Frühchenstation, die Intensivstation. Sie sollen am Samstagmorgen mit Priorität das Gebäude wechseln. 18 Personen liegen auf der Intensivstation, aber sie sind zum Teil so schwer krank, „die können wir nicht über die Gänge schieben“, sagt Daniel Chappell, Chefarzt der Anästhesiologie und Intensivmedizin.

Heikler Transport

So wie der 69-Jährige, den ein Team aus sechs Personen in Schutzkitteln gerade für den Transport vorbereitet. Denn drei der 18 Intensivpatient:innen werden mit dem Intensivwagen zum neuen Gebäude gefahren. Nicht durch den Zelttunnel geschoben. Noch liegt der Patient im Altbau aus den 1960er Jahren mit den engen Gängen, den Flecken an der Decke, die Wasserschäden hinterlassen haben. Er wird nach einer schweren Operation beatmet. Kabel, Drainagen, alle Instrumente und Geräte, die er benötigt, werden am Patienten belassen und mittransportiert. „Das ist am sichersten“, sagt Notärztin und Oberärztin in der Anästhesie Samantha Wittner.

Alles kommt mit – außer das Beatmungsgerät. Der Patient wird an ein mobiles Beatmungsgerät angeschlossen. „Das machen wir ganz zum Schluss“, sagt Chappell. Der Sauerstoff reicht zwar für zwei Stunden, aber „wir wollen kein Risiko eingehen“. Deshalb wird das Beatmungsgerät erst gewechselt, wenn all die Kabel und Drainagen sowie Instrumente und Geräte sicher verstaut sind.

Und dann geht es zum Aufzug. An diesem Tag ist alles durchorganisiert, es gibt ein eigenes Aufzugskonzept. In den Aufzügen stehen Helfer:innen, damit alles reibungslos abläuft. Der Patient ist sediert, die Geräte piepsen gleichmäßig, aber er bekommt den Transport mit. Er hat die Augen geöffnet. „Wir fahren jetzt mit dem Auto“, erklärt Wittner dem Patienten vor dem Aufzug. „Und dann bekommen Sie ein schönes neues Zimmer.“

In den vergangenen Tagen ist im Klinikum Höchst wegen des Umzugs bereits der OP-Plan angepasst worden. „Wir hatten keine großen Operationen mehr geplant“, sagt Chappell. Um weniger Patient:innen postoperativ auf der Intensivstation zu haben. Auch Notfälle sollen an dem Wochenende nicht hereinkommen. Von der Leitstelle ist das Klinikum abgemeldet, Rettungswagen kommen daher keine an.

Nur absolute Notfälle

„Aber wenn ein Autounfall vor der Tür passiert, dann versorgen wir selbstverständlich“, sagt Chappell. Auch wer zu Fuß kommt, wird versorgt. Und so passiert es auch, dass am Mittag noch jemand über die Zentrale Notaufnahme hineinkommt – und gleich in den Neubau kommt.

Der 69-jährige Intensivpatient wird in der Wagenhalle des Altbaus in das Rettungsfahrzeug geschoben, in die Halles des Neubaus gefahren. Die neue Wagenhalle: Sie ist viel größer. „Es können bei einem Massenanfall an Verletzten bis zu acht Wagen Platz haben. Wenn ein Flugzeug abstürzt oder so“, erklärt Kristin Seitz, Leiterin der Vanisano-Unternehmenskommunikation. Und einen extra Zugang für isolationspflichtige Patient:innen gebe es nun auch.

Das Team aus zwei Rettungssanitätern, Notärztin und drei Pflegekräften schiebt den Patienten in den Neubau, weiter in den Aufzug und hoch in die neue Intensivstation. Alles läuft ruhig ab. Die Gurte werden von der Trage entfernt, der Patient ins neue Bett umgehoben. Eine Dreiviertelstunde nach Beginn der Transportvorbereitungen wird er an das Beatmungsgerät im Raum angeschlossen. „Willkommen im neuen Zimmer“, sagt die Notärztin.

Es war der zweite Intensivpatient, den sie transportiert hat an diesem Tag. Ein weiterer folgt noch. „Das wird viel aufwendiger“, sagt sie.

Für sie ist dieser Umzug „total aufregend“. „Weil an diesem Tag alles funktionieren muss.“ Und bisher tut es das auch. „Es läuft“, sagt Wittner zufrieden. Nicht nur auf der Intensivstation, auch bei der Geburtshilfe. Das erste Kind im Neubau kommt am Samstag um 13.14 Uhr zur Welt. Es ist ein Mädchen.

Ankunft im neuen Haus.
Ankunft im neuen Haus. © Monika Müller
Alles muss gut verstaut sein.
Alles muss gut verstaut sein. © Monika Müller
Mit dem Aufzug geht es in die neue Station.
Mit dem Aufzug geht es in die neue Station. © Monika Müller
Auch Neugeborene und ein Frühchen werden betreut.
Auch Neugeborene und ein Frühchen werden betreut. © Monika Müller
Ein personalintensiver Tag, um es vorsichtig auszudrücken.
Ein personalintensiver Tag, um es vorsichtig auszudrücken. © Monika Müller

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