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Das Buch zur Krautschau

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Von: Thomas Stillbauer

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Julia Krohmer hat gerade das Einjährige Rispengras entdeckt und markiert.
Julia Krohmer hat gerade das Einjährige Rispengras entdeckt und markiert. © Christoph Boeckheler

Was in Fugen und im Straßenpflaster wächst: Zwei Forscherinnen zeigen in ihrem Naturführer die „Vielfalt zum Niederknien“.

Leute, die auf der Straße kauern und Kreidekreise um winzigste Pflänzchen kringeln: In manchen Städten kennt man das inzwischen. Auf dem alten Bockenheimer Uni-Campus ist es am Freitagmittag wieder soweit. Da kniet Julia Krohmer und hat ein Exemplar des Feinstrahl-Berufkrauts entdeckt. Und dort drüben bückt sich Alexandra-Maria Klein, um eine Vogel-Sternmiere zu würdigen.

Beide können etwas, das – Diagnose „Pflanzenblindheit“ – nicht viele können: Kleinstkraut in Nischen und Ritzen erkennen. Mit Namen. Weil sie das können, haben sie ein Buch daraus gemacht. Frisch erschienen: „Das wächst in deiner Stadt“.

Hashtag #Krautschau

Julia Krohmer ist Wissenschaftskoordinatorin bei Senckenberg in Frankfurt. Alexandra-Maria Klein ist Professorin für Naturschutz und Landschaftsökologie in Freiburg. Zusammen haben sie 2021 einen Aktionstag mit dem Hashtag #Krautschau in acht Städten angekurbelt und viele Leute dazu gebracht, sich mit dem Winzgrün zu befassen, das sich im Asphaltdschungel behauptet.

Der Einsatz für die „Vielfalt zum Niederknien“ begeisterte auch Claudia Salata vom Kosmos-Verlag: „Ich dachte: cool. Allein schon der Begriff Krautschau!“ Die Idee, ein Buch daraus zu machen, trieb im Verlag bald Blüten. Es sollte etwas Handliches sein: „Etwas, das man mit rausnehmen kann und gucken, was vor den eigenen Füßen wächst.“

Das Buch als Begleiter

Das ist es auch geworden: ein Begleiter zum Stöbern und Nachschlagen. 95 Pflanzen sind drin, mit Fotos und Kurzporträts. Von der Knoblauchsrauke, die sich gern zur Brennnessel gesellt, bis zur Gewöhnlichen Mauerflechte, die würdig erträgt, dass sie mit plattgetretenem Kaugummi verwechselt wird. Vom Behaarten Schaumkraut, Untertitel: Stadtsalat, bis zum Niederliegenden Mastkraut. Und ja, die Gewöhnliche Wegwarte und der Klatschmohn sind auch drin.

Mehr Fläche als alle Naturschutzgebiete

Wenn Krohmer und Klein über das Straßenkraut erzählen, kommt man aus dem Staunen nicht heraus. 317 verschiedene Arten hat die Senckenberg-Biotopkartierung in den Ritzen und Fugen Frankfurts gefunden, zusammen nimmt dieses Habitat mehr Fläche ein als alle Frankfurter Naturschutzgebiete. Die Pflanzen darin geben Insekten Nahrung, sorgen angesichts ihrer Miniatur für erstaunlich kühle Umgebungstemperatur im Sommer und stabilisieren sogar das Straßenpflaster. „Getreten, mit Hundepipi und Zigarettenstummeln gepeinigt“, schildert Julia Krohmer, „sie halten alles aus.“ Weil nicht alle ins Buch passen, haben die Autorinnen 95 Arten ausgewählt, die im ganzen Land vorkommen.

Das Anliegen der beiden Forscherinnen: Den Wert der Mikrobotanik zeigen, den Menschen die Pflanzen wieder näherbringen, „den Pflanzen Namen geben“, sagt Klein. „Wenn jeder darauf achtet und sie wieder schön findet, können wir viel tun für die Vielfalt in der Stadt.“

Krautschauen zum Mitmachen gibt es wieder rund um den Tag der biologischen Vielfalt im Mai und Informationen unter senckenberg.de/krautschau

A.-M. Klein, J. Krohmer: Das wächst in deiner Stadt. Kosmos-Verlag, 140 Seiten, 100 Illustrationen, 150 Fotos, 14 Euro.
A.-M. Klein, J. Krohmer: Das wächst in deiner Stadt. Kosmos-Verlag, 140 Seiten, 100 Illustrationen, 150 Fotos, 14 Euro. © Kosmos-Verlag

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