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Kliniken in Hessen bereiten den Coronavirus-Ernstfall vor

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Von: Jutta Rippegather

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Ein OP-Saal.
Ein OP-Saal. © Christian Charisius/dpa

Das Coronavirus ist spürbar in Hessens Kliniken angekommen. Operationen, die medizinisch nicht drängen, werden verschoben. Das hat Folgen für die Patienten.

Wiesbaden - Eigentlich sollte Thomas F. heute Vormittag in Vollnarkose liegen. Und danach Aufwachen ohne die Nierensteine. Doch der Eingriff des 54-Jährigen ist ebenso abgesagt wie der Termin an der Orthopädischen Universitätsklinik Friedrichsheim, auf den Heike H. so große Hoffnung gesetzt hat. Man habe die Auflage, alle nicht notwendigen Kontakte zu vermeiden, habe man ihr zu Begründung gesagt.

Coronavirus in Hessen: Patienten haben Verständnis für Terminabsagen 

Beide FR-Leser zeigen großes Verständnis für die Situation. „Ich bin ja nicht der einzige Mensch auf der Welt“, sagt Thomas F., der im Kreis Darmstadt-Dieburg lebt. Doch „etwas mulmig“ sei ihm schon angesichts der Aussicht, womöglich als Notfall mit einer Kolik in den Händen eines Arztes zu landen, der seine Vorgeschichte nicht so gut kennt wie der, mit dem er das Vorgespräch hatte. Und das „ein richtig gutes Gefühl“ bei ihm hinterließ. 

Auch Heike H. harrt nun weiter einer Lösung für die Schmerzen an Lende und Hüfte, die sie mittlerweile seit sieben Monaten quälen. Erst am Montag sei es wieder so schlimm gewesen, dass sie sich kaum habe bewegen können. „Jetzt“, sagt die Frankfurterin leicht resigniert, „kann ich nur noch abwarten, nicht mehr hoffen.“

Coronavirus in Hessen: Kliniken bemühen sich um zusätzliche Beatmungsplätze

Hessens Gesundheitswesen bereitet sich auf den Ernstfall vor. Dazu gehört, Kapazitäten für eine mögliche Welle von schwerkranken Corona-Patienten zu reservieren beziehungsweise zu schaffen. 1815 Intensivbetten zählte das hessische Sozialministerium am Mittwoch, davon 1400 mit Beatmungsgeräten. Zwei Drittel davon waren am Vormittag bereit, sagte Sprecherin Susanne Berlinghoff. 

Hinzu käme eine unbekannte Zahl von Geräten in Rettungswagen, die nach Bedarf aktivierbar sei. Und: Weitere Kapazitäten sind im Aufbau, so die Hessische Krankenhausgesellschaft auf FR-Anfrage. Die Kliniken bemühten sich um zusätzliche Beatmungsplätze und die Akquise von Fachpersonal - etwa durch Verlagerung, sagt der geschäftsführende Direktor Steffen Gramminger.

Coronavirus: Kliniken in Hessen sollen Schutzausrüstung nicht für planbare Eingriffe verschwenden

Die Landesregierung hatte am Montagabend alle hessischen Krankenhäuser angewiesen, ab Mittwoch „elektive Eingriffe“ abzusagen – also all jene, die verschoben werden könnten. Bei einer weiteren Ausbreitung des Corona-Virus sei mit einer „erheblichen Belastung des Gesundheitssystems“ zu rechnen. 

„Besonders kritisch“ sei die „Versorgungssituation mit persönlicher Schutzausrüstung wie beispielsweise Atemschutzmasken und medizinischen Verbrauchsgütern“. Es sei nicht länger vertretbar, solche raren Materialien für Eingriffe zu verwenden, für die derzeit keine medizinische Dringlichkeit bestünde.

Coronavirus in Hessen: Kliniken sind unterschiedlich stark betroffen

Eine Entscheidung, die Thomas F., Heike H. und ungezählte andere Menschen betrifft. Kaum einer befand sich bereits in der Klinik, als die Landesregierung das Verbot verkündete. „Im Regelfall wurden die Patienten zuvor informiert, und es kam gar nicht zu den Aufnahmen“, sagt der Direktor der Hessischen Krankenhausgesellschaft. 

Seinen Angaben zufolge sind die Kliniken sehr unterschiedlich betroffen. In großen Akutkrankenhäuser etwa läge die Zahl der Eingriffe „ohne dringende medizinische Notwendigkeit“ bei 20 bis 30 Prozent. In Fachkliniken seien es 50 bis 80 Prozent, in speziellen Fachkliniken mitunter sogar 100 Prozent.

Coronavirus in Hessen: Andere Erkrankte nicht vernachlässigen

Der Präsident der hessischen Ärztekammer, Edgar Pinkowski, rief am Mittwoch dazu auf, die Versorgung der anderen Erkrankten nicht zu vernachlässigen. Das werde auch nicht geschehen, versicherte der Sprecher der privatisierten Universitätsklinik Gießen-Marburg, Frank Steibli: „Alle medizinisch notwendigen Operationen finden statt.“ Kein Schwerkranker müsse in diesen Zeiten Nachteile befürchten. „Wir behandeln den Krebskranken genauso wie den Covid-19-Patienten.“

Von Jutta Rippegather

Coronavirus in Hessen: Immer mehr Ärzte und Arztpraxen bekommen die Auswirkungen zu spüren. Die Behörden greifen wegen der Corona-Krise immer härter durch.

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