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Nach Corona-Lockdown: Verwirrung um Wechselunterricht an Hessens Schulen

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Von: Claudia Kabel, Georg Leppert

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Ab kommendem Montag dürfen auch alle Erstklässler:innen wieder regelmäßig in den Unterricht kommen.
Ab kommendem Montag dürfen auch alle Erstklässler:innen wieder regelmäßig in den Unterricht kommen. © Robert Michael/dpa

Nach dem Corona-Lockdown dürfen Grundschüler ab Montag wieder zur Schule gehen. Doch wann und wie oft? Viele Eltern fühlen sich vor dem Start nicht gut informiert.

Darmstadt - Wochenweise, tageweise, stundenweise? Der Wechselunterricht soll nach dem strikten Lockdown zur Bekämpfung des Coronavirus ab kommendem Montag an den Schulen in Hessen starten. Doch wie er sich ausgestaltet wissen viele Eltern im Rhein-Main-Gebiet wenige Tage vor Beginn noch nicht. Und jede Schule entscheidet das für sich selbst – je nach Raum- und Personalmöglichkeiten.

Am Schulzentrum Marienhöhe, einer Privatschule in Darmstadt, wollten sich die Lehrkräfte am Dienstag zur Planung zusammensetzen. An der Goetheschule in Groß-Gerau, einer Förderschule, ist ein tageweiser Wechsel für die niedrigen Klassen und ein stundenweiser Wechsel für die höheren Klassen geplant. Die Eltern sollen dies jedoch erst am Donnerstag offiziell erfahren, denn darüber müsse noch die Schulleiterdienstversammlung beschließen und der Bustransport müsse auch noch geregelt werden, sagt Leiterin Waltraud Deppenmeier. In einer Grundschule in Darmstadt, deren Schulleitung anonym bleiben möchte, hat man sich ebenfalls auf einen tageweisen Wechsel festgelegt, doch auch hier die Eltern noch nicht informiert. Man müsse dies erst noch mit dem Elternbeirat klären, so die Schulleitung.

Nach dem Corona-Lockdown dürfen Grundschulen wieder öffnen

Dass die Eltern von 81 Grund- und Förderschulen in Darmstadt und dem Landkreis Darmstadt-Dieburg erst dieser Tage informiert werden sollen, bestätigt Holger Schenk-Boggia vom staatlichen Schulamt. Die Schulen müssten schauen, wie sie alles stemmen könnten, und auch die Frage der Notbetreuung berücksichtigen. Zudem seien die Vorgaben dazu erst vergangene Woche gekommen und dann sei wegen Fastnacht frei gewesen.

In manchen Schulen wird auch ein wochenweiser Wechsel geplant. Der ist jedoch kritisch zu sehen, wie eine Schulleiterin sagt, da er für die Schülerinnen und Schüler eine „Durststrecke“ in jeder zweiten Woche bedeute, in der sie keinen Präsenzunterricht haben. Der stundenweise Wechsel sei hingegen problematisch, weil der Raum zwischen beiden Gruppen desinfiziert werden müsse und die Regelung jeden Vormittag „zerstückelt“.

Notbetreuung

Ein Anspruch auf Notbetreuung besteht, wenn beide Elternteile berufstätig sind. Berufstätige Alleinerziehende können ihre Kinder ebenfalls in die Notbetreuung schicken. Diese bieten die Schulen für die Tage an, an denen die Jungen und Mädchen nicht den Unterricht besuchen.

Viele Eltern hatten sich irritiert gezeigt, weil Schulen nach Bescheinigungen über die Zugehörigkeit zu einer systemrelevanten Berufsgruppe gefragt hätten oder Notbetreuung ausschließen wollten, wenn die Eltern im Homeoffice arbeiten. Ein Sprecher des hessischen Kultusministeriums stellte aber klar: Die Unterscheidung zwischen systemrelevanten und nichtsystemrelevanten Berufen gibt es nicht mehr, und auch Eltern, die im Homeoffice tätig sind, dürfen ihre Kinder in die Notbetreuung schicken. (geo)

Die Frankfurter Grundschulen, die am Dienstag für die FR erreichbar waren, setzen größtenteils auf tageweisen Wechselunterricht. Viele Eltern wurden in den vergangenen Tagen über das jeweilige Konzept informiert. Logistisch sei die Planung eine Herausforderung, sagt Susanna Kock, Schulleiterin der Liebfrauenschule. „Wir wollen jedoch den Kindern ein Maximum an Unterricht bieten.“

Im Gespräch erzählen einige Rektorinnen, dass sie sich noch mehr Präsenzunterricht wünschen. „Langsam reicht es“, sagt Felicitas Rathke, Schulleiterin der Meisterschule. Vor Weihnachten, als die Schüler:innen mit Maskenpflicht vor Ort sein konnten, sei die Situation besser gewesen. „Die Luft für weitere Konzepte ist raus“, findet Rathke.

Im Kampf gegen das Coronavirus entscheidet jede Schule für sich

Auch die Landesgruppe Hessen der Initiative Eltern in der Krise sieht die Problematik: Natürlich sei der Wechselunterricht besser als die Aufhebung der Präsenzpflicht, aber das Konzept widerspreche dem Grundgedanken der Schulschließungen, nämlich der Kontaktreduzierung, und gehe an der Lebenswirklichkeit der Familien vorbei. „Durch das Wechselmodell werden zwangsläufig die Kontakte der Kinder zu Erwachsenen erhöht“, da die Kinder an den Tagen, an denen sie keinen Unterricht haben, trotzdem Betreuung brauchen und diese klassenübergreifend stattfindet, sagt Bianca Schultheiß. Auch bedeute der Wechselunterricht nur „halbe Bildung“, weil nicht alle Eltern durch Homeschooling die „andere Hälfte“ leisten könnten.

Nach Corona-Lockdown: Landeselternverband begrüßt Wechselmodell an Schulen

Der Landeselternverband Hessen begrüßt das Wechselmodell zwar als „guten Kompromiss“, fordert aber, dass der Regelunterricht „mit Augenmaß bald wieder losgehen können muss“. Etwa in den Kommunen, in denen die Inzidenz bereits bei 50 oder darunter liege, so Vorsitzender Korhan Ekinci.

Unterdessen forderte die Frankfurter Bildungsdezernentin Sylvia Weber (SPD) das Land Hessen auf, die Zahl der Vertragsärzte zu erhöhen, die Corona-Tests vornehmen. Lehrer:innen und Erzieher:innen können sich kostenlos testen lassen. Sie würden aber von vielen Ärzt:innen abgewiesen, so Weber. (Claudia Kabel, Georg Leppert)

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