Corona-Infektion trotz vollständiger Impfung – ein Erfahrungsbericht

FR-Autor Stefan Simon berichtet über seine Corona-Infektion. Deutschlandweit gibt es rund 12.000 Impfdurchbrüche, davon gehen 1.000 auf die Delta-Variante zurück.
Frankfurt - Dieses Gefühl wollte ich seit Beginn der Corona-Pandemie vermeiden: Wann und wo habe ich mich infiziert und vor allem, habe ich andere Menschen angesteckt? Sehr wahrscheinlich passierte es in meinem Urlaub auf Malta.
Dabei galt die kleine Mittelmeerinsel wochenlang als relativ sicheres Land. Malta erreichte als erstes EU-Land im Juni Herdenimmunität, die Inzidenz pendelte zwischen 2 und 4. Ich fühlte mich als doppelt Geimpfter sicher. Und ich wollte kein Risiko eingehen, meine Mitmenschen zu gefährden. Daher beobachtete ich sehr penibel vor meinem Urlaub die Lage auf Malta. Es sah gut aus.
Corona-Ausbruch in einer Sprachschule auf Malta
Doch bereits in meiner ersten Urlaubswoche kam es zu einem Corona-Ausbruch in einer Sprachschule. Meine Unterkunft lag im selben Ort. Die Fallzahlen schossen in die Höhe. Ich bin mir sicher, ohne diesen Ausbruch hätte ich mich nicht angesteckt.
Zurück in Deutschland fühlte ich mich schlapp. Also besorgte ich mir einen Schnelltest, der sofort positiv anzeigte. Daraufhin kontaktierte ich das Gesundheitsamt. Im Testzentrum erfolgte ein zweiter Schnelltest. Nach dem positiven Ergebnis schließlich ein PCR-Test. Zwei Tage später kam dann das zu erwartende positive Ergebnis. Damit bin ich nicht alleine. Nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) kam es bisher zu etwas mehr als 12.000 Impfdurchbrüchen. Rund 1000 gehen auf die Delta-Variante zurück. So wie bei mir.
Corona-Impfstoff wirkt bis zu 96 Prozent vor einer Krankenhauseinweisung nach einer Delta-Infektion
Ich wunderte mich nicht, dass ich mich infizierte, denn die Delta-Mutation ist wesentlich ansteckender als die zuvor herrschende Alpha-Variante. Doch weiterhin hoch ist der Schutz vor einem schweren Krankheitsverlauf. Nach Gabe der zweiten Dosis schützt etwa der Biontech/Pfizer-Impfstoff zu 96 Prozent und der Astrazeneca-Impfstoff zu 92 Prozent vor einer Krankenhauseinweisung nach einer Infektion mit der Delta-Variante.
Nachdem ich also den positiven Befund hatte, wollte mich der Mitarbeiter vom Gesundheitsamt direkt für 14 Tage in Quarantäne schicken. Doch ich erwiderte, dass ich als doppelt Geimpfter mit milden Symptomen früher aus der Quarantäne entlassen werden könnte. Dazu gibt es vom Robert Koch-Institut Entlassungskriterien.
Wer durchgeimpft ist und keine Symptome aufweist, müsse zunächst fünf Tage in die häusliche Isolation. Dann erfolgt ein weiterer PCR-Test. Selbst bei einem positiven Ergebnis könnte die Person aus der Quarantäne entlassen werden. Warum? Der Ct-Wert spielt dabei eine entscheidende Rolle. Er gibt an, ob ein Coronavirus-Infizierter ansteckend ist. Ein niedriger Ct-Wert zeigt, dass eine Person eine hohe Viruslast hat und ansteckend ist. Ein hoher Ct-Wert von größer als 30 gilt hingegen als Richtwert dafür, dass ein Infizierter nicht ansteckend ist.
Krankheitsverlauf als Corona-Geimpfter vergleichbar mit einer leichten Erkältung
Daraufhin lenkte der Mitarbeiter ein und verordnete mir einen zweiten PCR-Test eine Woche nach Beginn meiner Quarantäne. Ich war bis dato symptomfrei. Nur an den ersten drei Tagen fühlte ich mich etwas schlapp, vergleichbar mit einer leichten Erkältung.
Ich hatte am Tag des zweiten Tests jedoch ein ungutes Gefühl. Also rief ich den Mitarbeiter im Gesundheitsamt erneut an. Ich fragte ihn, ob ich denn im Falle eines positiven Ergebnisses, aber hohen Ct-Werts aus der Quarantäne könnte. Der Mitarbeiter verneinte dies mit der Begründung, dass die Entlassungskriterien nicht bei einer Infektion mit der Delta-Variante gelten würden. Aber stimmt das auch? Ich kontaktierte das Robert Koch-Institut. Dieses verwies nur auf den aktuellen Wochenbericht. Doch Antworten fand ich dort nicht.
Zweiter Corona-PCR-Test eine Woche nach dem ersten Test negativ
Mein zweiter PCR-Test stellte sich letztendlich als negativ heraus. Meine Sorge war demnach umsonst. Dennoch fühlte ich mich nicht gut beraten vom Gesundheitsamt. Vielleicht wollte der Mitarbeiter einfach keinen Fehler machen, weil es bisher so wenige Impfdurchbrüche durch die Delta-Mutation gibt. Dafür habe ich Verständnis. Doch hätte ich nicht von Beginn an eingelenkt, dann würde ich noch immer in Quarantäne sitzen, obwohl ich gesund bin. (Stefan Simon)