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Corona: Ein Gefühl der Unsicherheit schwingt mit

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Von: Timur Tinç

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FTG-Trainer Hans-Jürgen Grün (links) beobachtet das Training seines Frauenteams.
FTG-Trainer Hans-Jürgen Grün (links) beobachtet das Training seines Frauenteams. © Michael Schick

Das Frauen-Handball-Team der FTG Frankfurt hat sich selbst 2G-Plus-Regeln auferlegt, um auch während der Omikron-Welle sicher trainieren zu können. Für viele ist der Sport die einzige Freizeitaktivität in Pandemie-Zeiten.

Nach vorne stoßen und abspielen. Auf geht’s.“ Trainer Hans-Jürgen Grün klatscht in die Hände und die Handballerinnen der FTG Frankfurt legen los. In drei Gruppen stehen neun Frauen in der Mitte der Sportfabrik in Bockenheim und beginnen mit der Passübung, um einen lockeren Einstieg ins Training zu haben. Die Zeiten, in denen sich wegen der Coronavirus-Pandemie nur zwei Menschen in einer Sporthalle aufhalten durften oder nur in Gruppen in Ecken trainieren konnten, sind vorbei. Der Amateursport ist in dieser Saison wieder in vollem Gange – auch die Hallensportarten, die sehr lange pausieren mussten und seit Oktober wieder ihren Spielbetrieb aufgenommen haben.

Auch das Frauenteam der FTG Frankfurt spielt wieder. Die Handballerinnen sind derzeit auf dem vierten Platz in der Bezirksliga A und machen sich berechtigte Hoffnungen, unter die ersten drei von sechs Teams ihrer Gruppe zu kommen, um dann in einer Runde mit den drei besten Teams aus Wiesbaden um den Aufstieg in die Bezirksoberliga zu spielen. Doch die Omikron-Variante wirbelt auch den Spielplan der FTG-Frauen durcheinander.

„Wir hatten eine Spielerin, die am Tag nach dem Training ein Kratzen im Hals gespürt hat und einen Tag später positiv getestet wurde“, erzählt Grün. Daraufhin hat die FTG vorsichtshalber das für Samstag vergangener Woche angesetzte Spiel abgesetzt und es kann zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt werden. „Glücklicherweise hat sich keine andere angesteckt“, sagt Grün. Alle Spielerinnen sind geimpft oder schon geboostert und testen sich freiwillig vor jedem Training, um niemandem anzustecken. Wer Erkältungssymptome hat, bleibt zu Hause. „Zwei Spielerinnen setzen wegen der hohen Inzidenzen seit Dezember aus“, erzählt Grün.

Die selbst auferlegte 2G-plus-Regelung gibt dem großen Rest des Teams aber Sicherheit. „2G-plus ist das Beste, was man machen kann“, sagt Silke Braun. Aber je mehr man mit Leuten eng in Kontakt sei, desto mehr Angst habe man auch um Familie und Kinder. Der positive Fall innerhalb des Teams zeige, dass die Einschläge näherkämen. Auch Friederike Blume fühlt sich innerhalb ihrer Kameradinnen sicher, allerdings trainieren dienstags vor den Frauen Kinder in der Halle. Und egal, wie gut man versuche zu lüften, ganz so gut gehe es eben nicht. Ein kleines bisschen Unsicherheit schwingt also mit.

Für Blume bedeutet der Handball in Zeiten der Pandemie, während der kaum Freizeitaktivitäten möglich sind, sehr viel. „Das private Leben beschränkt sich derzeit sehr stark auf den Sport“, sagt Blume, die berufsbedingt während der Corona-Zeit nach Frankfurt gezogen ist. Die 35-Jährige arbeitet in der Bildungsforschung. Durch den Handball habe sie direkt Anschluss gefunden, Menschen kennengelernt, die ähnlich wie sie tickten. „Wir sind alle Teamsportlerinnen, wir brauchen die Mannschaft, sonst wären wir Individualsportlerinnen“, sagt sie. In der vergangenen Saison musste sie wie das gesamte Team auf ihren geliebten Sport gänzlich verzichten. Der hessische Handballverband hatte die Spielzeit gestrichen. Es blieb nur noch das einmal wöchentliche Onlinetraining mit Kraftübungen. Die Spielerinnen haben die Einheiten abwechselnd selbst gestaltet. Kein adäquater Ersatz für das Team, das vor knapp zwei Jahren zum Corona-Meister erklärt wurde und in die Bezirksliga A aufsteigen durfte.

Im Juni vergangenen Jahres durfte das Team nach einer gefühlten Ewigkeit wieder zusammenkommen. Die Aufstiegsfeier wurde nachgeholt und das Training ging wieder los. „Wir haben im Sommer ganz viel Leichtathletik gemacht, aber nicht handballspezifisch trainiert“, berichtet Braun. Die 35-Jährige ist 2019 nach Frankfurt gezogen und gehört zum Aufstiegsteam. „Für uns wäre es ganz wichtig gewesen, Spielpraxis zu bekommen. Dadurch, dass wir immer nur laufen waren, hat man Anfang dieser Saison gemerkt, dass viele technische Fehler passiert sind.“ Dadurch laufe die Saison nicht ganz so, wie sich die Frauen das vorgestellt hätten. Allerdings haben sie vor knapp zwei Wochen die bis dahin ungeschlagenen Tabellenführerinnen die HSG Seckbach/Eintracht Frankfurt besiegt. „Jetzt wissen wir, dass wir theoretisch jeden schlagen können“, sagt Braun schmunzelnd.

Bei den Heimspielen gibt es zwei Corona-Beauftragte, die bei allen die 2G-plus-Regeln kontrollieren. „Sonst kriegen wir vom Verein eine Hallensperre von vier Wochen für die gesamte Handballabteilung“, berichtet Damenwartin Christiana Matern. Bis zu 60 Zuschauerinnen und Zuschauer mit Maske sind in der Sportfabrik erlaubt. Die Sportlerinnen und Trainer:innen dürfen, wenn sie umgezogen sind und Hallenschuhe anhaben, die Maske absetzten.

Pullover und Hallenschuhe hat Christina Matern im Training an. Sie ist auch Torwarttrainerin und stellt sich sogar bei Spielen noch ins Tor, wenn eine Torfrau fehlt – und das mit fast 61 Jahren. „Sie ist unser Mädchen für alles. Sie liebt Handball“, sagt Hans-Jürgen Grün. Wie viele Menschen, die ihren Sport lieben und ihn trotz der Pandemie mit Leidenschaft ausüben.

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