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Claudia Albert lädt einsame Menschen an Heiligabend zu sich nach Hause ein

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Von: Kathrin Rosendorff

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Bei Claudia Albert gibt es keinen gefällten Weihnachtsbaum, dafür einen hübschen Adventskranz und selbst gebackene Kekse. Foto: Michael Schick
Bei Claudia Albert gibt es keinen gefällten Weihnachtsbaum, dafür einen hübschen Adventskranz und selbst gebackene Kekse. © Michael Schick

Unter dem Hashtag #KeinerBleibtAllein setzten sich Menschen gegen ungewollte Einsamkeit an Weihnachten und Silvester ein. Sie laden Fremde in ihr Wohnzimmer. Die Frankfurterin Claudia Albert macht zum ersten Mal mit.

Ich würde gerne für den Heiligabend ein bis zwei Menschen in Frankfurt-Höchst einladen. Nichts Besonderes. Gottesdienst, Würstchen mit Sauerkraut und Christkind bei schöner Musik und Kerzenschein #KeinerBleibtAllein.“ Diese Zeilen hat Claudia Albert gepostet.

Unter dem Hashtag #KeinerBleibtAllein setzten sich Menschen in Deutschland, der Schweiz und Österreich gegen ungewollte Einsamkeit ein. Sie laden über Facebook, Instagram und Twitter fremde Menschen an den Festtagen zu sich nach Hause ein.

Gegen Einsamkeit an Weihnachten - #KeinerBleibtAllein

Die Frankfurterin Claudia Albert macht zum ersten Mal mit. „Ich habe die Aktion auf Twitter entdeckt und fand das gleich eine tolle Idee und habe spontan mein Angebot geschrieben. Dann erst sagte ich meinem Lebensgefährten: ‚Ach übrigens, wir bekommen an Heiligabend Besuch.‘ Er antwortete: ‚Kein Problem, an unserem Tisch ist noch Platz und ob wir nun drei oder sechs Würste braten, spielt keine Rolle‘“, erzählt die 36-Jährige. „Gerade an Weihnachten geht es doch nicht nur um Geschenke, sondern vor allem um Fürsorge.“

Albert sitzt an diesem Tag im Café Wunderbar in Höchst. Ihre vierjährige Tochter sitzt neben ihr und malt fröhlich ihr Barbie-Malbuch aus. Fünfzehn Minuten zu spät ist sie gekommen, weil sie einen Obdachlosen kreideweiß und klatschnass auf einer Bank hat liegen sehen: „Er hatte Herzprobleme, viele Leute sind einfach vorbeigegangen. Dabei kostet es doch nichts, zu helfen, außer vielleicht zehn Minuten Zeit, ihn anzusprechen und einen Krankenwagen zu rufen.“

Nicht wegschauen, sondern helfen

Man merkt gleich, dass Claudia Albert ein Mensch ist, der sich entschieden hat, eben nicht wegzuschauen, sondern anderen in Not zu helfen.

Albert wuchs in Wetzlar auf. Sie ist Altenpflegerin und hat zudem einen Bachelor-Abschluss in Pflege und Gesundheitsförderung in Darmstadt gemacht. Aber als sie mit 31 Jahren schwanger wird, bricht bei ihr schweres Rheuma aus.

#Keinerbleibtallein Unter dem Hashtag #KeinerBleibtAllein melden sich das dritte Jahr in Folge bei Facebook, Instagram und Twitter Menschen, um gegen ungewollte Einsamkeit gemeinsam anzugehen.

In Deutschland , Österreich und der Schweiz ist es mit Hilfe der gemeinnützigen Initiative „Keinerbleibtallein“ Anschluss für Weihnachten und Silvester in seiner Stadt anzubieten oder zu finden.

Gleichgesinnte findet man auch in der Facebookgruppe „Weihnachten (nicht) allein – #KeinerBleibtAllein“.

In den Weihnachtsfeiertagen 2018 waren es über 26 000 Menschen die gemeinsam feiern wollten. Alle Infos gibt unter:www.keinerbleibtallein.net/

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„Seitdem wurde ich schon mehrfach operiert. Ich habe Versteifungen im Becken und an schlechten Tagen brauche ich einen Rollator. Ich kann nicht lange stehen, sitzen und auch nicht schwer heben. Deshalb kann ich leider nicht mehr arbeiten.“ Ihren Lebensgefährten lernte sie ein paar Jahre früher, im Jahr 2012, beim Deutschen Roten Kreuz in Niederrad kennen. Sie sind beide als Rettungssanitäter im Einsatz. „Meine Eltern haben sich auch beim Roten Kreuz kennengelernt“, erzählt Albert und lächelt. Sie und ihr Lebensgefährte hätten wohl schon von Berufs wegen eine soziale Ader. „Wir haben schon viele einsame Menschen gesehen. Manchmal kam ich zum Einsatz und jemand hatte beispielsweise Herzrasen, das war dann oft psychosomatisch. Die Person war einsam, sobald wir uns um sie gekümmert haben, mit ihr geredet haben, klangen die Symptome ab.“ Alberts Lebensgefährte ist Betriebssanitäter auf dem Bau. Schon seit frühester Kindheit ist Albert Eintracht-Fan, ihr Vater war medizinischer Betreuer im Fußball-Ortsverein in Wetzlar. Sie hofft, bald fit genug zu sein, um wieder einmal ein Eintracht-Spiel im Stadion anschauen zu können. „Früher war ich auch oft bei den Eintracht-Spielen als Rettungssanitäterin im Einsatz.“ Als sie noch im Pflegeheim arbeitete und kein Kind hatte, habe sie bereits öfter Weihnachtstage mit Menschen, die sonst niemanden hatten, verbracht. „Und da haben wir gemeinsam eine schöne Zeit gehabt.“ Seitdem sie nicht mehr gesund sei, habe sie viele Freunde verloren. „Oft bin ich einfach sehr erschöpft.“

Aktion erfordert Empathie und Mut

Dann sagt sie: „Ich habe gestern erst gedacht, wenn ich meinen Mann nicht kennengelernt hätte und die Krankheit ausgebrochen wäre, wäre ich bestimmt einsam und würde mich sehr über eine Einladung zu Weihnachten freuen.“

Bislang habe sich leider noch niemand bei ihr gemeldet. „Ich weiß, dass es Mut erfordert, zuzugeben, dass man allein ist. Aber meine Familie und ich würden uns sehr über Gäste freuen. Und wer weiß, vielleicht entstehen da auch neue Freundschaften über die Festtage hinaus. Das wäre doch sehr schön“, sagt Claudia Albert.

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