CDU-Vorsitzender in Frankfurt: „Mit konservativen Positionen gewinnen wir Wähler zurück“

Der Frankfurter CDU-Chef Jan Schneider äußert sich im Interview zur Debatte um den Bundesparteivorsitz. Einen Schlüssel zum Erfolg sieht er in konservativen Positionen.
Die CDU in Deutschland lässt ihre Mitglieder über den neuen Bundesparteivorsitzenden entscheiden. Das haben die Kreisvorsitzenden bei ihrer Versammlung in Berlin beschlossen. Der Frankfurter CDU-Chef Jan Schneider war dabei.
Herr Schneider, finden Sie die Mitgliederbefragung richtig?
Ja, ich glaube, das ist die richtige Antwort auf die Herausforderungen, vor denen wie momentan stehen. Ich habe mich deshalb bei dem Treffen in Berlin auch dafür eingesetzt.
Wie lief die Versammlung in Berlin ab?
Es war ein offener und ehrlicher Austausch. Wir haben auch über die Fehler der letzten Jahre und die Unzulänglichkeiten im Wahlkampf gesprochen. Der Wunsch, die Mitglieder zu befragen, wurde sehr deutlich artikuliert. Wir wollen und werden den Zusammenhalt in der Partei dadurch verbessern.
Friedrich Merz, Jens Spahn, Norbert Röttgen, Helge Braun – wer ist ihr persönlicher Favorit?
Noch ist nicht klar, wer alles antritt, deswegen tue ich mich schwer, die Frage zu beantworten. Jeder der Genannten hat das Zeug, Bundesvorsitzender zu werden. Jetzt müssen wir uns noch etwas in Geduld üben und schauen, wer möglicherweise noch dazukommt. Dann wird bei jedem Parteimitglied ein Meinungsbildungsprozess einsetzen – auch bei mir. Momentan täte ich mich schwer, mich festzulegen, da das Tableau noch nicht feststeht.
Warum nicht wieder eine Frau?
Ich kann mir auch eine Parteivorsitzende gut vorstellen. Die Frage ist aber nicht, ob Mann oder Frau, sondern welcher Mann oder welche Frau? Warten wir ab, wer seine Kandidatur noch bekannt gibt.
Was halten Sie von einer Doppelspitze wie bei den Grünen oder der SPD?
Da bin ich skeptisch. Die CDU hat mit einer Doppelspitze bisher keine Erfahrungen gemacht. Umgekehrt hat sie gezeigt, dass ein gut eingespieltes Team zwischen einem Bundesvorsitzenden, männlich oder weiblich, und einem Generalsekretär, männlich oder weiblich, sehr schlagkräftig sein kann. So sieht es unsere Satzung auch vor. Eine Doppelspitze erhöht aus meiner Sicht nur den Abstimmungsbedarf.
Zur Person
Jan Schneider ist 40 Jahre alt und seit 2017 Kreisvorsitzender der Frankfurter CDU.
Von 2013 bis 2021 war er Dezernent in Frankfurt, zunächst für Reformprojekte, zuletzt für Bau, Immobilien und Digitales.
Der Jurist war von 2010 bis 2012 persönlicher Referent von Innenminister Boris Rhein (CDU) und von 2012 bis 2013 Landtagsabgeordneter. fle
Wie wird das Verfahren aussehen? Bekommt jedes CDU-Mitglied einen Brief ?
Alle Mitglieder werden mit einem Brief über das Verfahren informiert. Die Mitglieder können dann ganz nach Belieben elektronisch oder postalisch abstimmen.
Wie sieht der Zeitplan aus?
Bis Mitte November werden alle Mitglieder angeschrieben. Bis Ende des Monats können sich neu hinzugekommene Mitglieder eintragen lassen. Das eigentliche Abstimmungsverfahren wird bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Im Januar gibt es dann den Bundesparteitag.
Wie soll die CDU den Spagat schaffen, sich nach rechts von der AfD abzugrenzen und andererseits bürgerliche Positionen zu vertreten?
Das ist seither eine Herausforderung für die Union. Als Volkspartei bündeln wir soziale, liberale und konservative Themen. Diesen Spagat haben wir seit Jahrzehnten gut gemeistert und müssen das auch in Zukunft tun. Die Abgrenzung zur AfD fällt uns nicht schwer – wir haben immer eine klare Brandmauer zwischen uns und der AfD gezogen. Die Aufgabe wird nun sein, auch den einen oder anderen Wähler zurückzugewinnen. Das kann man mit konservativen Positionen in den nächsten Jahren schaffen
In Frankfurt will die CDU moderne Großstadtpartei sein – aber mit welchem Narrativ? Die Grünen besetzen das Klimathema, die SPD Wohnungspolitik, die FDP Steuern, die Linke den Nulltarif ...
Die CDU kann damit punkten, dass sie die unterschiedlichen Aspekte zusammenbringt. Eine Großstadt muss wirtschaftlich erfolgreich sein. Nur so können wir uns gute Bildung leisten und soziale Leistungen ermöglichen. Wir sind keine Einthemenpartei zu Klimaschutz oder Sozialwohnungen. Wir decken eine große Bandbreite ab.
Wirkt diese große Bandbreite nicht irgendwie konturlos?
Wenn man die Mitte ernstnimmt, muss man vom ungelernten Arbeiter bis zur erfolgreichen Unternehmerin eine große Bandbreite von Personen im Blick behalten. Man darf auch nicht die Mieter gegen die Vermieter ausspielen oder die Radfahrer gegen die Autofahrer, wie es andere Parteien im Wahlkampf getan haben. Wir wollen die unterschiedlichen Interessen vereinen.
Sie sind seit September nicht mehr Dezernent. Wie geht es mit Ihnen weiter?
Ich habe jetzt viel Zeit für Dinge, für die ich in den vergangenen acht Jahren weniger Zeit hatte: für Familie, die Kinder, für Hobbys und Freunde. Das genieße ich momentan einfach mal. Wie es danach weitergeht, wird sich zeigen.
Interview: Florian Leclerc