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Buchmesse könnte zum Auslaufmodell werden

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Von: Claus-Jürgen Göpfert

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Wird es in diesem Jahr so auf der Buchmesse nicht geben: Menschengedränge und Stände. © Renate Hoyer

Geplante Annäherung an Musikmesse 2021 sorgt für Kritik und Fassungslosigkeit.

Auch nach der Absage der physischen Frankfurter Buchmesse 2020 wegen Corona gehen die Vorbereitungen dafür weiter, die Buchmesse und die Musikmesse 2021 physisch parallel zu veranstalten. „Daran hat sich nichts geändert“, sagt Hendrik Müller-Giegler, einer der Sprecher der Frankfurter Messegesellschaft, die das Gelände vermietet. Nach seinen Worten ist geplant, die Buchmesse vom 20. bis 24. Oktober 2021 und die Musikmesse vom 22. bis 24. Oktober 2021 auf dem Frankfurter Messegelände zu organisieren. Die beiden Messen sollen die Hallen untereinander aufteilen und das Freigelände, die Agora, gemeinsam nutzen. „Wir sehen Synergien zwischen beiden Veranstaltungen“, sagt Müller-Giegler.

Messe-Geschäftsführer Detlef Braun beschreibt im Internetauftritt des Musik-Media-Verlags die Zusammenarbeit mit dem Format „The Arts+“ der Buchmesse: „Gemeinsam mit unserem Partner ,The Arts+‘ haben wir die Vision eines Events entwickelt, bei dem sich Musiker, Autoren, Künstler, Content-Entwickler, Publicity-Experten und Business-Developer, Multiplikatoren und Influencer zusammenfinden.“ Geplant sei ein von Buchmesse und Musikmesse „gemeinsam organisierter Business-Congress für die international Creative Industries.“ Dieser Kongress ist laut Messe-Sprecher Müller-Giegler nach wie vor für Samstag, 23. Oktober 2021, vorgesehen.

Zur Vorbereitung dieser räumlichen und inhaltlichen Annäherung habe es „Gespräche mit beiden Messen“ und ihren Direktoren gegeben. Auch Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) als Aufsichtsratsvorsitzender der Messegesellschaft sei „einbezogen“ gewesen. OB-Sprecher Olaf Schiel verweist auf „laufende Gespräche“, ansonsten gebe es nichts Neues mitzuteilen.

„Wenn es tatsächlich so käme, wäre das ein komplett falscher Ansatz“, kritisiert der renommierte Frankfurter Verleger Joachim Unseld. Er kann keine Synergien zwischen beiden Messen erkennen. Die Verlage benötigten einen „ruhigen Austausch“ und nicht noch mehr Rummel auf dem Messegelände. Die Flächen dort könnten „nicht noch mehr Besucher ertragen“. Unseld warnt: „Die Frankfurter Buchmesse könnte so ein Auslaufmodell werden“, die Verlage sich anderswohin orientieren.

Feldmann, Braun und Buchmessen-Direktor Juergen Boos hatten am 30. Juni 2020 um 10.30 Uhr bereits eine gemeinsame Pressekonferenz geplant. Sie wollten die „Neuen Perspektiven für die Kultur- und Kreativwirtschaft“ gemeinsam bekanntgeben. Die Pressekonferenz wurde kurzfristig abgesagt, nachdem die „FAZ“ berichtet hatte, Buch-und Musikmesse würden künftig ein gemeinsames Event sein.

In der Buchbranche war die Empörung groß. Die FR hat Boos zur Entwicklung befragt, doch er hat im jüngsten Interview mit der FR Fragen zur geplanten Annäherung an die Musikmesse nicht beantworten wollen.

In der Frankfurter Kommunalpolitik stößt die geplante Annäherung von Buch- und Musikmesse auf Fassungslosigkeit. „Ich kann nur staunen und sehe das sehr kritisch“, sagt Thomas Dürbeck, der kulturpolitische Sprecher der CDU im Römer. „Ich glaube nicht an Synergien zwischen beiden Messen.“ Buch und Musik seien sehr unterschiedliche kulturelle Sphären. Tatsächlich sei die Musikmesse „wirtschaftlich am Absinken“. Es dränge sich der Eindruck auf, als solle die Buchmesse sie stabilisieren. „Dadurch wird aber die Buchmesse selbst immer mehr ins Strudeln geraten.“ Bei den Verantwortlichen, die solche Pläne ausheckten, scheine „die Verzweiflung relativ groß zu sein“.

Auch Sebastian Popp, der Fraktionsvorsitzende der Grünen im Römer, sieht die Annäherung von Buch- und Musikmesse kritisch. „Ich kann nicht erkennen, was die Synergien sein sollen.“

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