MB Motors: Mit dem Kolbenfresser auf Du

Nach 37 Jahren in der Adalbertstraße muss die Kfz-Werkstatt MB Motors schließen. Inhaber Ralf Fischer hat die Kündigung erhalten, der Abschied schmerzt ihn genauso wie den 2000 Kundinnen und Kunden, die die Werkstatt hat.
Neulich ist ihm wieder so eine Geschichte passiert. Den Ölfilter möge er wechseln, hieß es, und als die Reparatur durchgeführt war, hat der Kunde sein Auto nicht abgeholt. Ein Anruf ergab, dass er in Spanien sei, im Urlaub, in zehn Tage sei er wieder im Land. „Da hat einer einen sicheren Parkplatz gesucht“, sagt Ralf Fischer, der Wagen stand dann bei ihm im Hof, in der Werkstatt. Es sind diese Dinge, die ihn sprachlos zurücklassen.
Es ist jetzt nicht die schönste Ecke Bockenheims, in der Ralf Fischer wirkte, am hinteren Ende der Adalbertstraße, kurz vor dem Westbahnhof, da, wo die Straßenbahn ganz nah an den Häusern vorbeirattert. Und leicht zu finden ist er auch nicht, ein Firmenschild sucht man vergebens. Dafür weist ein Schild auf den Sri Nagapoosani Amman Tempel hin und auf die Abseits Bar, aber MB Motos? Kein Hinweis nirgends. Ein Geheimtipp?
Könnte man meinen. Ist aber grundfalsch. MB Motos, die Auto-Werkstatt, gibt es seit 44 Jahren just an dieser Stelle, im Hinterhof an der Adalbertstraße 61 – 63, vorbei an Garagen und der Autosattlerei Renner finden sich ganz hinten die beiden Hallen, in denen Ralf Fischer an Motoren schraubt, Öl und Reifen wechselt, Dellen ausbügelt, Kardanwellen instand setzt, Autos repariert, alle Marken.
Seit 37 Jahren tut er das, solide, zuverlässig, schnell, zu fairen Preisen, er haut niemanden übers Ohr. Und kriegt Bewertungen in den diversen sozialen Medien, die sich überschlagen vor Zufriedenheit: „Hier wird noch repariert, nicht nur ausgetauscht“, „hilfsbereit und nett“, „die verstehen was von Auto“, Reparatur mit Verstand statt einfach alle Teile zu tauschen.“ Ralf Fischer seufzt, wenn er das liest. 2000 Kundinnen und Kunden hat er in der Kartei.
Das ist jetzt vorbei. Ihm ist gekündigt worden, nach 37 Jahren. Knall auf Fall, die sechs Monate Kündigungsfrist hat Vermieter Renner eingehalten, Ende August muss Ralf Fischer raus. Dann ist Schluss. Nach 37 Jahren in Bockenheim, immer an der gleichen Stelle, auch dies ein Traditionsunternehmen, das stirbt.
Natürlich kommt Wehmut auf bei Ralf Fischer. Er ist 66 Jahre alt, mehr als sein halbes Leben hat er unter Hebebühnen und Karosserien verbracht, Öl an den Fingern, den Maulschlüssel in der Hand, mit dem Kolbenfresser auf Du und Du, immer da, nie krank, selten in Urlaub. Ohne den Chef ging ja nichts. Um 8 Uhr war er in der Werkstatt, um 19 Uhr hat er sie verlassen, jeden Werktag, und viele, viele Samstage hat er für den Papierkram verwendet. Oft allein, zuverlässiges Personal zu finden, ist nicht leicht. Ralf Fischer kann ein Lied davon singen.
Eigentlich ist er Maschinenbauingenieur, sein Studium hat er mit Schrauben verdient, so ist er hängen geblieben, an Wasserpumpe, Steckschlüssel und Gewindebohrer. Er hat einen Sohn, schon immer lebt er in Rödelheim. In seiner Freizeit spielt er Hockey, ziemlich gut sogar, er steht bei der deutschen Nationalmannschaft im Tor, mittlerweile bei der Ü65. Seine Leidenschaft sind Motorräder, kamen aber immer zu kurz, auch seine Beziehungen.
Das Ausräumen der Hallen schmerzt. Erinnerungen kommen hoch. Das ist ja sein Leben. Erst vor kurzem haben sie renoviert, da war nicht abzusehen, dass Ende August Feierabend sein würde. Diese Investition hätte er sich gerne gespart. Reichtümer hat seine Werkstatt nicht abgeworfen.
Er wird sich einen anderen Job suchen müssen, er weiß noch nicht genau, was, aber sehr genau, was nicht. „Nichts, bei dem ich Autos reparieren muss“, sagt er.