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Dondorf-Druckerei in Bockenheim wohl nicht mehr zu retten

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Von: George Grodensky

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Rund 100 Personen nahmen an dem Rundgang über das Areal an der Sophienstraße und durch das Haus, nebst Info-Referaten und Diskussionsrunde in einem Hörsaal der Goethe-Universität teil.
Rund 100 Personen nahmen an dem Rundgang über das Areal an der Sophienstraße und durch das Haus, nebst Info-Referaten und Diskussionsrunde in einem Hörsaal der Goethe-Universität teil. © Michael Schick

Beim Infoabend von Ortsbeirat 2 und der Max-Planck-Gesellschaft hadern Gäste mit dem angekündigten Abriss. Vom ursprünglichen Plan, das Gebäude oder wenigstens Teile davon zu erhalten, ist die Eigentümerin abgerückt.

Es ist mal wieder so ein Abend, an dem niemand wirklich glücklich wird. Es geht um die Zukunft der Druckerei Dondorf an der Sophienstraße in Bockenheim. Der markante Backsteinbau hat viele Fans. Anwohnerinnen und Anwohner, Architektinnen und Architekten, die Ortspolitik. Die einhellige Meinung: Der Bau steht zwar nicht unter Denkmalschutz, ist aber dennoch ein Denkmal.

Rund 100 Menschen sind am Montag auf Einladung des Ortsbeirats 2 zusammengekommen, um der Bauherrin das mitzuteilen. Die, die Max-Planck-Gesellschaft, nimmt sich immerhin viel Zeit. Sagenhafte viereinhalb Stunden dauern der Rundgang über das Areal und durch das Haus, nebst Info-Referaten und Diskussionsrunde in einem Hörsaal der Goethe-Universität. Dafür gibt es auch ein bisschen Lob an dem Abend. Für die Auskünfte der Vertreterinnen und Vertreter allerdings nicht.

Vom ursprünglichen Plan, das Gebäude oder wenigstens Teile davon zu erhalten, ist man abgerückt. Zu marode sei die Bausubstanz, um das Gebäude erhalten, führt Tanja Ulrich aus, die Fachbereichsleiterin Bau der Max-Planck-Gesellschaft. Architekt Tobias Hübner flankiert: Zu eng für moderne Standards seien die Raumabmessungen, die immer weniger würden, je mehr Schall-, Brandschutz und Stabilisierungen eingezogen würden.

All das benötige ein modernes Institutsgebäude aber. Schließlich sollen dort viele Menschen arbeiten, schweres Laborgerät soll es geben. Auch einen Konzertsaal. Künftige Nutzerin ist das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik. Das erforscht etwa, wie sich Konzerterlebnisse auf Menschen auswirken und warum. Dazu sollen viele Besucherinnen und Besucher aus dem Stadtteil mitforschen.

Wenn überhaupt, ließe sich die Fassade retten. Teile wollte man stehen lassen, gut abgestützt, dahinter neu bauen. Wobei das nun auch nicht mehr in Frage kommt, wie Architekt Tobias Hübner vorrechnet. Rund 70 Prozent der Fassade seien sanierungsbedürftig. Da gehe es nicht um oberflächliche Verblendung. Die Mauern seien nicht mehr sicher. Kurzum: Etwas vom Haus zu erhalten, würde rund drei Millionen Euro mehr kosten als ein Gesamtabriss mit Neubau. Zu viel. Immerhin ist die Max-Planck-Gesellschaft aus Steuermitteln finanziert und so zur Sparsamkeit verpflichtet.

Das sieht das Publikum etwas anders. Eine Initiative hat sich gebildet, die das Denkmal retten möchte. Viele weisen vehement auf das Thema Graue Energie hin. In die Kosten-Analyse fließe nämlich nicht ein, wie viel Energie zum Gewinn von Materialien, zum Herstellen und Verarbeiten von Bauteilen, zum Transport zur Baustelle, zum Einbau von Bauteilen im Gebäude sowie zur Entsorgung bei dem Bau eingesetzt werde.

Drei Millionen Euro seien mit Blick auf die Gesamtinvestitionskosten gar nicht so viel mehr, sagen manche. Das Gesamtvolumen liegt bei etwa 40 Millionen Euro. Tim Driedger von Architects for Future führt schließlich noch aus, dass die genannten Vorgaben in Sachen Schallschutz-Brandschutz-Wärmedämmung sich auf Neubauten bezögen und für die Sanierung von Altbauten gar nicht so hilfreich seien, weil kaum zu erreichen – oder nur mit hohen Kosten. Benötigt werde eine neue Verordnung, eine Umbauverordnung, für die das Druckerei-Dondorf-Vorhaben doch Pilotprojekt sein könnte.

Das hält Architekt Hübner immerhin für „interessant“. Allerdings müsse er sich an das aktuell geltende Gesetz halten. Überdies sei auch das Abstützen und Sichern der Fassadenteile aufwendig und mit hohem Energieeinsatz verbunden, was dann auch in die Ökobilanz fließen müsse. Zumal es keine Garantie gebe, dass besagte Stützkonstruktion halte.

Letztlich macht die Bauherrin an dem Abend klar, dass sie nicht daran denke, alles nochmal neu zu planen. Vielmehr soll es nun voran gehen. Sehr intensiv und lange, mit vielen Gutachten, habe man alle Möglichkeiten ausgelotet, sagt Tanja Ulrich. Die Erkenntnisse seien überzeugend. Jetzt soll bald der Antrag auf Abbruch folgen. 2027 dann die Eröffnung. Immerhin will Max Planck die alte Fassade rekonstruieren. „Eine Vorgabe ist das nicht“, betont Ulrich, eher „eine freiwillige Verpflichtung.“

Den Bau einfach freiwillig wie ein Denkmal zu behandeln und nach Regeln des Denkmalschutzes zu sanieren, lehnt Ulrich ab. Das würde kein Bauherr freiwillig tun. Als ganz am Ende des Abends der Ruf nach einem Runden Tisch erklingt, kommt gar keine Antwort mehr.

So geht die Druckerei Dondorf wohl ihrem Ende entgegen. 1890 erbaut, hat sie viel erlebt. Zunächst den Aufstieg der jüdischen Familie Dondorf, die drucktechnisch Maßstäbe setzte. Unter anderem mit fein ziselierten Spielkarten und fälschungssicheren japanischen Banknoten. Später Rezession, die grausame NS-Zeit, als Jüdinnen und Juden in der Stadt enteignet, verfolgt und ermordet wurden. Die Nazis haben schließlich auf den Druckmaschinen Propaganda gedruckt. Nach dem Krieg nutzen SPD und Gewerkschaft die Maschinen. Zuletzt hatte die Goethe-Uni die Räume mit Leben gefüllt.

Immerhin sichert Max Planck-Gesellschaft zu, die Geschichte auch im Neubau sichtbar zu machen. Nicht nur durch eine kleine Tafel, ein ganzes Kunstprojekt möchte man daraus werden lassen.

Bis 2027 soll das historische Ensemble einem Neubau für das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik weichen.
Bis 2027 soll das historische Ensemble einem Neubau für das Max-Planck-Institut für empirische Ästhetik weichen. © Michael Schick

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