Blinder wünscht sich mehr Objekte zum Ertasten in Museen

Ein Blinder berichtet von den Schwierigkeiten beim Besuch von Museen und Theatern in Frankfurt. Von Pauline Klink.
Mit zahlreichen Museen und Bühnen hat Frankfurt viel Kulturelles zu bieten. Für blinde und sehbehinderte Personen könnte das Angebot jedoch um einiges verbessert werden, findet Fabian, der selbst blind ist.
Fabian verbringt einen Abend im gut besuchten Schauspiel Frankfurt. Aufgeführt wird „Lärm. Blindes Sehen. Blinde Sehen!“ von Elfriede Jelinek. Die Darsteller:innen erscheinen als Schweine auf der Bühne, ihre Sprechgesänge verdichten sich zeitweise zu einem Lärmteppich.
Fabian ist begeistert: „Jelinek ist eben eine Textkanone.“ Gerade wegen dieser textlichen Wucht sei das Stück für ihn interessant, denn Fabian ist blind. Erst im anschließenden Gespräch mit Freund:innen erfährt er von der visuellen Inszenierung.
Das Schauspiel bietet nämlich keine Audiodeskription an. Ohne diese akustische Beschreibung muss Fabian sich den visuellen Kontext selbst erschließen – das ist anstrengend, sagt er.
Die Serie
Die Autorin hat das Fortbildungsprogramm Buch- und Medienpraxis an der Goethe-Universität Frankfurt besucht. Die FR kooperiert mit der Buch- und Medienpraxis. Der Beitrag ist in einem Journalismus-Kurs entstanden, den FR-Redakteur Florian Leclerc leitet. FR
Doch Fabian macht deutlich, dass die Hürden für viele bereits früher beginnen. Flyer, Plakate und Websites mit komplizierten Veranstaltungsplänen sind für blinde und sehbehinderte Personen kaum zugänglich. „Letztlich läuft es immer über Mundpropaganda“, sagt er. Ohne kulturinteressierten Freundeskreis wäre es schwer, überhaupt von Veranstaltungen zu erfahren. Auch die Museumslandschaft stellt Fabian immer wieder vor Herausforderungen. Viele Häuser böten zwar Führungen mit ausführlichen Beschreibungen an, diese müsse er jedoch extra recherchieren und buchen. Ein spontaner Museumsbesuch sei daher oft nicht möglich. In zahlreichen Häusern sei zudem kein Bodenleitsystem vorhanden und Exponate seien nicht mit Blindenschrift versehen.
Ebenfalls selten in Frankfurt seien Tastobjekte, also Modelle oder tastbare Abbildungen von Exponaten, erzählt er. Diese haptische Umsetzung biete die Möglichkeit, sich unabhängig in der Ausstellung zu bewegen. Auch für sehende Personen könnten Tastobjekte eine spannende Form der Wahrnehmung sein, erklärt Fabian. Sie würden dabei helfen, sich besser in blinde und sehbehinderte Menschen hineinzuversetzen. Das baue Barrieren ab.
Schade findet es Fabian, dass Museen die Führungen für blinde und sehbehinderte Menschen separat anbieten. Kunst- und Kulturveranstaltungen seien wichtige Begegnungsorte, die sozialen Austausch und Inklusion ermöglichten. Wichtig wäre vielmehr, Veranstaltungen ohne großen Vorlauf besuchen zu können und dabei Menschen zu treffen, die nicht blind seien.
Das Kulturangebot in Frankfurt sei wertvoll und spannend, daher sollte es auch für alle zugänglich sein, sagt er. Personen mit Behinderungen intensiver in die Konzeption von Ausstellungen und Kulturveranstaltungen einbeziehen, wäre ein erster wichtiger Schritt dahin.
Viele Häuser in Frankfurt bemühen sich bereits das Angebot weiter auszubauen. So hat beispielsweise der Mousonturm Veranstaltungen mit Audiodeskriptionen und Tastführungen durchgeführt und das MMK bietet Führungen mit „allen Sinnen“ an.
Ein praktischer Tipp, mit dem Barrieren abgebaut werden: die App Greta und Starks. Sie stellt Untertitel und Audiodeskriptionen für alle Kinos über das Smartphone zur Verfügung. Zur App geht es hier. (Pauline Klink)
Transparenzhinweis: Die Hinweise auf die Veranstaltungen im Mousonturm und im MMK sowie der Verweis auf die App wurden nachträglich eingefügt.