1. Startseite
  2. Frankfurt

Bevölkerungsprognose: In Frankfurt wird es noch enger

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Christoph Manus, Georg Leppert

Kommentare

Auf der Frankfurter Zeil könnte es noch voller werden.
Auf der Frankfurter Zeil könnte es noch voller werden. © Rolf Oeser

Die Bevölkerungszahl soll innerhalb von fünf Jahren auf 800000 steigen. Bis 2045 könnten noch viel mehr Menschen in die Stadt ziehen.

Frankfurt wird in den kommenden Jahren massiv wachsen. Laut einer Berechnung, die die für Statistik zuständige Dezernentin Eileen O’Sullivan (Volt) am Dienstag vorstellte, wird die Marke von 800 000 Einwohner:innen in fünf Jahren geknackt. Im Jahr 2045 werden danach 843 000 Menschen in der Stadt leben – das wäre ein Zuwachs von mehr als 80 000 Personen im Vergleich zu heute. Diese Prognose stellt die Politik im Römer vor große Herausforderungen – gerade hinsichtlich des Klimaschutzes.

Im städtischen Planungsdezernat zeigt man sich zumindest nicht überrascht. „Das sind im Endeffekt die Zahlen, die wir bereits dem integrierten Stadtentwicklungskonzept zugrunde gelegt haben“, sagt der designierte Planungsdezernent Marcus Gwechenberger (SPD).

Wo sollen 800 000 Menschen wohnen?

Eine Erklärung für den erwarteten Anstieg sei, dass viele aus der Generation der Babyboomer in Rente gingen, aber wohl in Frankfurt wohnen blieben. Ihre frei werdenden Arbeitsplätze würden zu einem großen Teil von Zuziehenden besetzt. Das Wachstum sei sehr begrenzt steuerbar.

Doch wo sollen 800 000 Einwohner:innen im Jahr 2028 leben? Allzu viele große Baugebiete werden in den nächsten Jahren nicht vollendet. Gwechenberger winkt ab: Nicht das Wohnungsangebot, sondern die Arbeits- und Ausbildungsplätze zögen die Menschen in die Stadt. „Die Leute kommen so oder so. Die Frage ist, wie sie wohnen: beengt oder komfortabel“, sagt Gwechenberger.

Konflikte zwischen Wohnungsbau und Klimaschutz sind zu erwarten

Entscheidend sei es nun, den Bau bezahlbaren Wohnraums voranzutreiben, also etwa den Stadtteil der Quartiere an der A5 zu entwickeln, aber auch die Ergänzung bestehender Siedlungen auf den Weg zu bringen. Prinzipiell gebe es genug Potenzial für Wohnungsbau. Natürlich sei ein solches Wachstum aber eine Herausforderung, auch etwa für den Schulbau und den Verkehr, sagt Gwechenberger.

Umweltdezernentin Rosemarie Heilig (Grüne) sieht die Prognose durchaus sorgenvoll. Der Kampf um den Erhalt von Grünfläche werde bei einem weiteren Wachstum härter.

Dabei ist der Verbleib von Grünflächen für Heilig einer von vier Punkten, die unabdingbar seien, damit Frankfurt dem Klimawandel etwas entgegensetzen könne. Zudem müssten versiegelte Flächen begrünt werden – ebenso wie Fassaden und Dächer, was die Stadtverordneten bereits beschlossen haben. Und durch Mobilitäts- und Energiewende müssten die Kohlendioxidemissionen reduziert werden. Bei allen Punkten gilt für sie, „wenn die Prognose eintrifft, müssen wir das Tempo extrem erhöhen“.

IHK sieht Verkehrsprobleme

Welche Konflikte in nächster Zeit auf die Stadtpolitik zukommen, zeigt die Reaktion von Philipp Jacks, Vorsitzender des DGB in der Region. Frankfurt brauche zusätzliche Wohn- und Gewerbeflächen, sagt der Gewerkschafter – und fügt hinzu, „das müssen auch diejenigen akzeptieren, die am liebsten gar nichts mehr versiegeln würden, ansonsten werden immer mehr Menschen unter langen Pendelstrecken und wegen der hohen Mieten unter Kaufkraftarmut leiden“.

Ulrich Caspar, Präsident der Industrie- und Handelskammer, sieht den erwarteten Bevölkerungsanstieg zwar als „gutes Zeichen, zeigt er doch, dass Frankfurt ein attraktiver Standort ist“. Doch verschärfe dieser die bekannten Probleme, allen voran den Mangel an Wohnraum und die „ungelöste Verkehrssituation“. Straßen und öffentliche Verkehrsmittel seien schon heute überlastet, so Caspar, der die „künstliche Verknappung an Straßenraum und Parkplätzen durch die Stadt“ kritisiert.

Frühere Studien zur Bevölkerungsentwicklung hatten sich als realitätsnah erwiesen. So ging die Stadt im Sommer 2015 davon aus, dass Frankfurt fünf Jahre später mehr als 764 000 Einwohner:innen haben werde. Ohne die Corona-Krise wäre diese Zahl wohl erreicht worden. Die Grenze von 800 000 Menschen in der Stadt sollte laut dieser Prognose im Jahr 2027 fallen – nur ein Jahr früher als nun vorhergesagt.

Auch interessant

Kommentare