Wertschätzung auf höherer Ebene

Stadtteilbotschafterin Janine Rezmann lädt zu Café-Nachmittagen ins Jugendhaus ein. Die Resonanz gibt es recht.
Frau Rezmann, im vergangenen Jahr haben Sie drei Café-Nachmittage rund um das Jugendhaus Bergen veranstaltet. Dabei hatten Sie aber nicht nur die Jugend im Blick, richtig?
Mein Projekt heißt „Lieblingsplatz für alle“ – dementsprechend waren auch alle eingeladen. Die Jugendlichen, die rund um den Berger Markplatz unterwegs sind, kommen ins Jugendhaus, die Eltern gehen mit ihren Kindern draußen auf den Spielplatz – alle anderen laufen hier nur vorbei. Das Ziel war, alle Altersgruppen zusammenzubringen, sodass hier nach Corona wieder mehr Leben entsteht.
Hat das geklappt?
Alle drei Termine waren gut besucht. Beim dritten Mal im Oktober waren etwa 50 Leute da, wir sind mit dem Kaffeeausschenken kaum hinterhergekommen. Zudem haben wir Kuchen angeboten, die ich jeweils vorher mit den Mädchen, die ins Jugendhaus kommen, gebacken habe. Vom Alter her war es total durchmischt. Es waren viele Kinder da, aber zum Beispiel auch ein Mann, der hier in der Gegend eine Wohnung gesucht hat, zufällig am Jugendhaus vorbeigekommen ist und sich dann zwei Stunden dazugesetzt und Zeitung gelesen hat.
Welche Rückmeldungen haben Sie von Ihren Gästen bekommen?
Viele meiner Gäste haben mir gesagt, wie toll sie die Idee finden. Beim ersten Café ist Peter Ließmann, Leiter der Verwaltungsstelle Bergen-Enkheim, vorbeigekommen, und auch Mitglieder des Ortsbeirats waren da, unter anderem die Ortsvorsteherin Alexandra Weizel. Für mich war das eine Bestätigung, dass meine Arbeit auch auf einer höheren Ebene wertgeschätzt wird.
Dabei waren Sie am Anfang skeptisch, ob Sie sich überhaupt als Stadtteilbotschafterin engagieren wollen.
Die Idee zur Bewerbung kam von den Mitarbeitern des Jugendhauses – ich gehe dort seit einigen Jahren regelmäßig hin und helfe zum Beispiel bei Festen. Ich war mir unsicher, ob ich das zeitlich schaffe, da ich noch eine Ausbildung mache und als Schwimmtrainerin arbeite. Außerdem wusste ich zu Beginn nicht genau, was auf mich zukommt. In solchen Situationen bin ich oft erst mal zurückhaltend.
Wie haben Sie sich überzeugen lassen?
Das Jugendhaus hat in den vergangenen Jahren schon andere Stadtteilbotschafter begleitet, die Mitarbeiter konnten mir deshalb viel über das Projekt erzählen. Irgendwann habe ich gesagt: Ich traue mich und probiere es einfach aus!
Das Stipendium
Seit 2007 unterstützt die Stiftung Polytechnische Gesellschaft mit einem Stipendienprogramm junge Leute, ihre Ideen in Frankfurt umzusetzen. Bisher haben 180 Stadtteil-Botschafter:innen in 142 Projekten den Zusammenhalt in den Frankfurter Stadtteilen gestärkt.
Die Stipendien werden regelmäßig von der Stiftung ausgeschrieben. Infos zum Projekt und zur Bewerbung gibt es unter www.stadtteil-botschafter.de sowie bei Projektleiterin Silja Flach per E-Mail an flach@sptg.de.
Weitere Infos zum Projekt von Janine Rezmann gibt es unter @lieblingsplatz_fuer_alle auf Instagram.
Die FR stellt in einer losen Serie die aktuelle Stadtteil-Botschafter-Generation vor. 15 junge Leute im Alter zwischen 15 und 27 Jahren nehmen am Jahrgang 2022 / 23 teil. sth
Inwiefern unterstützt das Jugendhaus Sie bei Ihrer Projektarbeit?
Wir haben schon bei der Entwicklung der Projektidee viel miteinander gesprochen. Dadurch, dass ich gerne mit Kindern arbeite und gerne backe, kam die Idee mit dem Café. In der Küche des Jugendhauses backe ich jeweils mittwochs mit etwa zehn- bis zwölfjährigen Mädchen die Kuchen. An den Veranstaltungstagen helfen mir dann die Mitarbeiter des Jugendhaus beim Kaffeeausschenken.
Gab es bei den Vorbereitungen auch Hürden zu überwinden?
Ein paar Wochen vor dem ersten Café haben wir schon mal Kuchen gebacken, um ihn am Marktplatz zu verteilen, eine Art Generalprobe. Das war ein Reinfall, denn es waren kaum Leute draußen. Für mich war das aber gar nicht so schlecht, weil es mir schwerfällt, fremde Leute anzusprechen. Inzwischen bin ich viel offener geworden im Umgang mit fremden Leuten.
Sie konnten also auch selbst etwas dazulernen.
Es war für mich immer ein Ziel, dass ich offener werde und nicht mehr so nervös bin. Auch die Seminare der Stiftung haben mir dabei geholfen. Dieses Interview hätte ich noch vor einem Jahr nur mit Ach und Krach hinbekommen. Inzwischen bin ich selbst bei Präsentationen, die ich in der Schule halten muss, ganz locker. Das ist für mich ein riesiger Fortschritt.
Wird es weitere Cafés geben?
Mindestens einen Termin soll es noch geben, vermutlich im Frühjahr. Und ich habe vor, die Cafés auch nach der Stipendiumszeit weiter stattfinden zu lassen.
Interview: Sebastian Theuner