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Barbara Klemm und die Demokratie in Frankfurt

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Von: Thomas Stillbauer

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Widerständiges Frankfurt – die Fotokunst der großen Barbara Klemm.
Widerständiges Frankfurt – die Fotokunst der großen Barbara Klemm. © Copyright Historisches Museum Frankfurt am Main Reproduktion: Horst Ziegenfusz

Das Historische Museum kündigt spannende Ausstellungen für dieses Jahr an. Zwei Jahrestage geben Anlass zur genaueren Betrachtung.

Das Publikum ist wieder zurück im Historischen Museum (HMF), aber noch nicht ganz: „2022 war noch ein Pandemiejahr“, sagt Museumsdirektor Jan Gerchow am Freitag beim Jahrespressegespräch. Gut 100 000 Menschen besuchten die Ausstellungen, einige von ihnen online, aber viel mehr wieder körperlich – mehr als jene 35 000 aus dem Jahr zuvor. Deutlich weniger freilich als die gut 163 000 von 2019.

In die Richtung soll es in diesem Jahr gehen, wenn auch das internationale Publikum wieder kommt. „Wir erklären die Stadt“, sagt Gerchow – wichtig für alle, die Frankfurt nicht nur oberflächlich kennenlernen wollen.

Was bringt 2023 inhaltlich? Zunächst Bewährtes. „Frankfurt und der NS“, Magnet für bisher mehr als 60 000 Besucherinnen und Besucher, ist verlängert bis 2024. Die Schau „Alles verschwindet!“ über Bildchronist Carl Theodor Reiffenstein ist noch bis zum 12. März zu sehen.

Es folgen von Mai an Ausstellungen zu zwei Leitthemen, beide anlässlich von Jahrestagen. Erstes Leitthema: Inflation. 100 Jahre ist die große Geldentwertung her, die der Schau „Inflation 1923 – Krieg, Geld Trauma“ zugrunde liegt. Geplant habe man seit zwei Jahren, sagt Gerchow; da rechnete noch niemand ernsthaft mit dem Krieg in der Ukraine und der damit einhergehenden hohen Inflation.

Beschrieben werden die Umstände und Folgen des rasenden Wertverlusts der Mark vor 100 Jahren, zerstörte Existenzen, aber auch Kunst, Literatur und Satire in der Rezeption der Krise. Ein schickes Hanauer Kleid aus Geldscheinen, viele Milliarden Mark, wird zu sehen sein.

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Die Ausstellungen des Historischen Museums Frankfurt in diesem Jahr:

3. Mai bis 10. September: „Inflation 1923 – Krieg, Geld, Trauma“.

13. Mai bis April 2024: „Demokratielabor: Vom Versprechen der Gleichheit“.

Ab 13. Mai: „Thementour Demokratiegeschichte“ zum Jubiläumsjahr der Paulskirchenversammlung 1848. Die Tour bleibt auch künftig erhalten.

Mai bis September: „Kinder haben Rechte – und was zu sagen!“

9. November bis April 2024: „Barbara Klemm – Frankfurter Bilder“.

Wie wollen wir leben?

Zweites Leitthema: natürlich – das Paulskirchenjubiläum, 175 Jahre Nationalversammlung. Aus der „Stadtlabor“-Reihe wird es dazu ein „Demokratielabor“ geben. „Wie wollen wir in Zukunft in Frankfurt zusammenleben?“: Solchen und weiteren Fragen haben sich Teams aus der Bevölkerung gewidmet und 25 Beiträge erstellt. Dazu zählt etwa ein Vergleich der Grundrechte 1848 und heute. Ein weiterer Schwerpunkt wird auf Kinderrechten liegen.

Zur Demokratiegeschichte bietet das HMF außerdem eine Thementour an, mit etwa 30 Stationen im Bestand des Hauses. Die Tour führt beispielsweise zur Freiheitsfahne des Sossenheimer „Deutschen Volks Vereins für Freiheit und Recht“, der 1848 erfolgreich unter anderem für Pressefreiheit und Wahlrecht demonstrierte. Ebenfalls Teil der Tour: der Regenschirm, mit dem die frühe Frauenrechtlerin Henriette Zobel angeblich zwei Politiker umgebracht haben sollte – wofür sie viele Jahre ins Gefängnis gesteckt wurde.

Höhepunkt im Herbst: „Barbara Klemm – Frankfurter Bilder“. Erstmals zeigt das HMF eine große Schau mit Arbeiten der legendären FAZ-Fotografin. „Sie war ja gar nicht zuständig für Frankfurt, sondern hat auf der ganzen Welt fotografiert“, sagt Gerchow. „Aber sie hat immer hier gelebt und die Stadt als Zeitgenossin begleitet.“ Was sie auch weiterhin tut. 250 bis 300 Fotografien soll die Ausstellung zeigen, auch ein Buch dazu ist mit dem Steidl-Verlag vereinbart.

Und sonst? Digitale Projekte erwähnt Gerchow noch: Eine „Gedächtnisplattform“ bündelt den Zugang zu Informationen im Zusammenhang mit Frankfurt und der Zeit des Nationalsozialismus. Und die „Frankfurt History App“ fürs Smartphone zeigt im ersten Schritt 1000 Orte der NS-Vergangenheit. Sie soll künftig noch mehr können: In drei Jahren Entwicklungszeit wünscht sich Gerchow alle Angebote zur Stadtgeschichte auf einer Plattform. Das Kulturdezernat fördert.

Inflationäre Mode: Karnevalskleid 1924.
Inflationäre Mode: Karnevalskleid 1924. © kaijakob

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