„Essen verbindet“: Fastenbrechen mitten im Bahnhofsviertel

Der Gewerbeverein Bahnhofsviertel organisiert in Frankfurt ein gemeinsames Iftar im Ramadan für alle Menschen im Kiez.
Frankfurt - Die Biertischgarnituren sind mit weißen Papiertischdecken eingedeckt. Auf jedem Tisch stehen Datteln, Wasser und Ayran bereit. Rund 300 Gäste – Menschen unterschiedlicher Nationalitäten, Obdachlose und Drogenkranke sind am Mittwoch in die Elbestraße zwischen Kaiser- und Münchener Straße gekommen, um gemeinsam das Fastenbrechen im Ramadan, auch Iftar genannt, zu begehen. Mit der kostenlosen warmen Mahlzeit, die der Gewerbeverein Bahnhofsviertel und Nachbarn vor Ort organisiert und gespendet haben, wollen die Initiatoren ein lebendiges, tolerantes Miteinander fördern.
Zum ersten Mal haben Alim Cosgun und Nazim Alemdar, der erste Vorsitzende des Gewerbevereins, im Jahr 2016 ihre Idee des „Fastenbrechen unter freiem Himmel“ verwirklicht. Seither wächst nicht nur die Zahl der Gäste kontinuierlich, sondern auch die Zahl der teilnehmenden Geschäftsleute. Insgesamt 18 Gewerbetreibende und Nachbarn haben sich dieses Jahr engagiert. Die Organisatoren setzen sich für ein lebenswertes Bahnhofsviertel und ein gemeinschaftliches Zusammenleben ein.
Fastenbrechen im Bahnhofsviertel in Frankfurt: „Essen verbindet“
„Zum siebten Mal feiern hier Muslime, Juden, Christen, Gläubige und Nichtgläubige gemeinsam das Fastenbrechen“, sagt Nazim Alemdar. Und er wünscht sich mehr positive Berichterstattung über das Miteinander im Viertel, auf dass er stolz ist. „Hier ist unser Bahnhofsviertel und es lebt“, ergänzt er.
Nach der Begrüßung durch Imam Muammer Gündogan von der Ditib-Gemeinde rezitiert ein anderer Imam Verse aus dem Koran. Mit der Bitte an ihren Gott Allah: „Gewähre der Welt Frieden und Barmherzigkeit“, endet das Abendgebet und viele Helferinnen und Helfer tragen die warme Mahlzeit an die Tische. „Essen verbindet die Menschen“, sagte Sabrina Melek Schön. Sie ist mit ihrem Verlobten Benedikt Helm nach der Arbeit hierher gekommen und bereits in ein Gespräch mit ihrem Gegenüber vertieft. „Es ist eine schöne Stimmung, alle sind sehr freundlich und offen“ sagt Regina Klinke. Sie hat von dem Fastenbrechen in der Zeitung gelesen und war neugierig. An einem anderen Tisch sitzen Stadtverordnete von CDU und SPD.
Frankfurts zukünftiger OB Mike Josef: „Brücken bauen heißt Wertschätzung“
„Dies hier ist ein Teil der Stadtgesellschaft“, begründet Stephan Siegler (CDU) seine Teilnahme. Stadtverordnetenvorsteherin Hilime Arslaner bedankt sich für das Engagement, ebenso wie der zukünftige Oberbürgermeister Mike Josef (SPD). „Brücken bauen heißt Wertschätzung“, sagt der aktuelle Planungsdezernent. Die ersten Tische werden bereits abgeräumt, als ein Essenslieferant sich strahlend auf das Fahrrad schwingt: „Ich habe gerade Essen ausgeliefert und jetzt selbst eine warme Mahlzeit bekommen“, sagt der junge Mann und düst los.
To-Go-Pakete statt gemeinsames Fastenbrechen: Während des Corona-Lockdowns sah die Zelebrierung des Ramadan für die Muslime in Frankfurt anders aus, als sonst.