Aufklärung als Aufgabe

Ein Frankfurter Verein hilft dabei, Sehschwächen bei Kindern frühzeitig zu erkennen
Der Blick aus riesigen blauen Kinderaugen könnte wohl jedes Herz zum Schmelzen bringen. Umso ernüchternder ist der Satz, der neben dem Foto des kleinen Mädchens steht: „Die Augen hat sie vom Papa ... seine Sehschwäche auch“. Mit diesem Plakat wirbt der Frankfurter Verein Augenstern für seine Arbeit.
Vor fast 25 Jahren wurde er von den Augenärzt:innen Alina Zubcov-Iwantscheff und Christian Ohrloff am Universitätsklinikum gegründet, damit Sehschwächen bei Kindern möglichst früh erkannt werden. Denn da liege noch einiges im Argen, sagt Zubcov-Iwantscheff, die den Verein jahrelang als Vorsitzende leitete, bevor zu Jahresbeginn ein neuer Vorstand übernahm. Vielen Eltern sei gar nicht bewusst, dass sich etliche Augenfehler mit früher Diagnose und Therapie gut korrigieren oder beseitigen lassen. Dabei habe fast ein Drittel aller Kinder bis zu vier Jahren eine korrekturbedürftige Fehlsichtigkeit, die ohne rechtzeitige Korrektur zu einer Sehschwäche führen könne.
Nur zu gut erinnert sich die Medizinerin daran, wie sie Anfang der 1990er-Jahre aus den USA, wo sie in der Forschung tätig war, an die Frankfurter Augenklinik kam. Schon in ihrer ersten Arbeitswoche seien ihr dort Kinder begegnet, die unter starker Kurzsichtigkeit litten, erzählt sie – „mit minus fünf oder sogar minus sechs Dioptrien“, so dass ihre Augen nur noch maximal 20 Prozent Sehleistung schafften. Beeinträchtigungen, die sich möglicherweise nicht in dieser Stärke ausgeprägt hätten, wären sie rechtzeitig entdeckt worden. Der Verein Augenstern setzt deshalb auf Aufklärung. Darüber, dass Babys normalerweise mit drei Monaten in alle neun Blickrichtungen schauen und Objekte mit den Augen verfolgen können. Dass räumliches Sehen erst mit sechs Monaten beginnt und das Sehvermögen erst mit sieben Jahren vollständig ausgereift ist. Umso wichtiger seien die Jahre davor, sagt Zubcov-Iwantscheff.
Der Aufklärung von Eltern, Ärzten, Erziehern und Lehrern widmet sich auch der neue Augenstern-Vorstand: Thomas Kohnen und Yaroslava Wenner von der Frankfurter Universitätsklinik sowie ihr Ulmer Kollege Hermann Gümbel. Denn, so Kohnen: „Je früher das Augenleiden erkannt und behandelt wird, desto besser die Heilungschancen.“ Vor allem Eltern, in deren Familien Sehstörungen bekannt sind, sollten sich früh an Spezialisten wenden, ergänzt Wenner: „Sind beide Elternteile beispielsweise von Kurzsichtigkeit betroffen, ist Handeln angesagt. Das Kind hat eine erhöhte Wahrscheinlichkeit, ebenfalls kurzsichtig zu werden.“