1. Startseite
  2. Frankfurt

Ardi Goldman stellt Skulpturen im Frankfurter Ostend aus

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Lilli Hövener

Kommentare

Ardi Goldman mit einer Skulptur von Künstler und Bildhauer Klaus Prior.
Ardi Goldman mit einer Skulptur von Künstler und Bildhauer Klaus Prior. © Peter Jülich

Der bekannte Immobilienentwickler nutzt das UNION-Gelände, um mithilfe skulpturaler Holzfiguren auf geschichtliche Ereignisse aufmerksam zu machen.

Am frühen Montagabend ist es auf der kleinen, von Kastanien gesäumten Piazza des UNION-Areals im Ostend eher ruhig. Eine Gruppe Menschen hat sich versammelt, um den neuesten Zuwachs städtischer Kunst zu bestaunen. Arrangiert wurden die Kunstwerke von Immobilienentwickler Ardi Goldman, dem das UNION-Gelände mitsamt seiner gastronomischen Angebote, seinen Ateliers und des kürzlich eröffneten Clubs „Fortuna Irgendwo“, der den etwas befremdlichen Beinamen „Heilanstalt für Gemüts- und Nervenkranke“ trägt, gehört.

Goldman, der sich selbst gerne als „den verrückten Hutmacher Frankfurts“ bezeichnet, dürfte den meisten wohl als Frankfurts modisch mutigster Immobilienentwickler ein Begriff sein. Doch der Projektentwickler möchte nicht ausschließlich auf diese Rolle reduziert werden, er sehe sich viel eher als „Art Developer“. Sein jüngstes Projekt, „Kunstparcours des Widerstands“, findet nun mit einem Ensemble aus vier Holzskulpturen seinen Anfang.

Goldman möchte nicht nur für mehr Kunstobjekte im öffentlichen Raum sorgen, sondern hat sich bewusst dafür entschieden, Kunst auszustellen, die sich nicht scheut, in die Abgründe der Menschheitsgeschichte zu blicken. Ausgewählt hat er deswegen die Holzskulpturen des Künstlers Klaus Priors, eines 77-jährigen Bildhauers und Malers, denen Goldman eine hohe Geschichtsbewusstheit zuschreibt.

Auf den ersten Blick gliedern die Figuren sich fast schon unauffällig zwischen den hohen Kastanien des Innenhofs ein und erst beim genauen Hinschauen sind die Einkerbungen und Feinheiten der Skulpturen zu erkennen, aus denen laut Goldman „sowohl Schmerz, als auch Liebe spricht“. Die Intention des Künstlers erläutert Werner Renz, ehemaliger wissenschaftlicher Mitarbeiter des Fritz Bauer-Instituts. Renz bezeichnet Klaus Prior als „Menschenbildner, hineingeboren in die Trümmerwüste einer rheinländischen Kleinstadt im Jahr 1945“.

Schon mit 18 Jahren sei für Prior klar gewesen, dass er Deutschland verlassen wolle, da er die in Deutschland vorherrschende Vergangenheitsverdrängung als kaum ertragbar empfunden habe. Prior entschied sich für die Schweiz als neue Wahlheimat und begann, Kunstwerke zu schaffen, die „uns ermahnen sollen, die deutschen Verbrechen des Nationalsozialismus einzugestehen und die Vergangenheit nicht zu verleugnen“.

Priors Skulpturen erschließen sich dem Betrachtenden also nicht ganz leicht. Zumindest, wenn man es so verstehen will und kann. Denn Merz erklärt auch, dass die Betrachter:innen für eine vollständige Rezeption der Holzskulpturen einen gewissen historischen Kontext bräuchten. So kehrt er beispielsweise das Motiv der Pietà, das klassische Abbild der trauernden Mutterfigur, um und zeigt stattdessen einen nackten Männerkörper, der über einer liegenden Frau wacht, ein Verweis auf die in den Genoziden in Srebrenica und Ruanda ermordeten Frauen.

Zum Teil erarbeitet Prior seine Werke auch vor einem mythologischen Hintergrund, wie etwa seine Skulptur „Golem“, eine beschützende Figur jüdischer Legenden. „Als ich die Figur des Golem in Klaus Priors Garten gesehen habe, habe ich mich auf den ersten Blick in sie verliebt“, schwärmt Goldman. Eigentlich habe er nur drei Skulpturen im Frankfurter Ostend ausstellen wollen, der „Golem“ habe es ihm aber einfach zu sehr angetan.

Mit jedem Satz, mit denen Goldman seinen Auswahlprozess erläutert, wird klar, wie viel ihm die Figuren persönlich bedeuten. In ihnen verarbeitet Goldman seine eigene Vergangenheit als einziger Überlebender eines Autounfalls, bei dem seine Schwestern und sein Vater ums Leben kamen.

Mit der Positionierung von Priors rustikalen Skulpturen im öffentlichen Raum will Goldman gleichermaßen eine Ode an das Leben richten, als auch einen Appell zur intensiven Auseinandersetzung mit der persönlichen und nationalen Vergangenheit aussprechen. Wie es mit dem „Kunstparcours des Widerstands“ weitergeht, verrät er aber noch nicht. Klar ist nur, dass es dem UNION-Areal in Zukunft nicht an Kunstwerken mangeln soll.

Auch interessant

Kommentare