Antisemitismus in Schulbüchern: Lernen ohne Klischees

Auf einer Podiumsdiskussion auf der Frankfurter Buchmesse geht es um die Darstellung jüdischen Lebens in Schulbüchern. Die Diskutanten sind sich einig, dass sich Vieles ändern muss.
Antisemitische Propaganda aus dem Nazi-Hetzblatt „Stürmer“, die ohne richtige Einordnung in Schulbüchern abgedruckt wird. Das Foto eines orthodoxen Juden aus Israel, das benutzt wird, um in Unterrichtsmaterialien jüdisches Leben in Deutschland zu bebildern. Klischeehafte Abhandlungen über Israel, die eher Vorurteile schüren, als Schüler:innen ein authentisches Bild vom jüdischen Staat zu vermitteln: Probleme mit der Darstellung jüdischen Lebens und der Gefahr des Antisemitismus in deutschen Schulbüchern stehen im Fokus der Diskussion „Bildungsmedien gegen Antisemitismus“, die am Mittwochmittag am Stand des „Forums Bildung“ auf der Frankfurter Buchmesse über die Bühne geht.
In Schulbüchern finde man immer wieder antisemitische Bilder und „fehlerhafte Darstellungen jüdischen Lebens“, beklagt Daniel Botmann, Geschäftsführer des Zentralrats der Juden in Deutschland, zu Beginn der von FR-Redakteur Peter Hanack moderierten Debatte.
Kritik vom Zentralrat
Der Zentralrat werte schon länger Unterrichtsmaterialien der großen Schulbuchverlage aus und helfe dabei, Redaktionen und Autor:innen zu sensibilisieren, so Botmann. Jüdinnen und Juden würden zu oft nur als Opfer dargestellt. Zu selten würden jüdische Pädagog:innen bei der Erstellung der Bücher einbezogen. Immerhin gebe es seit einigen Jahren „eine größere Sensibilität für dieses Thema“, sagt Botmann – auch weil Josef Schuster, der Präsident des Zentralrats, 2018 in einem Interview scharfe Kritik an den Verlagen geübt hatte.
Ilas Körner-Wellershaus vom Verband Bildungsmedien e. V., der auch Verleger beim Schulbuchverlag Klett ist, räumt ein, dass es bei Autor:innen und Schulbuchredaktionen Nachholbedarf gebe. Insgesamt gebe es in der deutschen Gesellschaft ein großes „Nichtwissen“ zu den Themen Judentum und Antisemitismus. Mittlerweile gebe es aber bei Klett und auch in anderen Verlagen Workshops zum Thema, es bewege sich etwas. Die Verlage hätten verstanden, „dass sie sich mit der eigenen Verantwortung kritisch auseinandersetzen müssen“, so Körner-Wellershaus. „Ich finde die Auseinandersetzung damit richtig und gut.“
Ludwig Spaenle, CSU-Politiker und Beauftragter des Landes Bayern gegen Antisemitismus, nennt es „haarsträubend“, was teilweise in deutschen Schulbüchern etwa zu aktuellen Formen des Antisemitismus oder zu Israel stehe. Es müsse aber nicht nur in den Verlagen, sondern auch bei den Lehrplänen, in Schulbuchkommissionen und in der Aus- und Weiterbildung von Lehrkräften etwas geschehen. Eigentlich sei es nicht Aufgabe des Zentralrats und der Betroffenen, dafür zu sorgen, dass sich hier rasch etwas ändere. „Das ist Aufgabe der Behörden“, sagt Spaenle. Auch in der Justiz, bei Polizei und Verwaltung müsse dafür gesorgt werden, dass aktuelle Formen des Antisemitismus etwa im Zusammenhang mit Protesten gegen die Corona-Politik besser erkannt und verstanden würden, so Spaenle. „Da ist noch viel zu tun.“