Annie Leibovitz stellt unter der Brücke aus

Sie fotografiert Stars und ist dadurch selbst zum Star geworden: Annie Leibovitz stellt unter der Frankfurter Honsellbrücke ihre jüngsten Werke vor.
Es ist ein Medieninteresse, das der Kunstverein Familie Montez noch nicht erlebt hat. Kamerateams, Pressevertreter und Mitarbeiter einer Schweizer Großbank haben sich in der Honsellbrücke eingefunden. Sie alle warten auf eine Künstlerin, die Stars fotografiert und dadurch selbst zu einem solchen geworden ist: Annie Leibovitz.
Die Fotografin hat im Auftrag von UBS neue Porträts ihrer Fotoserie „Women“ geschaffen, die weltweit in zehn Städten zu sehen sind. Da die Schweizer Bank eine Dependance in Frankfurt hat, habe es nahe gelegen, die Werke auch hier in der Stadt zu zeigen, sagt Thomas Rodermann, Vorstandsvorsitzender der UBS Deutschland AG.
Doch er merkt bei seiner Ansprache schnell, dass alle gekommen sind, um Annie Leibovitz zu sehen, und übergibt dann auch das Wort an die sympathische Fotografin, die leger in Jeans und Turnschuhen erschienen ist und die Pressetruppe in den abgedunkelten Nachbarraum führt, wo ihre Arbeiten ausgestellt sind.
Die Fotografien sind mit Reißzwecken an eine lange Holzwand gepinnt und mit Plexiglas geschützt. Sie zeigen Frauen, die eine besondere Leistung erbracht haben. „Die Arbeiten haben alle das gleiche Format, das ist sehr demokratisch“, sagt Annie Leibovitz. Ihre neuen Arbeiten sind die Fortsetzung eines Projekts, das sie vor über 15 Jahren begonnen hat und als „Work in progress“ bezeichnet.
Leibovitz zeigt sich besonders angetan vom Kunstverein Familie Montez: „Es ist ein außergewöhnlicher Ort.“ Seit dem vergangenen Freitag ist die Fotografin in Frankfurt. „Ich bin sehr viel herumgelaufen. Ich spüre, dass sich in der Stadt gerade sehr viel ändert. Es ist eine neue Zeit für Frankfurt angebrochen.“
Bisher widmete sich das sympathische Künstlerquartier im Frankfurter Ostend in Sichtweite der EZB eher lokalen Künstlern und ist ein Anlaufpunkt für alle, die die Off-Szene schätzen. Als die UBS-Banker vor einigen Monaten auf der Suche nach einem geeigneten Ausstellungsort waren, kamen sie auf den Kunstverein zu.
„Das ist für uns alle eine große Nummer“, sagt Montez-Leiter Mirek Macke und fährt fort: „Ich wollte mich gar nicht so sehr mit Annie Leibovitz beschäftigen. Ich hatte Angst, dass mich das alles sonst erschlägt.“
Er ist von der Fotografin und ihrer Arbeit begeistert: „Sie hat ein tolles Auftreten und sie ist so natürlich.“
Für die Ausstellung wurde der Kunstverein ausgeräumt, die Teppiche und Sessel des Vereins ins Lager geschafft. Auch eine funktionierende Heizung gibt es nun. Und auch Hausherr Mirek Macke durfte bei der Pressekonferenz schließlich dabei sein. Mitarbeiter der UBS hatten allen Ernstes überlegt, ob Macke bleiben darf, da er nicht akkreditiert war.