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Anlaufstelle für Wohnungslose muss raus

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Von: Johannes Vetter

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Seit mehr als 30 Jahren besuchen Wohnungslose die Einrichtung in der Pforzheimer Straße.
Seit mehr als 30 Jahren besuchen Wohnungslose die Einrichtung in der Pforzheimer Straße. © Andreas Arnold

In die Teestube Jona im Bahnhofsviertel kommen täglich 100 Menschen, jetzt wurde ihr kurzfristig gekündig. Der neue Eigentümer will das Gebäude hochwertig sanieren.

Seit mehr als 30 Jahren ist die Teestube Jona im Bahnhofsviertel Anlaufstelle für wohnungslose Menschen. Dort können sie sich aufhalten, bekommen Heißgetränke und Beratung. Nun droht der Teestube das Aus am Standort an der Pforzheimer Straße. Das Haus mit der Nummer 7 hat einen neuen Eigentümer; der will die soziale Einrichtung eilig rausschmeißen und sanieren.

Erst vor zwei Wochen hätten sie vom Verkauf des Hauses erfahren, am Donnerstag sei vom neuen Eigentümer schon eine schriftlich Kündigung des Mietvertrags bei ihnen eingetroffen, berichtet Nadine Müller, die stellvertretende Leiterin der Teestube. Bis zum 30. September müssen sie demnach raus. Müller betont jedoch, im Mietvertrag sei festgehalten, dass der Eigentümer immer nur zum Februar kündigen könne und sie daraufhin eine Frist von neun Monaten bis zum Auszug hätten. Demzufolge könnte die Teestube also noch bis November 2018 bleiben und neue Räume suchen.

Wohn- oder Geschäftsräume „gehobenen Standards“ geplant

Der neue Eigentümer will allerdings schon im September mit den Bauarbeiten beginnen. Sein Name ist Milan Tolusic, er hat das Haus privat gekauft. Das Gebäude werde „komplett entkernt“, sagt er. Im Erdgeschoss, wo derzeit die Teestube untergebracht ist, werde eine größere Geschäftsfläche mit etwa 200 Quadratmetern entstehen. In den Obergeschossen plant Tolusic Wohn- oder Geschäftsräume „gehobenen Standards“.

Er habe sich bereits mit allen Mietparteien geeinigt, außer mit der Teestube. Viele im Haus seien froh, dass sie von ihm etwas Geld für den Auszug bekommen hätten, sagt der Hausbesitzer. Tolusic beharrt darauf, dass die Kündigung mit einer Frist von drei Monaten rechtens sei. So stehe es im Mietvertrag. Wenn die Teestube schon früher ausziehen wolle, sei er bereit, dafür Geld zu zahlen. Bleiben könne die Teestube auf keinen Fall, betont der Eigentümer. Er könne sich aber vorstellen, die Frist um zwei oder drei Monate zu verlängern. Sollte die Teestube nicht gehen, werde er klagen. Zudem kündigt Tolusic an, die Bauarbeiten auch beginnen zu wollen, wenn die Teestube noch da ist.

„Er hat gesagt, dass er uns den Strom abstellen werde und dass Wasser durch die Decke kommen könne“, berichtet Nadine Müller von einem Gespräch mit dem neuen Eigentümer. Der wiederum sagt, das sei unwahr. Für Müller sind eben das aber Gründe, wieso sie nun so schnell wie möglich neue Räume suchen. „Ich möchte das unseren Besuchern nicht zumuten. Ich kann denen nicht sagen, wir haben heute keinen Strom.“

Für einige  Menschen ist die Teestube ein „Wohnzimmer“

Durchschnittlich 100 Menschen kämen täglich in die Teestube, berichtet Henning Funk, der die Einrichtung seit drei Jahren leitet, seinen Posten aber in wenigen Wochen an Müller übergibt. Funk betont, die Teestube sei für einige Menschen im Bahnhofsviertel ein „Wohnzimmer“, das Sozialarbeiterteam kenne zwischen 80 und 90 Prozent der Gäste persönlich. Zudem sei die Teestube eine der ersten Einrichtungen der Wohnungslosenhilfe in Frankfurt gewesen. Seit 1985 gibt es sie. Träger ist der Verein „Projektgruppe Bahnhofsviertel“, finanziert werden die 3,5 Sozialarbeiterstellen sowie die Miete durch Spenden, den Landeswohlfahrtsverband und die Stadt.

Größere Räume bräuchten sie sowieso, sagt Müller, zwischen 100 und 200 Quadratmeter benötigten sie. Dass sie nach der Sanierung an den derzeitigen Standort zurückkehren können, glaubt sie nicht. Für den Hauseigentümer ist das nicht ausgeschlossen. Er betont aber, er werde keine Zugeständnisse machen; er sei schließlich Geschäftsmann.

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