Anklage gegen Frankfurter OB Feldmann: Arbeit der Koalition wird schwieriger

Das Verhältnis von Koalition und Oberbürgermeister Feldmann war in Frankfurt schon immer heikel, jetzt könnte es zur Belastung werden.
Frankfurt – Von Vorverurteilungen im Fall Peter Feldmann (SPD) hält Linken-Fraktionschef Michael Müller zwar nichts, aber eines ist für ihn auch klar: Da die Staatsanwaltschaft offenbar Anklage gegen den Frankfurter Oberbürgermeister erhoben hat, steht die Koalition aus Grüne, SPD, FDP und Volt unter Druck. „Vor dem Hintergrund, dass die Frankfurterinnen und Frankfurter die Folgen der Corona-Krise schultern müssen und der Angriffskrieg in der Ukraine Auswirkungen haben wird“, sagt er, „ist es bitter dass die Stadtregierung wegen Ermittlungen gegen den OB ins Taumeln gerät.“
Der Koalitionspartner FDP hat bereits gefordert, dass der OB keine öffentlichen Auftritte mehr wahrnehmen solle. Es geht um den Vorwurf der Vorteilsannahme im Amt, um die Frage, ob Feldmann vom überhöhten Gehalt und einem unberechtigterweise erhaltenen Dienstwagen seiner Ehefrau als Leiterin einer AWO-Kindertagesstätte wusste. „Die FDP setzt sich nun vom OB ab“, sagt Müller. Die Koalition sei dadurch gefährdet, obwohl die Menschen gerade jetzt eine stabile Regierung bräuchten.
Feldmann-Anklage in Frankfurt: „Das kann die Koalition aushalten“
In der Koalition sieht man das alles nicht so. „Das kann die Koalition aushalten“, sagt Julia Frank, Sprecherin der Frankfurter Grünen. Die Volt-Fraktionsgeschäftsführerin Melanie Nöhles bedauert zwar, dass das Thema die Stadtpolitik seit längerem belaste. Die aktuelle Situation wirke sich aber nicht auf die Arbeit der Koalition aus. Und Yanki Pürsün, Fraktionschef der FDP im Römer, sieht sogar das Gegenteil von Belastung eintreten: „Es wird die Koalition zusammenschweißen.“ Seit Monaten werde schon getuschelt, viele hätten keine Lust mehr auf Feldmann. „Ich sehe das für die Koalition daher entspannt“, sagt Pürsün.
Fakt ist aber, dass das Verhältnis Koalition und Peter Feldmann immer schon heikel war. So heikel, dass die Rolle des Oberbürgermeisters bereits bei den Sondierungsgesprächen vor einem Jahr Thema war. Am Ende gab es im Koalitionsvertrag sogar einen eigenen Absatz für die Rolle des Oberbürgermeisters in der Koalition.
Frankfurt: Konflikte zwischen Feldmann und den Grünen
Unter anderem steht dort, dass die Koordination zwischen dem Oberbürgermeister und der Koalition über die Sprecher:innen der Magistratsgruppen der Koalition erfolgen solle. Und: „Um die konstruktive Zusammenarbeit zu ermöglichen, kann der Oberbürgermeister in Absprache an Sitzungen der Koalitionsrunde teilnehmen“.
Nur noch nach Absprache ist er willkommen in der Koalitionsrunde. Bei der Präsentation des Koalitionsvertrags saß er dann auch nicht wie noch fünf Jahre zuvor mit dabei. Die Koalition setzte sich bereits ein Stück ab vom Oberbürgermeister. Damals war bereits bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsnahme im Zusammenhang mit der AWO-Affäre führt.
Die Konflikte der Grünen mit dem OB gehen zurück auf die Zeit, als Schwarz-Grün regierte und der Sozialdemokrat Feldmann ins Amt kam. 2012 war das. Er präsentierte sich als Gegenspieler der Koalition, verteilte etwa Ressortzuständigkeiten um. Feldmann fand, die damalige Bildungsdezernentin Sarah Sorge (Grüne) sei überfordert und stellte ihr Reformdezernent Jan Schneider (CDU) zur Seite. Er sollte für beschleunigte Bauabläufe sorgen. Das darf ein Oberbürgermeister, verärgerte aber die Grünen.
FDP nahm bei Feldmann Rücksicht auf die Koalition in Frankfurt
Mit der neuen Koalition 2021 saß nun die FDP mit am Tisch. Und damit Yanki Pürsün, der sich selbst zu den engagiertesten Aufklärern des AWO-Skandals zählt. Niemand hat so viele Fragen dazu gestellt wie Pürsün. Wobei sich seine Attacken nicht ausschließlich gegen Feldmann richteten, doch nun sitzt die FDP in einem Magistrat mit einem OB, der in den Skandal verwickelt ist. Einen OB, den sie deswegen eigentlich ablehnt.
Die FDP nahm sich in den vergangenen Monaten aber zurück. Als die CDU Ende Mai forderte, Feldmann müsse wegen der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn sein Amt ruhen lassen, wurde dies mit den Stimmen der sich damals anbahnenden Koalition abgelehnt. Man stehe zwar grundsätzlich hinter dem Vorstoß, hieß es von der FDP. Allerdings sei die Vorlage aus juristischen Gründen der falsche Weg. Man nahm bei der Abstimmung Rücksicht auf die Koalition. Das ist nun mit einer Anklageerhebung vorbei. (Sandra Busch)