Einige Angestellte würden unter Überlastung leiden. Zehn Tage am Stück zu arbeiten, sei keine Seltenheit. An den darauf folgenden freien Tagen würde man aber noch angerufen und gefragt, ob man nicht doch arbeiten kommen könne. Auch die Urlaubsplanung sei mitunter chaotisch. Bei Beschwerden werde mit der Kündigung gedroht.
„Die Menschen lagen oft klatschnass und mit Stuhl beschmiert im Bett“, sagt eine im Bettinahof beschäftigte Person, die die Gegebenheiten gut kennt. Es hätten Einlagen, Windeln und Bettwäsche gefehlt. Zwar habe man sich beim Medizinischen Dienst sowie der Betreuungs- und Pflegeaufsicht beschwert, aber viel bewirkt habe dies nicht, so die Mitarbeitenden.
Das Regierungspräsidium Gießen als Oberste Betreuungs- und Pflegeaufsicht teilt auf FR-Nachfrage mit, dass die Beschwerdepunkte gegenüber dem Altenpflegeheim „Haus der Betreuung und Pflege Bettinahof“ in Frankfurt der zuständigen Betreuungs- und Pflegeaufsicht vor Ort bekannt seien.
Bereits seit Mitte des Jahres 2021 würde die Einrichtung engmaschig von der zuständigen Aufsicht in Frankfurt kontrolliert und beratend unterstützt. Seither habe es sieben Anlass- und Kontrollprüfungen durch die Aufsicht gegeben. Zwei weitere Prüfungen seien durch den Medizinischen Dienst erfolgt.
„Seitens der Betreuungs- und Pflegeaufsicht wurden verschiedene Maßnahmen ergriffen bzw. angeordnet, um eine Versorgung und Betreuung der Betreuungs- und Pflegebedürftigen nach den gesetzlichen Vorgaben umzusetzen“, heißt es. Dabei standen unter anderem Maßnahmen zur Verbesserung der Personalsituation im Fokus. „In den auf die Anordnungen nachfolgenden (unangekündigten) Prüfungen konnte eine deutliche Verbesserung der Betreuung und Pflege der Bewohnenden festgestellt werden.“
Bei innerbetrieblichen Konfliktsituationen zwischen Beschäftigten und Vorgesetzten sowie zwischen Beschäftigten untereinander gebe es aber nur einen sehr eng begrenzten Handlungsspielraum.
Der Medizinische Dienst konnte beispielsweise bei einer Kontrolle am 9. und 10. November 2021 keine oder nur geringe Qualitätsdefizite feststellen. Überprüft wurden dabei stichprobenartig je nach Kategorie bis zu neun Bewohner:innen. Die Einrichtung bietet im stationären Bereich bis zu 132 Personen Platz.
Auch der Träger der Einrichtung, das Unternehmen Korian, nimmt auf FR-Nachfrage Stellung zu den Vorwürfen. Es habe zum größten Bedauern im letzten Jahr Defizite im Bettinahof gegeben. Die hohen internen Standards seien nicht umgesetzt worden. Man habe mit den Behörden einen umfangreichen Maßnahmenplan erstellt und kontinuierlich abgearbeitet. Bei zwei Kontrollen in diesem Jahr habe es keine Mängel mehr gegeben.
Man stelle zudem hochwertiges Inkontinenzmaterial zur Verfügung, das einer sachgerechten Anwendung bedürfe. Diese werde durch regelmäßige Schulungen sichergestellt. Eine Reglementierung des Materials gebe es nicht.
Die Dienstpläne seien vier Wochen im Voraus fertiggestellt und es brauche je Schicht eine bestimmte Anzahl an Mitarbeitenden im Einsatz. Komme es zu kurzfristigen Krankmeldungen „müssen wir leider Mitarbeiter:innen bitten, auf ihren freien Tag zu verzichten“. Der Tag werde gutgeschrieben und könne später genommen werden.