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Amtsgericht Frankfurt: Unfallflucht mit Bus, ohne Führerschein

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Von: Oliver Teutsch

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Amtsgericht verhandelt Fall mit schwierigem „Spannungsfeld“. 56-Jähriger reiste aus Serbien als Tourist ein, um für die DB Regio zu arbeiten. Strafbefehl nicht akzeptiert.

Die Aktenlage ist eindeutig. Mihalj S. touchierte mit seinem Linienbus am 17. Februar 2022 im Sossenheimer Weg ein geparktes Fahrzeug und fuhr einfach weiter. Die Reparatur des Autos kostete 3100 Euro. Dazu war S. ohne einen für Deutschland gültigen Führerschein unterwegs und das nicht zum ersten Mal. Bereits im November 2021 fuhr der 56-Jährige ohne gültigen Führerschein als Busfahrer auf Frankfurts Straßen und bekam wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis eine Geldstrafe aufgebrummt. Den nun ergangenen Strafbefehl in Höhe von 2600 Euro wegen Unfallflucht und Fahren ohne Fahrerlaubnis wollte S. aber nicht zahlen, weswegen sich am Freitag das Amtsgericht mit der Sache befassen musste.

Die Verteidigung bringt zunächst mal die Fakten jenseits der Ermittlungsakten vor. Den Unfall habe sein Mandant nicht bemerkt, das sei ja „auch kein Achsbruch gewesen“. Von dem Unfall habe er erst etwas mitbekommen, als ihm sein Arbeitgeber, die DB Regio, zwei Wochen später einen Bericht vorlegte, den er unterschreiben sollte. Der deutschen Sprache ist S. nicht mächtig, er unterschrieb einfach, weil er keinen Ärger mit seinem Arbeitgeber bekommen wollte.

Was die Sache mit dem Führerschein angeht, legt der Verteidiger die Karten auf den Tisch. S. sei im Juli 2021 als Tourist mit einem Schengen-Visum aus seinem Heimatland Serbien eingereist, um hier zu arbeiten. „Das machen alle Balkanesen so“, berichtet der Verteidiger. Da Personal fürs Busfahren hierzulande händeringend gesucht wird, stellte ihn die DB Regio im August 2021 nur allzu gerne ein, auch ohne deutschen Führerschein. Den kann S. nämlich frühestens erhalten, wenn er 180 Tage am Stück in Deutschland weilt. Das Problem: Mit dem Schengen-Visum darf er nur 90 Tage in Deutschland bleiben. Dann muss er wieder aus- und einreisen. Nun hat der 56-Jährige nicht nur keinen deutschen Führerschein, sondern auch keinen Job und kein Geld, sondern lediglich eine Tochter, die hier lebt und ihn unterstützt.

Die Amtsanwaltschaft zeigt sich gnädig. Dieses „Spannungsfeld“ sei aus den Akten nicht ersichtlich gewesen und an dem Auto seien ja eigentlich nur Schleifspuren entstanden, deren Schaden die Polizei vor Ort zunächst mit nur 600 Euro taxiert hatte. Es könne schon sein, dass S. den Unfall nicht bemerkt habe. Die Amtsanwaltschaft regt an das Verfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Da der Angeklagte derzeit mittellos ist, wird auch darauf verzichtet, das Gericht stimmt zu. Wie es mit Mihalj S. nun jenseits der Strafakten weitergeht, muss die Ausländerbehörde in Gelnhausen entscheiden.

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