Geschichte erlebbar machen

Die Stadt will das Gebiet an der Staufenmauer aufwerten. Dabei soll auch an die einstige Hauptsynagoge der jüdischen Gemeinde erinnert werden, die bis zur Zerstörung durch die Nazis an der heutigen Kurt-Schumacher-Straße 41 gestanden hat.
Rund um die historische Staufenmauer soll es attraktiver werden. Die Stadt will die Plätze und Straßen aufwerten – und an die ehemalige jüdische Synagoge erinnern, die unweit der einstigen Stadtmauer bis zur Zerstörung durch die Nazis gestanden hatte. Bereits im Herbst soll mit den Arbeiten begonnen werden, berichtete Petra Kanamüller vom Stadtplanungsamt in der Sitzung des Ortsbeirats 1 (Altstadt, Bahnhofsviertel, Europaviertel, Gallus, Gutleut, Innenstadt) am Dienstagabend.
Mit dem Vorhaben soll die Aufenthaltsqualität verbessert und das Viertel aufgewertet werden, sagte die Stadtplanerin. Zudem will die Kommune dort künftig zwei Themen der Stadtgeschichte „sichtbar und erlebbar machen“. Einerseits die etwa 600 Jahre alten, einzigen Überbleibsel der einstigen Stadtmauer. Anderseits das angrenzende, ehemalige jüdische Viertel mit der Hauptsynagoge, die im Zweiten Weltkrieg zerstört wurden.
Das Gesamtprojekt umfasst mehrere zur Zeil führende Straßen wie die nördliche Fahrgasse, sagt Kanamüller. Dort sei zunächst das Amt für Straßenbau und Erschließung am Zug. Ziel sei, das Vorhaben 2025 baulich zu realisieren. Vorab seien bereits Übergangslösungen vorgesehen, die im Herbst umgesetzt werden könnten. So soll der nördliche Platz an der Staufenmauer / Ecke Fahrgasse komplett entsiegelt und mit einer Blühwiese bepflanzt werden. In der Mitte der Fläche ist eine Sitzgruppe vorgesehen. Strahler im Boden sollen die Mauer beleuchten.
Der Zaun um den kleinen Platz bleibe bestehen, sagt Kanamüller. Zugänglich sein werde das Areal nur tagsüber. Um eine sozialräumliche Kontrolle zu erreichen, sei zudem geplant, dort eine mobile Espressobar aufzustellen, die das Auf- und Abschließen des Geländes übernimmt, „damit sich dort die Kundschaft verändert“, so die Stadtplanerin. „Wir wollen damit dem Bedürfnis der Anwohner Rechnung tragen.“ Derzeit werde die Fläche unter anderem als Toilette missbraucht.

Als kurzfristige „Vorwegmaßnahme“ plane die Stadt zudem, den heruntergekommenen Durchgang von der Straße An der Staufenmauer zur Kurt-Schumacher-Straße aufzuwerten, sagt Kanamüller, um der „besonderen Geschichte dieses Ortes gerecht zu werden“. Denn wo momentan das von der Stadt angemietete Gebäude mit der Hausnummer 41 steht, befand sich bis zur Pogromnacht 1938 die Hauptsynagoge der jüdischen Gemeinde. Derzeit erinnere dort nur eine kleine, schwarze Granittafel daran. Auch sei die Ecke ungepflegt und oft vermüllt.
Der Durchgang soll einen neuen Fußboden erhalten und in hebräischem Blau gestrichen werden, sagt Kanamüller. Bilder von der Synagoge und der Börnestraße sollen chronologisch von der Erbauung 1860 bis zur Zerstörung des Viertels 1944 zum Eingangsbereich an der Staufenmauer hinleiten. Auf der Fassade des Gebäudes Schumacher-Straße 41 will die Stadt die Darstellung eines historischen Stadtplans zeigen, wie das Viertel vor mehr als 150 Jahren ausgesehen hat. Das Wandbild soll der Auftakt für die später umzugestaltende Straße An der Staufenmauer sein und eine visuelle Beziehung zum nahen Museum Judengasse darstellen.
Der kleine, südliche Platz an der Staufenmauer soll nach dem Willen der Stadt nicht öffentlich zugänglich werden. Der Zugang zum angrenzenden Wohnhof bleibe verwehrt, so Kanamüller. Zum Schutz der Anwohnenden, auch sei das Areal für den Tourismus weniger interessant.
Das Gesamtprojekt ist schon älter, erinnerte Kanamüller. Bereits 2010 habe es erste Pläne für den nordlichen Platz gegeben, die die Stadt nicht weiter verfolge. So sei der Bodenbelag nicht mehr klimagerecht, auch seien die vorgesehenen, im Boden eingelassene Vitrinen für archäologische Funde zu kostspielig und „technisch nicht haltbar“. Nicht zuletzt hätte der Maulbeerbaum gefällt werden sollen.
Der Ortsbeirat stimmte der vorgestellten Planung ohne Gegenstimme zu. Die stellvertretende Ortsvorsteherin Petra Thomsen (Grüne) lobte vor allem den historische Ansatz. Zustimmung gab es von der für die Innenstadt zuständigen Kinderbeauftragten Carola Staal. „Vielleicht ändert sich dort dadurch etwas.“ Derzeit seien dort viele Drogenhändler:innen unterwegs, „das ist eine Zumutung für die Kinder“.