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70 Jahre Studierendenhaus in Frankfurt

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Von: Anja Laud

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Blick ins Studierendenhaus. An der Treppe hängt das Bild des KZ-Arztes Josef Mengele, der an der Goethe-Uni promovierte.
Blick ins Studierendenhaus. An der Treppe hängt das Bild des KZ-Arztes Josef Mengele, der an der Goethe-Uni promovierte. © Renate Hoyer

Der Verein „„Offenes Haus der Kulturen“ zeigt eine Ausstellung zur Geschichte des Studierendenhauses in Frankfurt. Eine Podiumsdiskussion befasst sich mit der Zukunft des Hauses.

Als eine „Zelle“ für die akademische Jugend, die „den Geist der realen und tätigen Demokratie praktiziert“, beschrieb der Sozialphilosoph Max Horkheimer in seiner Rede die Bedeutung des Studierendenhauses auf dem Campus Bockenheim, als dieses am 21. Februar 1953 eröffnet wurde. 70 Jahre danach ist dort von Mittwoch, 22., bis Sonntag, 26. Februar, eine Ausstellung zu sehen, die sich mit der Geschichte des Hauses befasst. Es wird aber bei einer Podiumsdiskussion am Eröffnungsabend auch um dessen Zukunft gehen, denn die ist ungewiss.

Wenn die Studierenden der Goethe-Universität ihr neues, noch nicht in Bau befindliches Studierendenhaus auf dem Campus Westend bezogen haben, soll aus dem Studierendenhaus an der Mertonstraße als Teil des geplanten Kulturcampus ein „Offenes Haus der Kulturen“ werden. Dafür engagiert sich seit Jahren ein gleichnamiger Verein, der mit der Stadt über die Nutzung des seit 2000 unter Denkmalschutz stehenden Gebäudes verhandelt. Die Mitglieder haben ein Nutzungskonzept erarbeitet, das vorsieht, dass der Verein es in Erbpacht übernimmt und auf eigene Kosten saniert. Ein entsprechender Letter of Intent, also eine Absichtserklärung, liege der Stadt vor, sagt Tim Schuster, Geschäftsführer des Vereins. Noch habe die Stadt nicht entschieden.

Seit fast 15 Jahren engagiert sich Schuster dafür, dass das Studierendenhaus als ein selbstverwaltetes sozio-kulturelles Zentrum zu einem Labor für die Zukunft wird. Zusammen mit Cordula Kähler, ebenfalls Mitglied im „Offenen Haus der Kulturen“, sowie Emma Scholz vom Vorstandskollektiv des Allgemeinen Studierendenausschusses (Asta) und David Höhnerbach, Asta-Referent für politische Bildung, hat er die Ausstellung kuratiert. Alle sehen die Entwicklung des Studierendenhauses zu einem „Offenen Haus“ in direkter Linie zu seiner Vergangenheit und als Notwendigkeit an. In Zeiten wie diesen, in denen die Demokratie vielerorts in einer Krise sei, habe deren Pflege eine besondere Dringlichkeit, sagt Cordula Kähler.

Programm

Die Ausstellung zum 70-jährigen Bestehen des Studierendenhauses, Mertonstraße 26, auf dem Campus Bockenheim wird am Mittwoch. 22. Februar, um 18 Uhr eröffnet. Sie ist bis Sonntag, 26. Februar, zu sehen.

Die Podiumsdiskussion „Ein, zwei, viele Häuser der Demokratie für Frankfurt“ zur Zukunft des Studierendenhauses beginnt am Mittwoch, 22. Februar, um 20 Uhr im dort befindlichen Café KoZ. Es diskutieren unter anderem Stephan Lessenich vom Institut für Sozialforschung und der Filmemacher Malte Rauch.

Wer sich für die Arbeit des Offenen Hauses interessiert, an jedem letzten Sonntag des Monats gibt es um 16 Uhr im Café KoZ ein offenes Treffen. Das nächste ist am 26. Februar. lad

www.ohdk.de

Als das Studierendenhaus vor 70 Jahren öffnete, hoffte Horkheimer als damaliger Rektor der Goethe-Universität, dass sich dessen Wirkung „weithin“ und auf die ganze Universität erstrecken werde. Im Stil der Neuen Sachlichkeit erbaut, sollte es im Zuge der Redemokratisierung der Hochschule nach dem Nationalsozialismus als Wohnheim sowie mit Musik-, Lese- und Sitzungszimmer, einem Bühnensaal und Mensaräumen der „Neugestaltung des studentischen Gemeinschaftslebens“ dienen.

Bei der Recherche für eine Publikation, die anlässlich des 70-jährigen Jahrestags der Grundsteinlegung am 25. Mai 1951 für das Studierendenhaus erschien, stießen Schuster und seiner Mitstreiter:innen in den Archiven der Stadt und der Universität auf bisher unbekannte Bilder und Dokumente, die in der Ausstellung zu sehen sein werden. Daneben können die Besucher:innen in einer Audioinstallation der Künstlergruppe „profikollektion“ an Hörstationen den Stimmen von Zeitzeug:innen aus sieben Jahrzehnten lauschen, die von ihrer Studienzeit und ihren Erlebnissen im Studierendenhaus berichteten, darunter Prominente wie Carlheinz Braun, der zeitweise den Theaterverlag Suhrkamp und als Geschäftsführender Direktor das Schauspiel Frankfurt leitete.

Für die Podiumsdiskussion, die sich mit der Weiterentwicklung des Studierendenhauses zu einem, wie Horkheimer es formulierte, Ort der „realen und tätigen Demokratie“ beschäftigt, konnte das Kurator:innenteam Stephan Lessenich gewinnen, Direktor des Instituts für Sozialforschung, das einst Horkheimer leitete. Auch der Filmemacher Malte Rauch wird mit auf dem Podium sitzen, das unter anderem auch mit Vertreter:innen des Asta und des „Offenen Hauses“ besetzt sein wird. Rauch schrieb in den 1950er-Jahren im Studierendenhaus für die Studentenzeitung „Diskus“.

Das Kurator:innen-Team bei der Arbeit (v.l.)_ Emma Scholz, Corduka Kähler, David Höhnerbach und Tim Schuster.
Das Kurator:innen-Team bei der Arbeit (v.l.)_ Emma Scholz, Corduka Kähler, David Höhnerbach und Tim Schuster. © Renate Hoyer

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