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2400 Teilnehmer beim March for Science

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Von: Friederike Tinnappel

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Dark Energy not Dark Ages (Lieber Dunkle Materie als Finstere Zeiten) steht auf einem Plakat  beim sogenannten Science March ("Marsch der Wissenschaft") in Frankfurt.
Dark Energy not Dark Ages (Lieber Dunkle Materie als Finstere Zeiten) steht auf einem Plakat beim sogenannten Science March ("Marsch der Wissenschaft") in Frankfurt. © Boris Roessler (dpa)

Beim "March for Science" demonstrieren in Frankfurt zahlreiche Menschen für die freie Forschung und gegen das Leugnen wissenschaftlicher Fakten.

Janine Bosle und ihr Mann Werner sind aus Mainz zum March for Science nach Frankfurt gekommen. Die zweijährige Tochter Elise schlummert in ihrem Kinderwagen. Sie wird vornehmlich vom Vater betreut. „Ich bin der Hausmann“, sagt der 36-jährige Geowissenschaftler selbstbewusst. Seine Frau ist promovierte Chemikerin. Ganz pragmatisch hat das Paar „auf die Fakten“ geguckt und sich nicht an der traditionellen Rollenverteilung orientiert. Janine Bosle bringt mehr Geld nach Haus, also ist sie es, die weiter zur Arbeit geht.

Um die Fakten geht es an diesem Nachmittag immer wieder, etwa beim Klimawandel, den der Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika, Donald Trump, für eine Erfindung hält. „Er wird damit scheitern“, sagt Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD), der gegen 13 Uhr als erster Redner an der Bockenheimer Warte spricht. 2400 Wissenschaftler und Nicht-Wissenschaftler werden sich nach Angaben der Polizei an diesem ersten March for Science beteiligen. „Dass die Wissenschaft auf der Straße ihr Gesicht zeigt, das hat lange gefehlt“, sagt Feldmann.

Auch Birgitta Wolff, die Präsidentin der Goethe-Universität, räumt ein, dass „das Auf-die-Straße-Gehen“ eigentlich nicht zum „großen Methodenrepertoire“ der Wissenschaft gehört. Aber: „Wir sorgen uns um die Freiheit der Wissenschaft und die Freiheit von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen.“ Wolff nennt Beispiele aus Ungarn und der Türkei. Die Freiheit von Bildung und Wissenschaft sei eine Voraussetzung für eine „zukunftsfähige, offene und demokratische Gesellschaft“.

Schlag auf Schlag folgen ähnliche Bekenntnisse: Es gehe nicht nur um die Freiheit der Wissenschaft, sondern um „die Freiheit unserer Gesellschaft“, so der Präsident der Hochschule für angewandte Wissenschaft, Frank Dievernich. „Was heute hier passiert, ist sehr anwendungsorientiert.“

Der Präsident der Uni Gießen, Joybrato Mukherjee, erinnert an die „international vernetzte Wissenschaftsgemeinschaft“. Ohne den Austausch kluger Köpfe „sind wir verloren“. Geradezu poetisch appelliert Mukherjee dafür, den „Sonnenschein der Freiheit“ für den „Baum der wissenschaftlichen Erkenntnis“ zu sichern.

Bevor auf dem Römerberg ein zweiter Block mit Redebeiträgen folgen wird, beginnt mit dem eigentlichen „March“ die „vorlesungsfreie“ Zeit: Eine Mädchengruppe in vorderster Front brüllt sich die Seele aus dem Leib: „We want facts, nothing else.“ Insgesamt ist es eine eindrucksvolle Demonstration der internationalen akademischen Community, die über die Bockenheimer Landstraße durch die Innenstadt zum Römer zieht.

Viele Teilnehmer haben ihre Kinder mitgebracht, auch ältere Menschen sind dabei. „Der Enkel und der Opa wollen Frieden in Europa“, steht auf einem Plakat, „Science, not Silence“ auf einem anderen. Auch die Polizei lässt sich vom Schwung der Demonstranten mitreißen. Ganz kurz bevor es von der Braubachstraße rechts zum Römerberg geht, fordert ein Beamter die Mädchengruppe auf, noch einmal richtig laut zu werden, und so geht es mit Gebrüll auf den Römerberg.

Dort kommen erneut die Wissenschaftler zu Wort, etwa die Dekanin des Fachbereichs Physik der Gutenberg-Universität in Mainz, Concettina Sfienti, die selbstironisch meint, dass Wissenschaftler eigentlich lieber E-Mails lesen würden, als vor einem breiten Publikum zu sprechen. Dabei lautet die immer wieder angeführte Erkenntnis des Tages: Die Wissenschaftler müssen mehr raus, sich einmischen und ihre Arbeit erklären, damit dem Post- und Parafaktischen die Grundlage entzogen wird.

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