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Das joviale Menschgerät

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Von: Stefan Brändle

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"Ich bin ein exzellenter Tänzer", behauptet Empfangs-Roboter "Pepper" im Bahnhofsgebäude von Nort-sur-Erdre.
"Ich bin ein exzellenter Tänzer", behauptet Empfangs-Roboter "Pepper" im Bahnhofsgebäude von Nort-sur-Erdre. © afp

An französischen Bahnhöfen werden Reisende von Roboter "Pepper" empfangen.

„Bonjour“, sagt Pepper, der Roboter, „was hättest du gerne?“ Die junge Frau, die in das kleine Bahnhofgebäude von Nort-sur-Erdre (Westfrankreich) getreten ist, wundert sich zuerst, doch schließlich will sie eine Auskunft. Folgsam antwortet sie, sie suche den besten Zug nach Sables d’Olonne. Das weiße, hüfthohe und sehr mobile Ding in Menschenform blinzelt kurz mit seinen großen Augen, zeigt dann auf sein vorgeschnalltes Tablet und erklärt: „Hier kannst du dich erkundigen.“

Pepper ist das neuste Produkt der französischen Firma Aldebaran, die sich außerhalb von Paris auf die Entwicklung von „humanoiden“, also menschenähnlichen Robotern spezialisiert hat. Diese Geräte, die sich auf Rollen fortbewegen, aber menschliche Kopf- und Armbewegungen vornehmen können, sind zur menschlichen Interaktion fähig und können nicht nur auf Sachfragen antworten, sondern auch auf Emotionen des Gegenübers reagieren. Dazu sind sie mit zwei Computern, einem Dutzend Kameras und 150 Sensoren ausgerüstet.

Der japanische Telekombetreiber Softbank, Mehrheitseigner von Aldebaran, setzt Pepper bereits in seinen Empfangsräumen ein, um eintretende Kunden anzuleiten oder ihre Wartezeit zu verkürzen. Im Herkunftsland Frankreich verwendet die Staatsbahn SNCF mehrere dieser 1500 Euro teuren Roboter in Regionalbahnhöfen. Die Reaktionen sind durchweg positiv – zuerst verdutzt, spielen die Kunden meist mit und finden Pepper schließlich sogar „sympathisch“. Eben irgendwie ein wenig human.

Seit März empfängt der Autohersteller Renault Kunden mehrerer Verkaufsstellen mittels Pepper. „Wie geht es dir?“, fragt das joviale Menschengerät, und sogar wenn der typische Pariser Nörgler nur schnöde „schlecht!“ entgegnet, weiß der Roboter Antwort. „Dann werde ich mal deine Stimmung aufbessern“, sagt er, ohne mit der Wimper zu zucken. „Willst du mal eine Kostprobe meiner Talente? Ich bin ein exzellenter Tänzer.“

Bruno Maisonnier, der Vorsteher von Aldebaran, schätzt das Potenzial von Pepper-Käufern langfristig auf „Millionen“. Der Einsatz an Empfangsorten sei nur der Anfang. Geprobt werde auch der Austausch mit autistischen Kindern oder mit Alzheimer-Patienten. So werde Pepper bald in Spielzentren oder Altersheimen zum Einsatz kommen.

Denn dieses „Plastikding“, so Maisonnier, werde bald geeignet sein, über einfache menschliche Regungen hinaus mit Menschen in eine verbale Interaktion zu treten und längere Gespräche zu führen. Heute noch muss er nach 90 Minuten die Segel streichen – aber nicht, weil er dann die Nerven verliert, sondern wegen seiner limitierten Batterieautonomie.

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