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Zwischen Kult und Kapital

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Von: Daniel Schmitt

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Zählt zu den Stützen Unions: Spielmacher Max Kruse (rechts).
Zählt zu den Stützen Unions: Spielmacher Max Kruse (rechts). © dpa

Eintracht-Gegner Union Berlin spielt auch im dritten Bundesligajahr wieder eine gute Rolle.

Der 1. FC Union Berlin boomt. Selbst die Marketingfachleute der Hauptstadt haben das erkannt und titelten jüngst vor dem Berliner Derby im Stadtportal: „Köpenicker Kult gegen Herthaner Kluft – die Eisernen genießen Kultstatus.“ Zählte der FC Union vor fünf Jahren 14 000 Mitglieder, hat er mittlerweile die Alte Dame aus dem Westen, die Hertha, überflügelt. 39 517 (Stand September) zu 38 407 Mitglieder (Stand November). Klare Sache also, die Kicker aus Berlins Osten sind en vogue.

Doch warum überhaupt? Natürlich, erstens, weil sie sportlich überzeugen. Auch am Donnerstag reichte es für das Team von Trainer Urs Fischer in der Conference League zu einem 1:0-Sieg in Haifa, das Weiterkommen ist noch drin, im Grunde geht es seit Jahren nur bergauf. Ligafünfter sind die Berliner vor dem Spiel am Sonntag (15.30 Uhr/Dazn) bei Eintracht Frankfurt. Die Mannschaft um die Top-Angreifer Max Kruse und Taiwo Awoniyi (ehemals Mainz 05 und FSV Frankfurt) sowie die Ex-Frankfurter Bastian Oczipka und Frederik Rönnow (meist nur Ersatz) spielt einen aggressiven, offensichtlich erfolgreichen Arbeiterfußball.

Zweitens, und ist noch höher anzusiedeln in der Trend-Skala, schafft es der Klub trotz des sportlichen Aufschwungs sein Image des sympathischen, menschennahen Außenseiters aufrechtzuerhalten. Fans, die das Stadion mit eigenen Händen umbauen, die Blut spenden zur finanziellen Rettung, das Weihnachtssingen an der Alten Försterei. Allemal nett und gewiss nicht allerorten im deutschen Profifußball vorzufinden.

Und, drittens, rührt die gute Stimmung auch daher, dass große Teile der Anhängerschaft schlicht akzeptiert haben, dass auch sie ihr Herz einem Profiverein schenken, der nicht wie eine Hobbytruppe geführt werden kann, wo also die Kapitalgewinnung entscheidend ist.

Da wäre der Trikotsponsor, Aroundtown, ein börsennotierter Luxemburger Immobilienkonzern, der im nunmehr dritten Jahr die Brust der Berliner ziert. Aroundtown ist spezialisiert auf Gewerbeimmobilien (darunter auch viele Hotels) und zahlt pro Jahr rund zwei Millionen Euro an den Klub. So weit, so normal. Umstritten ist der Konzern wegen seines schwer durchschaubaren Firmengeflechts mit vielen Ablegern im Steuerparadies auf Zypern.

Kredite ohne Zinsen

Zudem: 6,3 Millionen Euro stellte laut einer „Kicker“-Recherche der Investmentfonds „Quattrex German Opportunities“ zur Verfügung - 2016 und 2017 war das, als die Köpenicker noch in der zweiten Liga kickten. Zurückzuzahlen sei die Summe bis 2026, so das Fußballfachblatt. Einen festen Zinssatz gebe es nicht, stattdessen profitiere der Fonds von den TV-Prämien, die mittlerweile in Liga eins höher ausfallen. Die Quattrex-Sports AG versteht sich auf „wirtschaftliche, finanzielle und sportliche Beratung von Vereinen, Investoren, Sponsoren und anderen Personen und Institutionen im Bereich des Profisports, insbesondere auch die Verstärkung von Spielerkadern durch Bereitstellung finanzieller Mittel.“ Auch der 1. FC Heidenheim, der 1. FC Kaiserslautern und Austria Wien sollen Kredite erhalten haben.

Im Frühjahr 2019 kochte das Thema öffentlich hoch, weil Wolfgang Dietrich, damaliger Präsident des VfB Stuttgart, im Quattrex-Firmengeflecht eine entscheidende Rolle gespielt haben soll und er laut „Kicker“ finanziell von einem Aufstieg der Berliner hätte profitieren können. Die Malaise: In der Relegation zur Bundesliga traf Union ausgerechnet auf den VfB. Dietrich trat wenig später in Stuttgart zurück, die Berliner stiegen auf und sind längst zu einer Marke im deutschen Profifußball geworden: die Kultkicker aus Köpenick.

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