Eintracht Frankfurt: Rätsel um Amin Younes – Was ist mit dem Wirbelwind los?

Der Spielmacher von Eintracht Frankfurt will weg oder mehr Geld – oder doch nicht? Der Eintracht-Profis gibt Rätsel auf.
Frankfurt – Für den Tempodribbler Amin Younes hat die Vorbereitung in Frankfurt jetzt erst so richtig begonnen, nachdem er vorher wegen steter Beschwerden an der Hüfte nur Trockenübungen im Kraftraum absolvieren konnte. Im Testspiel gegen den FC Gießen (6:1) stand er eine Halbzeit lang auf dem Platz, er machte seine Sache nach langer Fußball-Absenz sehr ordentlich, und nach dem 45-Minuten-Auftritt frohlockte Trainer Oliver Glasner: „Amin hat mit seinen Dribblings gezeigt, wie wertvoll er sein kann.“ Aber: Wird er für Eintracht Frankfurt auch wertvoll bleiben?
Wie die Bild-Zeitung berichtet, trägt sich der 27-Jährige mit Wechselabsichten, weil er in Frankfurt nicht genügend Geld verdiene und seine Zukunft ohnehin eher im arabischen Raum sehe, in Dubai etwa. Auch die Verpflichtung des dänischen Kreativspielers Jesper Lindström soll ihm ein Dorn im Auge sein. Eine Unruhe stiftende Meldung, eine merkwürdige Meldung, die so vieles von dem konterkariert, wie sich der Mensch Amin Younes lange Zeit in Frankfurt verhalten und eingebracht hat. Andererseits aber auch nur der Höhepunkt einer rätselhaften Entwicklung, die im April rund um das Spiel bei Borussia Dortmund ihren Anfang nahm.
Eintracht Frankfurt: Die rätselhafte Entwicklung des Amin Younes
Dort ist es in der Halbzeitpause in der Kabine zu einem Eklat gekommen, überliefert ist ein handfester Streit zwischen dem Spieler und Trainer Adi Hütter, auch andere Kollegen sollen involviert gewesen sein. Es kursieren unterschiedliche Versionen des Zwists, da ist einerseits von derben Kraftausdrücken die Rede, andererseits von einer Weigerung weiterzuspielen. So oder so: Seitdem ist nichts mehr, wie es war. Younes spielte kaum noch, ob aus disziplinarischen Gründen oder wegen einer leichten Schambeinentzündung, sei mal dahingestellt.

Der in den Kreis der Nationalmannschaft zurückgekehrte Wirbelwind verpasste deswegen die EM 2021, als jetzt in Frankfurt das Training wieder losging, da bekam man den Deutsch-Libanesen auf dem Platz über Wochen gar nicht zu Gesicht: individuelles Training, Belastungssteuerung. Im Team soll er an Akzeptanz verloren haben.
Eintracht Frankfurt: Younes-Berater widerspricht
Und nun der vorgebliche Wechselwunsch. Dem hat Younes’ Agent Marijo Knez in Windeseile widersprochen. „Im Vordergrund steht, dass wir in einem sehr guten und konstruktiven Austausch mit Eintracht und speziell mit Markus Krösche stehen“, sagte er dem Sportinformationsdienst. „Die Eintracht ist Amins erster Ansprechpartner und erste Option.“ Bis zum kommenden Sommer ist Younes vom SSC Neapel an die Frankfurter ausgeliehen. „Amins Leihvertrag wurde bewusst über zwei Jahre geschlossen. Er fühlt sich in Frankfurt grundsätzlich sehr wohl – nicht nur in der Mannschaft, sondern auch in der Stadt. Er ist topmotiviert und freut sich auf die anstehende Bundesligasaison.“ Kann man glauben, muss man nicht. Der Fall ist kompliziert, kniffliger als man denkt.
Fakt ist, dass Younes im Zuge seines Wechsels nach Frankfurt auf viel Geld verzichtete, in Italien strich er vier Millionen Euro ein, nun die Hälfte. Damit gehört er, der Nationalspieler, bei der Eintracht nur zu den Durchschnittsverdienern. Das sei für ihn aber in Ordnung, betonte er, auch in einem FR-Interview Anfang des Jahres. „Es macht für mich keinen Sinn, woanders viel Geld zu verdienen, dort aber unglücklich zu sein. Deswegen war der Wechsel zur Eintracht vielleicht ein bisschen untypisch in diesem Geschäft, für mich aber nur logisch.“ Was gestern galt, gilt heute offenbar nicht mehr.
Für eine Weiterbeschäftigung in Frankfurt verlangt die Offensivkraft nun mehr Gehalt, was der Verein in Zeiten der Corona-Pandemie mit allen Einschnitten nur schwer stemmen kann. Klar ist auch, dass es beim Thema Kohle nicht nur um Zahlen auf dem Girokonto geht, sondern das Salär in dieser ohnehin verschrobenen Branche auch immer den Stellenwert eines Spielers ausdrückt, also den Grad der Wertschätzung, wenn man so will. Das ist gerade für einen stolzen Spieler wie Younes sehr wichtig.
Kommentar: Eintracht Frankfurt und Fans – Festhalten an Inzidenz ist nicht mehr zeitgemäß
Eintracht Frankfurt würde Amin Younes gerne langfristig binden
Die Eintracht, daraus hatten die Verantwortlichen nie einen Hehl gemacht, würden ihn gerne langfristig binden. Dann müsste sie ihn aber erst einmal aus seinem Kontrakt in Neapel herauskaufen. Dafür ist die Ablöse schon fest taxiert worden, sie beläuft sich auf 2,5 Millionen – und nicht, wie kolportiert, auf drei Millionen. Ein Schnäppchen. Die Eintracht hat, wie Finanzvorstand Oliver Frankenbach kürzlich sagte, aber kein Interesse, diese Option schon jetzt zu aktivieren. „Es macht keinen Sinn, weil uns der Spieler auch dann faktisch erst ab dem 1. Juli 2022 gehören würde.“
Verbrieft ist, dass es zwischen der Younes-Seite und der Sportlichen Leitung der Eintracht Gespräche gegeben hat, in denen der Profi seinen Standpunkt klar dargelegt hat. Es geht nun darum, einen Kompromiss zu finden, mit dem beide Parteien leben können. Vielleicht kann sich die Eintracht ja doch dazu durchringen, das Gehalt in einem vertretbaren Maße aufzustocken, um zu verdeutlichen, dass man Younes´ Leistungen sehr wohl wertschätzt. Und Younes könnte seinen Fokus wieder auf den Sport und keine Nebenschauplätze richten.
Nicht ausgeschlossen, aber eher unwahrscheinlich ist, dass der Spieler den Verein jetzt verlässt. Dann nämlich müsste der Leihvertrag mit Neapel aufgelöst werden, und die günstige Kaufoption wäre hinfällig. Ein Modell, das in dieser Form für die Eintracht gar keinen Sinn ergibt. (Ingo Durstewitz)