1. Startseite
  2. Eintracht

Aaronson und Alidou überzeugen: Zeit, dass sich was dreht

Erstellt:

Von: Thomas Kilchenstein, Ingo Durstewitz

Kommentare

Frechdachs: Techniker Paxten Aaronson.
Frechdachs: Techniker Paxten Aaronson. © IMAGO/Revierfoto

Die Talente Aaronson, Alidou und Ebimbe sorgen für Schwung – aber weshalb haben die Jungprofis nicht vorher mal eine Chance erhalten?

So unbeschwert, wie Paxten Aaronson übers Fußballfeld wuselte, so unbeschwert gab er sich auch nach seinem ersten richtigen Bundesligaeinsatz in der Mixed Zone. Von Sebastian Rode und Mario Götze schwärmte der Eintracht-Zugang, erfahrenen Spielern eben, die ihm bei der Integration in Frankfurt geholfen haben. Trainer Oliver Glasner habe ihn stets unterstützt, ihn weiterentwickelt, „er ist fantastisch“. Auch Jesper Lindström und Christopher Lenz haben großen Anteil an seinem gut austarierten Wohlfühlpegel. „Sie haben mich immer mitgenommen, als ich am Anfang noch kein Auto hatte. Sie waren meine Uber-Fahrer“, erzählt der 19-Jährige lachend.

Es wäre maßlos übertrieben zu behaupten, dass Paxten Aaronson das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach (1:1) im Alleingang gedreht hätte, das ist Unsinn, aber der jungen Bursche, so etwas wie der Prototyp eines sogenannten US-Boys, hat nach seiner Einwechslung nach 55 Minuten frischen Wind gebracht und für Belebung gesorgt.

Gleich mit seiner ersten Aktion ließ er sein Können aufblitzen, da leitete er den Ball technisch hochwertig zu Aurelio Buta weiter, später holte er noch einen Freistoß in guter Position heraus, der traditionellerweise kläglich vergeben wurde. Aaronson war gut drin, beweglich, agil, alles andere als ein Fremdkörper. „Es war eine gute Erfahrung, ich bin glücklich, einige Minuten bekommen zu haben“, sagte der Mittelfeldmann. „Ich denke, ich habe ein anständiges Spiel gemacht.“ So sieht’s aus.

Neben Aaronson waren auch Eric Dina Ebimbe und später Faride Alidou in die zerfahrene Begegnung eingewechselt worden, und auch sie machten das sehr manierlich. Ebimbe durfte seine Qualitäten ja schon vor seiner schweren Syndesmosebandverletzung zeigen, da weiß man, welch Potenzial er in sich trägt. Und der schnelle Alidou, der erst nach 77 Minuten aufs Feld durfte, war es, der den späten Ausgleich durch Randal Kolo Muanis 13. Saisontor mit einer gut getimten Flanke vorbereitete. „Sie haben neuen Schwung gebracht und uns auch den Glauben zurückgegeben“, urteilte Torwart Kevin Trapp.

In Nibelungentreue zu Borré

Die Frage, die sich viele in Frankfurt nicht erst seit Samstag stellen: Weshalb eigentlich bekommen Akteure wie Aaronson, Alidou, aber zuletzt auch Ansgar Knauff so wenig Spielzeit und Bewährungschancen? Klar, es gibt gute Gründe an etwas festzuhalten, wenn es sich bewährt hat und es weiterhin gut läuft. Nahezu grotesk wird es aber, wenn man an etwas festhält, nur weil es mal geklappt hat und man nun einfach darauf hofft, dass es sich schon wieder irgendwie richten und dann wieder alles von alleine laufen wird.

Natürlich ist Trainer Glasner eine absolute Fachkraft, die seine Spieler fast jeden Tag im Training sieht. Und warum sollte er jemanden nicht aufstellen, von dem er glaubt, mit ihm erfolgreicher zu sein? Trotzdem verwundert die Nibelungentreue in einen Spieler wie Rafael Borré, dem der Coach zwar in Dankbarkeit verbunden ist, weil der Angreifer entscheidenden Anteil am Europa-League-Triumph hat. Doch der Kolumbianer bringt zurzeit einfach zu wenig (Gegen-)Leistung, er ist in dieser Verfassung keine Hilfe, sondern eine Belastung fürs Team. Zudem trägt er sich mit Abwanderungsgedanken im Sommer.

Da ist Daichi Kamada, der elegante Freigeist im Mittelfeld, schon einen Schritt weiter. Der Japaner wird den Verein nach dieser Spielzeit verlassen, was nichts Verwerfliches ist. Dummerweise aber ist der 26-Jährigen seit Monaten in einem tiefen Loch und findet auch keinen Ausweg mehr, er ist ein Schatten seiner selbst. Er wirkt beladen und schwer, von der Genialität ist nichts mehr zu sehen, sie ist irgendwo erdrückt worden. Von daher macht es für den Trainer gar keinen Sinn, auf Spieler zu setzen, die ihre Verdienste, aber – aus welchen Gründen auch immer – keine Form haben und auch keine Zukunft mehr in Frankfurt. Dann lieber auf hungrige, willige Profis bauen, die sich beweisen und zeigen wollen. Spieler, die auch im neuen Jahr da sind und die Zukunft mitgestalten sollen. Aaronson, zur Erinnerung, haben sich die Frankfurter vier Millionen Euro kosten lassen. Zeit, dass sich was dreht.

Einige Spieler aus dem zweiten Glied hätten schon früher eine Chance verdient gehabt, vielleicht nicht alle auf einmal und auch nicht in jedem Spiel, aber unglücklicher als manch Stammspieler hätten auch sie kaum agieren können.

Coach Glasner lobte seine Einwechselspieler, für Belebung hätten sie allemal gesorgt. Aber der Fußballlehrer relativiert. Aaronson etwa habe selbst in der US-amerikanischen Liga MLS nur „400 Minuten gespielt“. Er sei ein „toller, phantastischer Junge, hochtalentiert“, aber müsse sich eben an die Bundesliga auch gewöhnen. Er, Glasner, stelle nicht nach dem Alter oder der Vertragssituation auf, sondern ausschließlich nach Leistung. „Wenn ich der Meinung bin, sie helfen dem Team, dann bringe ich sie.“ Das dauert bei dem einen offenbar länger als bei dem anderen.

Vorbereiter: Flügelspieler Faride Alidou.
Vorbereiter: Flügelspieler Faride Alidou. © IMAGO/Schüler

Auch interessant

Kommentare