Eintracht-Defensive: überfordert, undicht, hilflos

Die Abwehr von Eintracht Frankfurt hält auch in Dortmund ihre miese Form - so wird es mit einem Sieg auch künftig schwer.
Man stelle sich mal vor, Kevin Trapp sei ein durchschnittlicher Torwart, vielleicht sogar ein schlechter, was wäre bloß los bei Eintracht Frankfurt? Dann würden die Schüsse und Kopfbälle der gegnerischen Spieler wohl reihenweise im Kasten der Hessen landen, Woche für Woche, hinten würde man nie zu Null spielen, nicht mal eine Halbzeit lang. Das wäre nicht gut aus Eintracht-Sicht, so alles in allem.
Nun ist die Wahrheit ja, dass Kevin Trapp ein ausgesprochen guter Keeper ist, einer über dem Schnitt, Nationaltorsteher, und er einiges pariert, was andere Ballfänger nicht parieren würden. Bloß: All das passiert dennoch. Ohne Gegentor blieb der Trapper, wie er gerufen wird, in der aktuellen Bundesligarunde nach 29 Begegnungen nur fünfmal, in 2023 schaffte er es zweimal, irgendwann im Februar, lange her.
Das Erstaunlichste obendrein: Laut offizieller Statistik der Liga kommt der 32-Jährige zudem nur auf 70 Paraden (welche auch immer gewertet werden), das ist ligaweit der schlechteste Wert für einen Stammkeeper. Es ist folglich also abzuleiten, dass die Gegner, etwa Borussia Dortmund beim 4:0-Heimsieg, sich gar nicht richtig anstrengen müssen, um Bälle über die Linie zu befördern. Oft, ach was, sehr oft, stehen sie so frei vor Trapp, dass dieser sich recken und strecken kann, wie er will, und dennoch chancenlos ist.
Ein ekliger Typ fehlt
Vier Torchancen hatte der BVB am Samstag in Abschnitt eins, dreimal traf er mühelos, weil die Spieler blank standen, ungedeckt waren, vor dem Frankfurter Kasten. Die Gegentorflut also liegt ganz grundsätzlich sicher nicht an Trapp, zumindest meistens, sondern an dessen Vorderleuten, die seit Wochen ernüchternde Leistungen zeigen. In Dortmund probierte es Eintracht-Trainer Oliver Glasner mit der Dreierabwehr Tuta, Makoto Hasebe und Christopher Lenz, weil er aufgrund der Verletzungen von Hrovje Smolcic, Evan Ndicka und Kristijan Jakic sowie eines fehlenden Wintereinkaufs sonst kaum mehr Alternativen hatte. Eine Abwehrbesetzung, die schon vorher zum Scheitern verurteilt war. Später kam noch U-21-Kapitän Dario Gebuhr, 19 Jahre alt und erst seit zehn Tagen im Training bei den Profis, zu seinem Bundesligadebüt.
Beim ersten Gegentor ließ sich Lenz austanzen, beim zweiten verloren Hasebe und Tuta Kopfballduelle, beim dritten und vierten ging gefühlt gar kein Abwehrmann mehr kernig in die Zweikämpfe. Überhaupt: So einen für die Gegner richtig ekligen Beißer in der hinterste Reihe hat die Eintracht ohnehin nicht im Kader, einen, der Stürmer (und auch sich selbst) nicht schont. Dieser allerletzte Biss geht den Hessen bereits die ganze Saison ab. David Abraham war früher so ein Profi, danach Martin Hinteregger, auch Stefan Ilsanker, freilich er auf einem schlechteren Niveau. Dass gefühlt jeder gegnerische Torversuch auch ein Treffer ist, sei „ernüchternd“ und „zermürbend“ für das Team, sagt Coach Glasner, der aber natürlich weiß: „Wir pfeifen in der Defensive aus dem letzten Loch. Und wir kriegen die Tore zu einfach.“ Seit Wochen.
Hoffen auf Kevin Trapp
Chris Lenz baute in Dortmund auf ungewohnter Position die erwartbaren Stellungsfehler ein, war zudem im direkten Duell überfordert (66 Prozent verlorene Zweikämpfe), Tuta reihte die nächste Nicht-Leistung an jene der Vorwochen, auch Makoto Hasebe bräuchte dringend eine Pause, wirkt überspielt.
Doch was kann Glasner tun? Er könnte versuchen bis zum Pokalhalbfinale Almamy Touré fit zu bekommen für die Startelf, der freilich auch kein Garant für totale Sicherheit ist, er hat sich ja nicht umsonst den Beinamen Bruder Leichtfuß erspielt. Vielleicht kommt Evan Ndicka aus seiner Verletzung zurück, was bei Glasners jüngsten Ausführungen eher nicht danach klang. Auch könnte der Trainer es erneut mit einer Viererreihe probieren, um einen anderen Akzent zu setzen. Doch auch hierfür fehlt ihm zum einen das taugliche Personal in der Innenabwehr und zum anderen führte ein derartiger Systemwechsel in der Vergangenheit nie zu nachhaltiger Stabilität.
Kurzum: Oliver Glasner bleibt nicht allzu viel, außer vielleicht der Hoffnung auf einen Sahnetag seines Torwarts Kevin Trapp. Oder sogar deren zwei. Am besten im DFB-Pokal.