Der Frankfurter Stürmer hätte diese einseitige Partie im Alleingang entscheiden können, keine Frage. Manchmal war dann tatsächlich auch ein bisschen Pech dabei, nach 66 Spielminuten etwa, als der Bochumer Konstantinos Stafylidis den Kopfball des Kolumbianers am langen Pfosten gerade noch vor der Torlinie klärte. Nicht jede Mannschaft beordert bei gegnerischen Ecken einen Abwehrmann auf diesen Posten. Häufiger aber war eben auch ein gewisses Unvermögen im Spiel, eine ausgewachsene Torschusspanik, die sich angestaut hat bei Rafa Borré hinweg über diese für ihn schlechte Saison. Doch es war ja nicht der 27-Jährige alleine, dem gegen Bochum das Knipser-Gen abging.
19 zu sieben Torschüsse für die Eintracht, 15 zu zwei Ecken. Der Ertrag: maximal minimal. Bittere Statistiken. „Im Herbst waren wir noch die effizienteste Mannschaft der Liga“, begann der Eintracht-Trainer Oliver Glasner seinen Satz und ließ ihn ins vielsagende Nichts verlaufen. Mittlerweile ist seine Truppe - mit Ausnahme des überragenden Randal Kolo Muani - das genaue Gegenteil davon. Schon vor Wochenfrist bei Union Berlin ließen die Hessen eine Menge Machbares vor des Gegners Kasten liegen. „Das ist manchmal auch leider eine Phase“, sagte der Frankfurter Sportvorstand Markus Krösche.
Eine blöde Phase? Einfach ein bisschen Pech? Oder etwa fehlende Qualität? „Das ist dann vielleicht so, ja“, antwortete Sebastian Rode, nachdem er über diesen Satz zwei, drei Sekunden nachgedacht hatte. Großer Aufwand führe nicht zu großem Erfolg, „das ist frustrierend.“ In manchen Situationen habe die Gier gefehlt.
Der Eintracht-Kapitän ging noch ein Stückchen tiefer in die Analyse - und traf eines der aktuellen Probleme auf den Punkt. „Kolo kann ja auch nicht jedes Spiel zwei, drei Tore schießen. Wir müssen diese Last auf mehrere Schultern verteilen.“ Es fehle ein zweiter oder dritter Mann neben dem überragenden Franzosen, „der auch mal zehn, zwölf Tore erzielt, um uns im oberen Drittel der Tabelle zu halten“, so Rode.
In der Frankfurter Startelf war Rode selbst derjenige, der mit seinen vier Ligatoren der zweitbeste Schütze nach Kolo Muani ist. Jener Mittelfeldspieler also, zu dessen Stärken der stramme Torabschluss gewiss nicht zählt. Die weiteren Offensivkräfte: Mario Götze, zwei Treffer. Rafael Borré, ebenfalls zwei. Der eingewechselte Lucas Alario, ein Törchen. Magere Ausbeuten.
Da Jesper Lindström seit vier Pflichtpartien verletzt fehlt, und dies auch noch eine Weile der Fall sein wird, sowie Daichi Kamada in einem tiefen Formtief steckt, sind der Eintracht die Nicht-Kolo-Muani-Option flöten gegangen. Der „Kicker“ titelte bereits Anfang März „Kolo Muani - nix dahinter“, was damals noch als etwas vorschnell abgetan werden konnte, seitdem aber von der Eintracht-Offensive nicht widerlegt wurde. Klar, es fehlt nicht besonders viel zum Platzen des berühmten Knotens, aber doch momentan immer ein entscheidendes Stück.
Zumal die Eintracht, auch das sollte festgehalten werden, gegen Bochum nicht im Minutentakt hundertprozentige Chancen vergab. Die Frankfurter liefen nicht ständig frei auf Manuel Riemann zu, auch musste der VfL-Keeper zur Verhinderung weitere Gegentreffer nicht reihenweise Weltklasseparaden auspacken, ein solides Torwartspiel reichte ihm.
Borré vergab nach acht Minuten mal aus bester Position kläglich (Glasner: „Er ist nicht vom Glück verfolgt“), Kolo Muani, der seinen zwölften Saisontreffer vom Elfmeterpunkt erzielte, in Hälfte zwei mit dem Außenrist aus recht spitzem Winkel. Später Borré noch mal - wie anfangs notiert - per Kopf. Ansonsten aber wurden die Schüsse oft von der vielbeinigen Bochumer Abwehr geblockt, gingen drüber, vorbei. Viele aussichtsreiche Angriffe verpufften beim fehlerhaften letzten Passes.
Oliver Glasner freilich hob an diesem Tage des siebten Sieglosspiels in Serie lieber das Positive hervor. Er, der Trainer, fand nicht zu Unrecht: „In 2023 war das fußballerisch unsere beste Leistung.“ Und: „Ich mache mir keine Sorgen. Wir sind auf dem richtigen Weg mit unserem Offensivspiel.“ Wenn da nur das mit der fehlenden Gier und Qualität nicht wäre.