Talent ja, Erfahrung nein

Die Frankfurter Zugänge Evan Obite N?Dicka von AJ Auxerre und Lucas Torro von CA Osasuna sind bisher nur zweitligaerprobt.
Robustheit, Schnelligkeit, Talent, dazu lange Verträge – Attribute, auf die Eintracht Frankfurt bei ihren Zugängen zu achten scheint. Die zwei neuesten Neuzugänge, Innenverteidiger Evan Obite N’Dicka von AJ Auxerre aus Frankreich und Mittelfeldmann Lucas Torro von CA Osasuna aus Spanien, passen genau ins Transfermuster des deutsche Pokalsiegers, entwicklungsfähige, in Deutschland unbekannte Spieler für kleines Geld zu holen.
N’Dicka, 1,92 Meter großer Innenverteidiger, 18 Jahre alt, wurde in Paris geboren, wechselte aber schon mit 13 Jahren auf das für seinen guten Ruf bekannte Jugendinternat nach Auxerre – auch Eintracht-Stürmer Sebastien Haller schaffte dort den Sprung zu den Profis. Schon mit 17 Jahren debütierte N’Dicka in der zweiten Liga, nach zwei Kurzeinsätzen in seinem ersten Jahr absolvierte er in der vergangenen Saison zwölf Partien. Die letzten sieben Spiele stand der französische U20-Nationalspieler über 90 Minuten auf dem Rasen.
„Evan ist 18 Jahre jung, aber sehr reif für sein Alter. Er ist fußballerisch gut, sehr schnell und kopfballstark“, nannte Sportvorstand Fredi Bobic die Vorzüge des jungen Mannes, von dem Trainer Adi Hütter nicht lange überzeugt werden musste. Vor allem die Schnelligkeit beeindruckte den Frankfurter Coach. „Auxerre ist bekannt für seine Nachwuchsarbeit, deshalb bekommen wir einen taktisch gut geschulten Spieler“, sagte Bobic. N’Dicka, der auch von Manchester City und dem FC Liverpool umworben gewesen sein soll, sich aufgrund der größeren Einsatzchancen aber für die Eintracht entschied, erhält einen Fünfjahresvertrag, die Ablöse soll sich auf rund eine Millionen Euro belaufen.
Natürlich muss sich der junge Mann am Main großer Konkurrenz erwehren. Neben N’Dicka stehen fünf weitere zentrale Verteidiger bei den Hessen unter Vertrag: Kapitän David Abraham, Haudegen Marco Russ, die WM-Fahrer Carlos Salcedo und Makoto Hasebe sowie Simon Falette. Vor allem der Franzose Falette, ebenfalls Linksfuß und vergangenen Spielzeit selten überzeugend, muss sich künftig wohl gegen Perspektivspieler N’Dicka behaupten.
Lucas Torro mit Fünfjahresvertrag
Für die Startelf fest eingeplant dürfte dagegen Lucas Torro sein, der ebenfalls einen Fünfjahresvertrag unterschrieb und gestern Mittag den Laktattest absolvierte. Der 23-Jährige soll den zu Schalke 04 abgewanderten Omar Mascarell ersetzen. Spanier für Spanier also, einstiger Profi von Real Madrid für einstigen Profi von Real Madrid. Wobei sich die beiden auf der Sechserposition beheimateten Akteure in ihrem Spielstil unterscheiden. Während sich Mascarell vor allem durch sauberes Passspiel für höhere Aufgaben beim Champions-League-Teilnehmer aus Gelsenkirchen empfahl, baut Torro auf körperliche Präsenz. Der 1,90-Meter-Hüne geht kernig in die direkten Duelle, in den vergangenen beiden Spielzeiten führte er jeweils die meisten Zweikämpfe in Spaniens zweiter Liga – und gewann rund 60 Prozent davon. Jeweils zehn Gelbe Karten sprechen für sich.
Torro werden ähnliche Vorzüge wie dem Münchner Javi Martinez – wenngleich auf einem anderen Niveau – nachgesagt. Gutes Stellungsspiel, Kopfballstärke, ordentliche Technik, aber auch ein kleines Tempodefizit. Trainer Hütter sieht seine neue Nummer 16 vor allem als „Stabilisator vor der Abwehr“, will den Rechtsfuß aber nicht nur auf das reine Zerstören reduzieren. Torro sei stark am Ball, erklärte der neue Frankfurter Coach: „Die spanische Schule.“ Zudem sei er bei ruhenden Bällen mit seiner Größe „sehr, sehr interessant“. Die spanischen Medien bezeichneten den Abgang Torros zuletzt als harten Schlag für Osasuna. Der Dreh- und Angelpunkt, der Schlüsselspieler sei er beim Tabellenachten der zweiten Liga gewesen, hieß es.
Profidebüt mit 17 Jahren
Dabei ist Torro der ganz große Durchbruch bisher verwehrt geblieben. In Cocentaina, einem 13.000-Einwohner-Städtchen in der Provinz Alicante, geboren, feierte er bereits mit 17 Jahren sein Profidebüt beim Drittligisten CD Alcoyano. Und stand dadurch früh auf den Notizzetteln der Scouts von Real Madrid. Die Königlichen schlugen nach nur einer Saison und wenigen Einsätzen für Alcoyano zu und holten den damals 18-Jährigen in die Hauptstadt. Der Rechtsfuß debütierte in der spanischen U19-Nationalmannschaft, machte drei Spiele, schaffte es aber nie in die erste Mannschaft der Madrilenen.
Der Champions-League-Sieger der vergangenen drei Jahre verlieh Torro erst für eine Saison an den Zweitligisten Real Ovideo (39 Spiele/ein Tor), in der vergangenen Spielzeit verkauften sie ihn an CA Osasuna (37/1) – und sicherten sich ähnlich wie bei Mascarell ein Rückkaufrecht, sodass Torro trotz eines Vertrages bis 2020 nun für 3,5 Millionen Euro nach Frankfurt wechseln konnte. „Ich bin glücklich über diese Chance, ein Traum wird wahr“, sagte Torro, der ebenso wie N’Dicka gestern Vormittag noch nicht am Eintracht-Training teilgenommen hat, am Freitag aber voll mitmischen soll: „Ich bin bereit für die Bundesliga“, sagte Torro.