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„Sind wettbewerbsfähig, weil wir ein außergewöhnlicher Klub mit riesiger Strahlkraft sind“

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Von: Frank Hellmann

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Die Manager Krösche und Wehlmann erklären vor dem DFB-Pokal-Achtelfinale unter anderem, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede Eintracht Frankfurt und Darmstadt 98 besitzen.

Herr Krösche, Herr Wehlmann, Ihre Vereine sind beide gerade erfolgreich wie beliebt. Kommt Ihnen das direkte Duell im DFB-Pokal gerade recht?

Wehlmann: In Berlin hätte es mir besser gefallen (beide lachen laut).

Krösche: Ich finde es gut, es macht deutlich, dass in Hessen gute Arbeit geleistet wird, insofern passt der Zeitpunkt.

Eintracht Frankfurt - SV Sandhausen, Testspiel Sportvorstand Markus Krösche (Eintracht Frankfurt). Testspiel zwischen Ei
Sportchef in Frankfurt: Markus Krösche. © Kessler/imago

Und daher ist auch die Live-Übertragung der ARD richtig?

Wehlmann: Die Konstellation gibt es absolut her. Wir hatten ja schon in der zweiten Runde das Glück, dass unserer Sieg gegen Borussia Mönchengladbach live in der ARD gezeigt wurde. Wir wissen aber natürlich, welcher Gegner uns jetzt erwartet, der noch in der Champions League und vorne in der Bundesliga mitspielt…

Krösche: Jetzt machst du aber eine Nummer draus….(lacht)

Sportboss in Darmstadt: Carsten Wehlmann.
Sportboss in Darmstadt: Carsten Wehlmann. © IMAGO/HMB-Media

Große Unterschiede zwischen Eintracht Frankfurt und Darmstadt 98

Vor 20 Jahren spielte Eintracht Frankfurt noch als graue Maus in der zweiten Liga im alten Waldstadion. Kann sich Darmstadt 98 vielleicht von der Entwicklung etwas abschauen?

Wehlmann: Eintracht Frankfurt würde ich erst mal nie als graue Maus bezeichnen. Wir müssen schauen, dass wir unseren Weg weitergehen, der uns für zwei Jahre 2015 bis 2017 in die Bundesliga geführt hatte. Danach ging es darum, sich in der zweiten Liga zu etablieren. In unserem Leitbild steht, dass wir die Top 20 in Deutschland herausfordern wollen. Unsere Möglichkeiten sind nicht ansatzweise mit denen in Frankfurt vergleichbar. Wenn ich den Proficampus und das Drumherum bei der Eintracht sehe, war das wahrscheinlich so teuer wie unser Stadion.

Krösche: Was habt ihr bezahlt?

Wehlmann: (denkt nach). Weniger als 50 Millionen Euro…

Krösche: Klar, das sind unterschiedliche Gewichtsklassen, aber ich erinnere mich noch an ein Spiel mit Bayer Leverkusen in der Saison 2015/2016 am alten Böllenfalltor: Seitdem hat Darmstadt doch einen Riesensprung gemacht. Ich war vergangene Saison einmal gegen Fortuna Düsseldorf da: Ihr habt da verloren – seitdem komme ich auch nicht mehr (lacht).

Wehlmann: Da kann ich eine schöne Geschichte zu erzählen, die zur Größe der Klubs passt. Markus hatte mich angerufen, ob er damals in Corona-Zeiten noch eine Karte haben kann. Er sagte, dass unsere Assistentinnen das regeln sollten, da habe ich ihm gesagt: ‚Ich bin auch die Assistentin!‘

Krösche: Das kenne ich aus Paderborn…

Also ist ausgeschlossen, dass Sie sich beim Buhlen um einen Spieler in die Quere kommen?

Wehlmann: Im Jugendbereich könnte das passieren, sonst ist das eher schwierig…

Krösche: ...ehrlicherweise muss man sagen, dass das in Zukunft schon geschehen kann. In Darmstadt wird sehr gute Arbeit gemacht, und es kann ja sein, dass wir einen jungen Spieler haben, der für euch vielleicht interessant ist. Oder auch umgekehrt.

Qualifikation für das internationale Geschäft kein Muss für Eintracht Frankfurt

Müssen Sie eigentlich wieder in die Königsklasse kommen, um einen Spieler wie Randal Kolo Muani zu halten?

Krösche: Nein. Unsere Gesamtplanung ist nicht auf die Champions League ausgelegt. Es gibt kein Muss einen internationalen Platz zu erreichen, das kommt immer ‚on Top‘. Und was Randal angeht: Wir haben das Glück, dass die Jungs hier sehr dankbar sind, für Eintracht Frankfurt zu spielen. Wenn Spieler sich deutlich schneller entwickeln als der Klub, bin ich allerdings auch bereit, sie ziehen zu lassen, aber diesen Zeitpunkt sehe ich noch nicht. In Zusammenhang möchte ich sagen: Wir sehen uns nicht Ausbildungsverein. Wir holen Spieler, um sie zwar weiterzuentwickeln, aber in erster Linie, um unsere sportlichen Ziele zu erreichen.

Von einem Spieler, der Frankreich fast zum Weltmeister geschossen hätte, kann Darmstadt nur träumen. Wie sehr hat sich der Klub strecken müssen, um zwei Millionen für den neuen Stürmer Filip Stojilkovic aus der Schweiz locker zu machen?

Krösche: Das ist interessant… (lacht)

Wehlmann: Ich finde erschreckend, dass irgendjemand im Netz eine Zahl rausbläst und alle Leute das für bare Münze nehmen. Ich werde öffentlich keine Summe nennen, aber was da steht, stimmt nicht. Wir müssen Jungs entwickeln, da gehen wir im Grunde denselben Weg wie die Eintracht. Auch für uns sind Transfererlöse wichtig. Bis auf einen Verein in Deutschland sind wir alles Ausbildungsvereine, die irgendwann Spieler bei einem bestimmten Preis verkaufen müssen.

Krösche: Selbst die Bayern verkaufen jetzt! Früher hätte es das doch nie gegeben, dass sie einen Robert Lewandowski abgeben müssen.

Eintracht Frankfurt im internationalen Vergleich finanziell nicht konkurrenzfähig

Was heißt das für die Liga?

Krösche: Dass Bayern München in eine Situation kommt, einen Spieler verkaufen zu müssen, weil sie auf dem Markt gegenüber Mitbewerbern wie dem FC Barcelona, Manchester City oder Paris St. Germain unterlegen sind, ist eine Gefahr für die Wettbewerbsfähigkeit der Bundesliga. Das gefährdet den deutschen Fußball.

Wehlmann: Man muss in solchen Fällen (bei einem Jahr Restvertragslaufzeit; Anm. d. Red.) immer abwägen: Verkaufe ich den Spieler oder behalte ich ihn bis Vertragsende, weil der sportliche Wert ungleich höher ist, als wenn wir ihn verkaufen würden und Ersatz holen müsste. So sind wir bei beispielsweise bei Serdar Dursun und Patric Pfeifer vorgegangen.

Wie könnte Deutschland denn gegensteuern? Andere Länder leisten sich eine Liga mit 20 Klubs und zwei Pokalwettbewerbe. Wäre das ein Ansatz?

Krösche: In England gibt es einen anderen Kapitalzugang. Da sind wir als Eintracht Frankfurt im internationalen Vergleich rein monetär nicht wettbewerbsfähig. Wir müssen unsere Geschichte erzählen und umsetzen, dass sich Spieler wie Muani, Éric Junior Dina Ebimbe oder Jesper Lindström hier wirklich weiterentwickeln. Wir sind wettbewerbsfähig, weil wir ein außergewöhnlicher Klub mit riesiger Strahlkraft sind. Wir müssen in Deutschland einen anderen Weg finden.

Wehlmann: Ein zweiter Pokalwettbewerb würde nicht Unmengen mehr Geld bringen. Das würde genauso wie eine Aufstockung doch nicht für Riesensprünge sorgen, sondern die Einnahmen würden sich nur etwas anders verteilen. Mir macht eher Sorge, dass langjährige Zweitligisten bei einem Aufstieg es so schwer haben, wettbewerbsfähig zu sein. Um die internationale Wettbewerbsfähigkeit muss ich mir in meinem Amt nicht so viele Sorgen machen.

Gemeinsamkeiten und Rivalität von Eintracht Frankfurt und Darmstadt 98

Es gibt zwischen den beiden Klubs noch eine Parallele: Bei beiden Vereinen wird gerade das Stadion ausgebaut.

Wehlmann: Bei uns fehlen nur noch die Innenräume, gegen Jahn Regensburg war der Heimbereich schon voll besetzt. Wenn alles fertig ist, haben wir eine Kapazität von 17 800 Plätzen. Für uns ist das genau die richtige Größe.

Krösche: Wir bauen die Nordwestkurve aus, so dass wir dann nach Dortmund die größte Fantribüne mit Stehplätzen anbieten können. Wenn 20 000 Fans dann auf einer Seite Stimmung machen können, ist das überragend.

Stichwort Fans: Bei den letzten Bundesliga-Duellen zwischen den beiden Klubs gab es große Debatten um die Sicherheit. Die Stadt Darmstadt verhängte vor sechs Jahren sogar ein Betretungsverbot für die Innenstadt für Eintracht-Fans, die prompt dagegen klagen. Wie unruhig wird es jetzt?

Krösche: Klar, ist eine Rivalität da…

Wehlmann : …denn dieses Derby gibt es nicht jedes Jahr. In unserer Fanszene sind nach der Auslosung Jubelstürme ausgebrochen, auch wenn wir natürlich lieber zu Hause gespielt hätten. Dann hätte sich die Eintracht – den Temperaturen entsprechend – warm anziehen können… Natürlich wissen wir, was für eine Mannschaft uns erwartet, aber wir schauen einfach, was wir dagegen machen können.

Eintracht Frankfurt und Darmstadt 98 zufrieden mit ihren Trainern Glasner und Lieberknecht

Sie scheinen beide auch den absolut perfekten Trainer für Ihren Verein gefunden zu haben?

Wehlmann: Torsten Lieberknecht zeigt genau, warum wir ihn vor anderthalb Jahren verpflichtet haben. Er hat die Qualitäten und auch das richtige Bauchgefühl für den Klub, er hat einen fordernden Charakter – das passt alles sehr gut zu unserem Verein. Unter ihm haben wir uns noch mal deutlich weiterentwickelt. Deshalb haben wir den Vertrag auch im vergangenen Jahr schon langfristig vorzeitig verlängert. Ich bin überzeugt, dass uns diese Kontinuität für den langfristigen Erfolg hilft.

Krösche: Auch bei uns passt es sehr gut. Oliver Glasner hat großen Anteil am Erfolg.

Dann könnten Sie doch auch vorzeitig verlängern?

Krösche: Er hat einen Vertrag bis 2024, das ist schon langfristig. Ich glaube, wir wissen alle, was wir voneinander haben. Wir haben eine sehr gute Beziehung zueinander, er fühlt sich sehr wohl in Frankfurt. Daher gibt es keinen Zeitdruck. Oliver weiß, dass wir auch in unruhigen Tagen am Anfang hinter ihm standen. Wir geben jetzt erst einmal Gas, um unsere Ziele in den drei Wettbewerben zu erreichen.

Interview: Frank Hellmann

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