Lindström und Hauge – wie Pat und Patachon

FR-Serie, neunter Teil: Jesper Lindström und Jens Petter Hauge starten bei Eintracht Frankfurt sehr unterschiedlich durch.
Frankfurt – Im Urlaub zu Hause hat Eintracht Frankfurts Jesper Lindström seinem alten Klub Bröndby IF einen Besuch abgestattet. Es stand das letzte Spiel der Meisterrunde in Dänemark an, Bröndby IF gewann 2:1 gegen Silkeborg, aber das war nur ein Nebenaspekt. Bemerkenswert war, dass das ganze Stadion den Frankfurter Europapokalsieger lautstark mit minutenlangen Sprechchören gefeiert hat: Lindström war mittendrin unter den ganz in gelb gekleideten Fans, er genoss das Bad in der Menge. Aber natürlich bebte das Stadion vor den Toren Kopenhagens lange nicht so in seinen Grundfesten wie 16 Jahre zuvor, als Eintracht Frankfurt dort 2:2 spielte und die Fans ihr „Pipi-Langstrumpf“-Lied sangen und dazu rhythmisch hüpften. Aber dass es so war, ist Jesper Lindström erzählt worden, er ging damals in die erste Grundschulklasse.
Jesper Lindström, 22 Jahre, für sieben Millionen Euro gekommen, hat eine erstaunliche Entwicklung bei der Eintracht genommen, eine, die man ihm im letzten Sommer keinesfalls zugetraut hatte, eher schon seinem skandinavischen Kollegen Jens Petter Hauge. Was war das für ein dünner Hering, der sich da aus Kopenhagen vorgestellt hatte im Stadtwald! Ein schmächtiger Schlaks von 1,82 Metern Größe und kaum 70 Kilogramm schwer, wie sollte sich der gegen die Kanten in der Liga durchsetzen? Das sah bei Offensivkraft Hauge anders aus, der machte was her, konnte dribbeln, erzielte gleich zwei Tore. Hauge hatte was, er war präsent, da schlummerte Potenzial, das nur geweckt werden musste. Aber bei Lindström? Der müsste erst mal was auf die Rippen kriegen, hieß es, auch Trainer Oliver Glasner empfahl dem halben Hemd dringend, ein paar Überstunden im Kraftraum zu absolvieren.
Eintracht Frankfurt: Rookie Lindström und teurer Hauge
Ein dreiviertel Jahr später bangte ganz Frankfurt um den Einsatz von Lindström im Finale von Sevilla, eine Verletzung im Oberschenkel hatte ihn matt gesetzt. Ohne ihn, so schien es, habe Eintracht Frankfurt keine Chance gegen die Rangers. Und Hauge? Ersatzmann, und kaum einer verstand, warum der Norweger meist als Erster, eingewechselt wurde.
Mit ein bisschen Glück wäre Lindström sogar Matchwinner im Endspiel geworden, zweimal strichen seine abgefälschten Schüsse haarscharf vorbei. Aber auch ohne eigenen Torerfolg war Lindström eine der Entdeckungen dieser Runde. Kaum hatte er sich an Tempo und Härte der Liga gewöhnt, wurde er wichtig, dank seiner Schnelligkeit, seiner Dribblings. Gegen Antwerpen und Barcelona holte er entscheidende Elfmeter heraus, gegen Piräus lieferte er die Vorlage für den Siegtreffer (durch Hauge, sein letztes Tor), in der Liga lief es für ihn im Herbst, als die Hessen sieben Siege aus acht Spielen holten, besonders gut, in dieser Zeit erzielte er vier seiner fünf Tore, er bereitete zudem fünf weitere Treffer vor, auf internationalem Parkett wurden ihm vier Assists gutgeschrieben.
Eintracht Frankfurts Lindström ruft sein Potenzial ab
Und der 22-Jährige, nach 39 Pflichtspielen zudem von der DFL zum „Rookie des Jahres“ gekürt, hätte mehr Tore erzielen können, sogar müssen. Vor dem Tor rutschte ihm zu häufig das Herz in die Hose, er traf häufig im entscheidenden Moment falsche Entscheidungen. Ein Aktivposten im Angriff ist er allemal, weil kaum ein Gegenspieler sein Tempo mitgehen kann. Und das mit der Chancenverwertung wird er noch hinkriegen, er lernt ja schnell.
Ganz anders als Jens Petter Hauge, dessen Entwicklung stagniert, bestenfalls. Im Finale, als der Norweger nach 70 Minuten für den ausgepumpten Lindström kam, gelang ihm kaum etwas, erst in der Verlängerung kam er etwas besser ins Spiel. Er ist und bleibt, was die FR ihm ins Anschlusszeugnis schrieb; „ein fußballspielender Zappelphilipp“. Und er lernt nicht aus seinen Fehlern, dribbelt brotlos, läuft in den Gegner, bleibt hängen, spielt zu spät, zu ungenau ab. Die Eintracht musste für ihn die Kaufoption (acht Millionen Euro) vom AC Mailand ziehen, hätte sie ohne vertraglichen Zwang wohl nicht getan. Hauge (38 Pflichtspiele, drei Tore, zwei Assists) muss sich mächtig strecken. Jesper Lindström und Jens Petter Hauge - Zwei wie Pat und Patachon. (Thomas Kilchenstein)