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Eintracht greift noch mal an

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Von: Ingo Durstewitz

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Zurück in der Spur: Daichi Kamada. Foto: Imago Images
Zurück in der Spur: Daichi Kamada. © IMAGO/osnapix

Eintracht-Trainer Oliver Glasner erhält ungemein viel Zuspruch, blendet aber alles aus, um den Klub wieder nach Europa zu führen.

Frankfurt - Am Vatertag schwelgte Oliver Glasner sehnsuchtsvoll in Vergangenem. „Ein schöner Tag heute“, sagte der Eintracht-Trainer und lächelte selig. Er wolle sich am Abend „zur Feier des Tages“ sogar einen kleinen Apfelwein gönnen. Den hat er sich verdient, der 48 Jahre alte Chefcoach des Frankfurter Bundesligisten, schließlich hat er der Eintracht den größten Titel seit fast einem halben Jahrhundert geschenkt, den epochalen Europa-League-Triumph von Sevilla. Ein Jahr liegt das zurück. Grund genug, um mal in Erinnerungen zu versinken, ganz kurz nur, aber immerhin.

Ansonsten kommt der Fußballlehrer aus diesem Tunnel, in den er sich nach Bekanntgabe der Trennung im Sommer begeben hat, kaum noch heraus. Volle Kraft voraus, alle Nebengeräusche kappen. Okay, im Supermarkt oder beim Bäcker, da werde er sehr wohl angesprochen von Menschen, die ihm niemals vergessen werden, was er für die Eintracht geleistet hat. Die Rückmeldungen, die Oliver Glasner erhält, sind rundweg positiv. Das ist nicht überraschend. „Ich bekomme sehr viel Zuspruch“, sagt der Österreicher.

Klar komme da ein bisschen Wehmut auf, weil es ja bald vorbei sein wird, in gut zwei Wochen schon, seine Wohnung in Sachsenhausen hat er bereits gekündigt. Aber in erster Linie spüre er „eine hohe Zufriedenheit“, sagt Glasner. „Ich habe offenbar nicht nur sportlich, sondern vor allem auch menschlich einen guten Eindruck hinterlassen.“ Das freut ihn. Oliver Glasner, das ist klar, wird in Frankfurt und bei der Eintracht immer ein gerne gesehener Gast sein.

Inneren Kompass gefunden

Doch für Sentimentalitäten ist noch kein Platz, „ich will jetzt auch keine Bilanz ziehen“, betont der Trainer und richtet seinen Blick wieder zielsicher nach vorne, ins Hier und Jetzt. „Ich habe mich zuletzt zurückgezogen, um im Fokus zu bleiben.“ Drei Spiele sind es noch, zwei in der Liga, dann das große Finale in Berlin im DFB-Pokal gegen RB Leipzig. Am 3. Juni. Bis dahin will sich der scheidende Fußballfachmann nicht mit seiner persönlichen Zukunft beschäftigen, die ja bei einem nicht näher definierten Topklub liegen soll, vielleicht auf der Insel, aber vielleicht irgendwo auf dem Festland. Glasner weiß es noch nicht. „Ich beschäftige mich ausschließlich mit Eintracht Frankfurt“, befindet er. „Der Verein und die Stadt haben 100 Prozent Oliver Glasner verdient. Ich fühle mich ganz groß in der Pflicht.“

Für ihn wäre es natürlich das Größte, würde er den Verein als international vertretenen Klub übergeben und womöglich sogar mit dem zweiten Titel binnen eines Jahres abtreten. Das treibt ihn an, das lässt ihn nicht ruhen. Glasner, der in den zurückliegenden Monaten auch so ein bisschen auf dem Irrweg war und sich intern wie öffentlich häufiger mal verzettelt hat, ist wieder auf Kurs, er hat seine inneren Kompass wieder gefunden. Wichtig im Endspurt.

Der hat es für die Eintracht noch mal in sich. Schon die nächste Aufgabe am Samstag (15.30 Uhr/Sky) ist delikat, da geht es ins Ruhrgebiet zum um den Klassenerhalt ringenden FC Schalke 04, der mit dem Rücken zur Wand steht. Für Königsblau geht es um alles. Entsprechend motiviert und heißblütig werden die Knappen auftreten. Glasner weiß das, er erwartet „ein hochemotionales, hochintensives Spiel“, macht es aber nicht an den tabellarischen Umständen fest. Sondern an der Art und Weise, wie S04 aufzutreten pflegt. „Sie spielen Reis-Fußball.“ Das kann dieser Reis, Thomas Reis, Trainer, durchaus als Kompliment für sich und seine Arbeit verbuchen. Was Glasner meint: Jagdszenen über den ganzen Platz, unzählige Duelle Mann gegen Mann, Aggressivität, Pressing, Druck. „Sie spielen nicht vorsichtig, sie spielen nicht abwartend, das ist nicht ihr Naturell.“ Schon als Reis noch Trainer in Bochum war, ärgerte er die Eintracht mit dieser Spielweise. Selbst im Hinspiel gegen Schalke, das die Eintracht zwar 3:0 gewann, haben die Gelsenkirchener den Frankfurtern Probleme bereitet. „Sie hatten 19 Torschüsse“, zählt Glasner auf.

Kamada rollt wieder

Der Coach wird seine Mannschaft noch mal explizit auf die körperbetonte Spielweise vorbereiten. „Es gibt wenig Ruhe im Spiel, es ist immer Hektik drin, immer Stress.“ Da brauche man „schnelle Lösungen und gute Bewegungen“. Glasner ist grundsätzlich zuversichtlich, dass sein Team es schafft, die letzten beiden Saisonspiele vor dem Finale zu gewinnen. „Dann hätten wir 52 Punkte und schauen mal, für was es reicht.“ Er sieht sein Ensemble „gut gerüstet“, der ungefährdete 3:0-Erfolg gegen Mainz und die damit verbundene Beendigung der Sieglos-Serie sei „wichtig fürs Selbstvertrauen“ gewesen. „Die Mannschaft macht einen sehr guten Eindruck.“

Auch Daichi Kamada, lange so etwas wie das Sorgenkind, kommt wieder besser ins Rollen. Der Trainer hat den Japaner, der den Klub am Saisonende (mit ziemlicher Sicherheit Richtung Benfica Lissabon) verlassen wird, immer in Schutz genommen, ihm nie den Einsatz und den Willen abgesprochen. „Daichi hat für uns 95 Spiele gemacht, da kann man nicht immer auf allerbesten Toplevel agieren.“ Nun die Trendwende? „Er hatte eine Delle, jetzt kommt er zum richtigen Zeitpunkt da heraus. Wir brauchen jeden Spieler in bester Verfassung.“ Für die letzten drei Spiele unter Oliver Glasner bei Eintracht Frankfurt.

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