Eintracht Frankfurt: Neue Chance für Bruder Leichtfuß

Weil Tuta bei Eintracht Frankfurt für den Showdown in Barcelona gesperrt ist, könnte jetzt die Stunde des fast vergessenen Almamy Touré schlagen
Natürlich ist es vorstellbar, dass der Nestor Makoto Hasebe am Donnerstagabend im altehrwürdigen Camp Nou die Abwehr der Frankfurter Eintracht zusammenfügen wird. Hasebe, routiniert bis zum Anschlag mit seinen 38, würde sich das zutrauen, weshalb auch nicht, was soll ihn noch schrecken, den großen Sportsmann aus Nippon? Fast 650 Pflichtpartien hat der Musterprofi auf dem Buckel, 114 Länderspiele, drei Weltmeisterschaften. So ein Europa-League-Viertelfinale, und sei es nun mal beim Weltklub FC Barcelona, würde er da locker mitnehmen, und er würde sich diebisch freuen, wenn er spielen dürfte. Sehr wahrscheinlich darf er aber nicht. Obwohl ein Platz frei geworden ist.
Der Brasilianer Tuta ist durch seine Gelb-Rote Karte im Hinspiel gesperrt, weshalb Trainer Oliver Glasner seine Deckung im mit Hochspannung erwarteten Showdown am Donnerstagabend (21 Uhr/RTL) umbauen muss. Gesucht wird der rechte Innenverteidiger an der Seite des zentral wirkenden Abwehrchefs. Coach Glasner könnte also Makoto Hasebe von der Bank in die Mitte beordern und Martin Hinteregger von der Mitte nach rechts. Das Problem: Hinteregger fühlt sich auf der ungewohnten Seite nicht ganz so wohl, „Hinti“ ist nun mal Linksfuß. Und Glasner initiiert so einen Seitenwechsel auch eher ungern.
Glasner verschmäht Hasebe
Zudem hat der 29-Jährige zuletzt wieder gute Vorstellungen abgeliefert, sich stabilisiert, auch wenn er im Heimspiel am Sonntag gegen den SC Freiburg (1:2) ein wenig übermotiviert agierte und mit leicht erhöhtem Aggressionspotenzial zu kämpfen hatte. Im Hinspiel gegen die Spanier zeigte der Österreicher aber eine tadellose Leistung, war der Fels in der Brandung.
Und Coach Glasner hat irgendwie mehr Vertrauen in seine Abwehr, wenn sein Landsmann zentral verteidigt, gerade wenn es hart auf hart geht und viele Angriffswellen auf die Eintracht zurollen könnten, so wie es in Barcelona sicher der Fall sein wird.
Glasner baut Hasebe eher dann ein, wenn spielerische Linie gefragt ist, doch auch das machte er in letzter Zeit nur noch sporadisch, eigentlich gar nicht mehr. Nur gegen Fürth durfte der 38-Jährige mal ran, weil Hinteregger gesperrt war, Hasebe zeigte eine hervorragende Leistung. Vor der Bank bewahrt ihn das nicht, im Mittelfeld setzt Glasner ihn nicht ein. Dafür lobt er seinen Sportsgeist oft und ausgiebig. Irgendwie traurig: Für seinen besten Fußballer findet der Trainer einfach keinen Platz.
Zu viele Flüchtigkeitsfehler
Da Stefan Ilsanker für die Europa League gar nicht nominiert ist, steht also der Tuta-Ersatz fest – sollte Glasner erwartungsgemäß nicht auf Hasebe setzen: Almamy Touré. Der 25-Jährige kam schon im Hinspiel auf eine knappe Viertelstunde Spielzeit, nachdem Tuta das Feld verlassen musste. Und der französisch-malische Profi machte seine Sache gut, ruhig, sachlich, unaufgeregt. Gar nicht so, als hätte er das letzte Mal Mitte Januar gespielt beim 1:1 in Augsburg und anschließend zwölf Pflichtspiele nacheinander draußen gesessen, entweder auf der Bank oder gar nur der Tribüne. Das muss man erst mal wegstecken und verdauen. Dann ausgerechnet im Spiel der Spiele ins kalte Wasser geworfen zu werden und nicht unterzugehen, ist auch eine nicht zu unterschätzende Leistung.
„Den Einsatz hat er sich hart erarbeitet und verdient“, findet Sportvorstand Markus Krösche. „Almamy ist extrem professionell. Er hatte keine einfache Zeit, und klar ist es schwierig, mit der Rolle klarzukommen.“ Der fast 26-Jährige, der vor mehr als drei Jahren aus Monaco nach Frankfurt kam, habe aber stets an sich gearbeitet, sich voll eingebracht, „super verhalten und untergeordnet. Es ist schön, so einen Spieler zu haben.“
Und doch steht der frühere französische U-21-Nationalspieler bei Trainer Oliver Glasner nicht sonderlich hoch im Kurs. Das hat natürlich auch mit seiner Wankelmütigkeit zu tun, mit den Aussetzern, die er immer wieder mal im Spiel hat, diese Flüchtigkeitsfehler, mit denen er sich (und der Mannschaft) oft das einreißt, was er aufgebaut hat. Bruder Leichtfuß eben.
Auch die Arbeit mit einem Mentaltrainer, den er auf Anraten des früheren Frankfurter Führungsspielers Gelson Fernandes engagierte, hat ihn nicht entscheidend vorangebracht. Potenzial hat Touré, gar keine Frage, er ist gut am Ball, schnell, robust, auch Oliver Glasner hatte viel von ihm gehört, war gespannt auf den malischen Nationalspieler. Doch so richtig überzeugen konnte er ihn nicht.
Vielleicht hat jetzt sogar einen Vorteil, weil er nicht rechts draußen spielen muss, sondern zentral verteidigen kann. „Als Innenverteidiger ist es für mich natürlicher, weil ich dort ausgebildet wurde“, sagt Touré. Er wird es beweisen müssen im großen Spiel im legendären Camp Nou.