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Eintracht Frankfurt fährt zum Pokalfinale nach Berlin

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Von: Thomas Kilchenstein, Daniel Schmitt

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Geballte Freude: Daichi Kamada (Mitte) bejubelt sein Tor zum 2:1 mit Christopher Lenz (links) und Evan Ndicka.
Geballte Freude: Daichi Kamada (Mitte bejubelt sein Tor zum 2:1 mit Christopher Lenz (links) und Evan Ndicka. © dpa

Im entscheidenden Moment entwickeln die Frankfurter erneut ihre alte Stärke und schlagen den VfB Stuttgart nach 0:1-Rückstand noch 3:2.

Mit beiden Händen hat Eintracht Frankfurt diesen einen Strohhalm gepackt, der dem hessischen Bundesligisten vielleicht doch noch das lukrative Europageschäft ermöglicht und der einsam irgendwo im Schwäbischen stand. Ein bisschen überraschend nach der langen Negativserie der letzten Wochen ohne eigenen Sieg ist die Frankfurter Eintracht ins DFB-Pokalfinale eingezogen, am Mittwochabend gab es vor 50 000 Zuschauenden, darunter auch DFB-Sportdirektor Rudi Völler und Ex-Bundestrainer Joachim Löw, im Halbfinale gegen den VfB Stuttgart einen fast schon heroischen 3:2 (0:1)-Erfolg.

Drama in letzter Minute: Sollte Aurelio Buta ein elfmeterreifes Handspiel im eigenen Strafraum begangen haben? Schiedsrichter Daniel Schlager entschied vor dem Bildschirm: Nein! Vorstandssprecher Axel Hellmann sagte: „Es war eine schwere Geburt und sicher kein Fußballfest, aber haben gezeigt, dass wir in solch besonderen Spielen da sind.“

Die Hessen stehen damit am 3. Juni in Berlin im Endspiel und treffen dort auf RB Leipzig, das sich tags zuvor beeindruckend souverän gegen den SC Freiburg durchgesetzt hatte. Es ist nach 2017 und 2018 bereits die dritte Finalteilnahme der Eintracht binnen sechs Jahren. Leipzig ist Titelverteidiger.

Damit hält die seit Monaten in der Bundesliga schwächelnde Eintracht den Traum am Leben, diese rundum verkorkste Rückrunde mit einem Endspieleinzug aufzuhübschen und womöglich die ganze Saison mit einem Pokaltriumph noch zu retten. Dann könnten die Hessen immerhin ein sportliches Ziel erreichen, einen internationalen Startplatz zu ergattern. Über die Liga erscheint das eher nicht zu schaffen, der Pokal bleibt als letzte Hoffnung.

In Stuttgart konnte die Eintracht einmal mehr unter Beweis stellen, dass sie ein Team für die besonderen Momente ist. Immer, wenn es Spitz auf Knopf steht, schwingt sie sich zu erstaunlichen Leistungen auf, der Coup von Stuttgart war jetzt nicht direkt erwartet worden. Aber auch dieses Mal konnte sich das sogenannte Frankfurter Pokal-Gen entfalten, auch in Stuttgart hielten sich die Hessen – nach Erfolgen über Magdeburg (4:0), Stuttgarter Kickers (2:0), Darmstadt 98 (4:2) und Union Berlin (2:0) – schadlos. Das war beeindruckend.

Trainer Oliver Glasner hatte erwartungsgemäß wieder auf Stürmer Randal Kolo Muani, Djibril Sow und Verteidiger Evan Ndicka zurückgreifen können, Tempomacher Jesper Lindström stand als Joker bereit. Im Grunde hatten die Hessen auf dem Papier ihre mutmaßlich stärkste Formation auf dem Rasen. Allerdings vermochten sie es in der ersten Halbzeit nicht, diese scheinbare Qualität auch zu zeigen. Im Gegenteil: Die Gäste waren sichtlich beeindruckt von der seht stimmungsvollen Atmosphäre im weiten Rund der Stuttgarter Arena neben den Canstatter Wasen. Vermutlich dürfte in der benachbarten Schleyer-Halle Schlagersängerin Helene Fischer ihre Mühe gehabt haben, den Radau aus dem Fußballstadion zu übertönen.

Es war anfangs ein hektisches, ein wildes Spiel, es stand ja auch einiges auf dem Prüfstand. Nach vier Minuten sah Mario Götze schon die Gelbe Karte, eine Minute später Djibril Sow ebenfalls. Beide Verwarnungen hinterließen Spuren und waren nicht dazu angetan, die allgemeinen Verunsicherung im Frankfurter Team herunterzudimmen. Die Frankfurter wirkten labil, kamen nicht in die Puschen, Sow, Götze und vor allem Daichi Kamada hatten zunächst mehr mit sich zu tun als mit dem Gegner, der Leidenschaft an den Tag legte, nicklig war und den Hang zur Schauspielerei leicht übertrieb,.

Dass die Stuttgarter nach 19 Minuten in Führung gingen, war dann keine ganz dicke Überraschung mehr. Waldemar Anton hatte Neu-Nationalspieler Josha Vagnoman auf die Reise geschickt, Ndicka gab nur Geleitschutz, dessen Querpass konnte Tiago Tomas im Frankfurter Strafraum annehmen und mit einem trockenen Schuss ins Torwarteck zum 1;0 nutzen. Kevin Trapp sah da nicht sonderlich glücklich aus, später rettete er aber gegen den allein durchgebrochenen Silas (35.) bravourös.

Das Spiel der Eintracht war schwerfällig, ohne Esprit, ohne Ideen. Gefühlte Ewigkeiten wurde im Mittelfeld der Ball ohne jeden Raumgewinn hin und her gepasst und zurück. Es fehlte Pep und Elan, es fehlte Leidenschaft und Power. Allein Makoto Hasebe versuchte sich ab und an mal mit einem Pass in die Tiefe, auf Randal Kolo Muani, dem einzigen, von dem zunächst wenigstens ein Hauch Torgefahr ausging. Er war es auch, der die brenzligste Szene im Stuttgarter Strafraum heraufbeschwor. Der zuvor eingewechselte Axel Zagadou hatte ihm im Strafraum von den Beinen geholt, das roch sehr stark nach Elfmeter, doch Schiri Schlager (Rastatt) entschied nach Rücksprache mit dem VAR auf Weiterspielen. Im Grunde gaben die Hessen im ersten Abschnitt gerade mal einen - harmlosen - Schuss ab.

Wende nach der Pause

Doch irgendetwas Besonderes muss Trainer Oliver Glasner der Mannschaft in der Kabine gesagt haben: Nach dem Wiederanpfiff stand da eine andere Frankfurter Mannschaft auf dem Rasen, eine, die den Kampf annahm, ein anderes Gesicht zeigte. Kamada war es, der gleich eine gute Gelegenheit vergab (47.). Dann war es ausgerechnet Evan Ndicka, bis dato eher unauffällig, der nach Vorarbeit von Lenz und Kolo Muani den Ausgleich (51..) erzielte. Und kaum drei Minuten später markierte Kamada mit einem Distanzschuss (55.) gar das 2;1. Da blitzte wieder das Können des Japaners auf, der sich prima gegen zwei Stuttgarter durchsetzte und traf. Man spürte bis unters Tribünendach förmlich die Steine, die ihn von der Seele purzelten.

Es war Kolo Muani, der ständige Unruheherde, der nach 70 Minuten eigentlich den Sack hätte zumachen müssen, doch aus fünf Metren drosch er den Ball volley über da Tor. Besser machte er es dann sieben Minuten später: Da verwandelte er einen an ihm verursachten Foulelfmeter (77.) zum 3:1, Kamada hatte ihn bei einem Konter fein eingesetzt, VfB-Torhüter Fabian Bredow den Franzosen von den Beinen geholt.

Enzo Millot war es, de sieben Minuten vor Schluss den VfB noch einmal auf 2:3 heranbrachte. Und die Eintracht musste zehn Minuten zittern, ehe der Trip nach Berlin eingetütet war.

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