Misere von Eintracht Frankfurt hält an

Trotz eines Sturmlaufs im zweiten Abschnitt kann der Frankfurter Bundesligist gegen Bochum nicht gewinnen und muss mit einem 1:1 leben. Coach Glasner bleibt zuversichtlich.
Am Ende gingen die Mannen in den weißen Hemden in die Knie oder starrten ungläubig in den Frankfurter Nachthimmel. Ohnmacht, Frust, Tristesse. Und auch eine gute Portion Wut. Nichts war es mit dem ersten Schritt aus der Schaffenskrise, die sich mittlerweile zu einer echten handfesten Krise ausweitet. Auch im siebten Pflichtspiel nacheinander konnte Eintracht Frankfurt die eigene Misere nicht besiegen. Am Freitagabend kam sie gegen das Kellerkind VfL Bochum nicht über eine enttäuschendes 1:1 (1:1) hinaus. Gerade im zweiten Abschnitt legten die Hessen einen richtigen Sturmlauf hin, holten Ecke auf Ecke, am Ende standen 17 Torabschlüsse - aber nur ein Treffer. Es sollte nicht reichen zum so wichtigen Sieg. Geht es in dieser Form weiter, muss die Eintracht aufpassen, nicht ins Niemandsland durchgereicht zu werden.
Das sieht Trainer Oliver Glasner ein wenig anders. „Wir sind enttäuscht über das Ergebnis, aber die Leistung macht Mut“, sagte er nach der Partie. Der Fußballlehrer verstieg sich gar zu der These, wonach seine Elf einen „tollen Auftritt“ hingelegt hätte. „Wir waren extrem dominant und hatten ganz viele Torchancen. Leider waren wir unglücklich im Abschluss. Es gibt solche Phasen, dass der Ball nicht rein will. Spielerisch waren es zwei Schritte nach vorne. Jetzt heißt es: Kopf hoch und weitermachen.“ Auch Sportvorstand Markus Krösche befand: „Ich kann der Mannschaft heute nichts vorwerfen.“ Aber ein Tor und somit nur ein Punkt gegen einen Abstiegskandidaten sind halt zu wenig.
Trainer Glasner hatte bewusst darauf verzichtet, seine Mannschaft großartig umzukrempeln. Er vertraut seinem Stamm, weil er dieses Personal schlichtweg für das beste hält. Deshalb: keine Experimente, keine Rotation im großen Stil, keine Überraschung.
Für den gesperrten Tuta verteidigte erwartungsgemäß Kristijan Jakic, mehr Verteidiger stehen dem Fußballlehrer ja auch gar nicht mehr zur Verfügung, und selbst Jakic ist ja nomineller Mittelfeldspieler. Ansonsten wurde das Team nur in Nuancen verändert, Kapitän Sebastian Rode ersetzte Daichi Kamada, Philipp Max rutschte für Christopher Lenz rein und Makoto Hasebe gab für den am Knie verletzten und bis Saisonende ausfallenden Hrvoje Smolcic den Libero.
Aber auch mit den allseits bekannten Spielern war spürbar, dass die Eintracht ihren Negativlauf durchbrechen wollte – koste es, was es wolle. Sie war ja auch schon lange genug ohne eigenen Dreier unterwegs, von den letzten zehn Pflichtspielen hat sie nur eins gewonnen, 2:0 Mitte Februar gegen Werder Bremen. Anschließend setzte es vier Niederlagen bei nur noch zwei Unentschieden. Nun das dritte. Viel zu wenig für die eigenen Ansprüche.
Die Frankfurter hätten unter Flutlicht im Waldstadion auch schon früh in Führung gehen können, doch nach einer guten Flanke von Linksverteidiger Max brachte Rafael Borré das Kunststück fertig, VfL-Schlussmann Manuel Riemann aus nächster Distanz anzuschießen. Wie der Keeper den da noch mit dem rechten Fuß von der Linie kratzte, wusste er hinterher selbst nicht (8.). Den kann man auch mal machen.
Borré freilich war emsig und eifrig bemüht, attackierte oft die Tiefe, war aber unglücklich in seinen Aktionen. Genügend Selbstvertrauen hätte er ja haben müssen, unter der Woche schoss er die kolumbianische Nationalelf mit einem bezaubernden Fallrückzieher zum 2:1-Sieg gegen Japan. In Fallrückzieher-Position kam er am Freitagabend blöderweise nicht.
Und dann kam das, was kommen musste und Coach Glasner vor der Partie quasi prophezeit hatte. Die Bochumer Angriffsbemühungen beschrieb er im Vorlauf der Begegnung sehr treffend so: „Weiter Einwurf, Kopfball, wieder Kopfball, Abpraller – Tor.“ Und exakt so kam es: Nach einem langen Einwurf für den VfL kam Anthony Losilla zum Schuss, den Eintracht-Torwart Kevin Trapp nur zur Seite wegpatschen konnte, und Takuma Asanio staubte zum 0:1 ab (14.).
Trainer Glasner schien beinahe verrückt zu werden da draußen an der Außenlinie, gestenreich wies er die Unparteiischen daraufhin, dass der Einwurf fünf Meter zu weit nach vorne verlegt wurde. Ganz klar: Da hatte einer das Unheil kommen sehen. Es war bereits das 13. Standardgegentor, das die Hessen schlucken musste. Das ist deutlich zu viel.
Immerhin ließen sich die Platzherren nicht ins Bockshorn jagen, die Köpfe blieben oben, und sie arbeiteten beharrlich am Ausgleichstreffer. Wenig verwunderlich war es, dass Randal Kolo Muani seine Füße im Spiel hatte, als es soweit war. Der französische Nationalstürmer gab mal wieder den Alleinunterhalter im Eintracht-Angriff. Ohne den furiosen 24-Jährigen wäre das ohnehin schon nicht sonderlich kreative Spiel noch mal eine Nuance einfallsloser und wenig rasant. Kolo Muani hebt die Qualität quasi alleine auf ein anderes Level. Und so war es der schnelle Angreifer, der nach einer feinen Kombination über Mario Götze und Philipp Max seinem Widerpart Ivan Ordets davon sprintete und nach einem Haken vom Bochumer Abwehrspieler zu Boden geschubst wurde. Klares Foul, klarer Strafstoß. Und eigentlich auch eine Rote Karte, doch Schiri Harm Osmers beließ es bei Gelb. Kolo Muani war so frei und verwandelte den fällig Elfer zum Ausgleich (22.). Sein zwölfter Saisontreffer.
Die Bochumer standen zwar kompakt in der Defensive, setzten aber immer wieder Nadelstiche, ohne jedoch besonders gefährlich zu werden. Die Eintracht aber war gewarnt. Erst im zweiten Durchgang gaben die Gastgeber dann ihre Zurückhaltung gänzlich auf. Mit teilweise wütenden Angriffen drängten sie die Westdeutschen in die eigene Hälfte, der gegen den Abstieg kämpfende VfL verteidigte aber mit Mann und Maus und aufopferungsvoll. „Wir müssen daran arbeiten, bessere Entscheidungen zu treffen und zielstrebiger in der Box zu werden“, urteilte Sportchef Krösche. „Das haben wir schon besser gemacht.“
Nach 73 Minuten hatten die Frankfurter tatsächlich 13 Ecken erspielt – unglücklicherweise ließen sie da große Gefahr vermissen. Wie immer. Die Standardschwäche vorne wie hinten wird zum echten Ärgernis. Und als sich dann doch mal ein Eintracht-Spieler nach einem ruhenden Ball durchsetzen konnte, Rafael Borré nach 66 Minuten, da stand der Bochumer Konstantinos Stafylidis auf der Linie und stoppte den Ball mit der Brust. Da auch Max mit einem Freistoß (62.), Kolo Muani (63.) und Daichi Kamda (78.) scheiterten und auch für Bochum Mittelfeldspieler Kevin Stöger per Freistoß nur die Latte traf (71.), blieb es beim 1:1. Eine Enttäuschung für die Eintracht, eine große Enttäuschung. „Das“, befand Verteidiger Max, „ist einfach verdammt bitter.“ Gut für die Eintracht, dass sie das neuerliche Frusterlebnis nicht lange mit sich herumtragen muss, schon am Dienstag (18 Uhr) geht es im Viertelfinale des DFB-Pokals weiter, dann kommt Union Berlin nach Frankfurt. Die Stoßrichtung ist klar. „Natürlich wollen wir ins Halbfinale“, sagt Manager Krösche. Versteht sich von selbst.