Eintracht-Trainer Oliver Glasner: „Ich lasse mich nicht provozieren“

Eintracht Frankfurt sieht Felle davonschwimmen und wird nach dem 1:3 gegen Leverkusen durchgereicht. Sportvorstand Markus Krösche spricht von „Rückschlag“ und Mario Götze fällt fürs Erste aus.
Frankfurt - Hinterher ist der Frankfurter Trainer gefragt worden, ob er sich - da Platz sechs fürs Erste verspielt ist - Gedanken gemacht habe, wer im nächsten Heimspiel gegen Borussia Mönchengladbach den Spiellenker Mario Götze ersetzen soll. Der feine Techniker, bester Frankfurter Feldspieler an diesem eher unschönen Tag in Leverkusen, ist nach seiner fünften Gelben Karte für die nächste Partie außen vor. Er wäre schon wichtig im nächsten Endspiel um einen internationalen Startplatz, so viele kreative Füße haben die Hessen im Moment nicht zur Verfügung. Oliver Glasner lächelte da nur dünn, aber höflich und blieb in seiner Antwort denkbar knapp: „Ja“, sagte er. Natürlich verriet er nicht, wie.
Eintracht Frankfurt: Eierpecken und freie Tage
Spätestens da konnte man erahnen, dass der Frankfurter Fußballlehrer ziemlich angesäuert war über die Vorstellung seiner Mannschaft bei der nicht gerade komplett unerwarteten 1:3 (0:2)-Niederlage bei Bayer Leverkusen. Sky-Zuschauer hatten das schon vorher spitz gekriegt, auch da ging es um Mario Götze. Da unterstellte Glasner dem Fieldreporter, er wolle ihn, Glasner, „nur provozieren“. Womöglich wollte er das gar nicht, womöglich war ihm halt aufgefallen, wie es jedem aufgefallen war, dass Mario Götze vier seiner fünf Gelben Karten wegen Meckerns erhalten hatte, auch im Champions League-Spiel gegen den SSC Neapel hatte der 30 Jahre alte Profi lautstark beim Schiedsrichter protestiert und den Karton gesehen. Dass die sich häufende Lamentiererei durchaus ein Thema war, hatte seinerzeit der österreichische Trainer bestätigt. Er habe mit Götze darüber gesprochen, sagte Glasner damals. Und prophezeite: „Das war jetzt die letzte wegen Meckerns.“ Da lag der Trainer daneben.
Ein bisschen konnte man Mario Götze aber schon verstehen. Der Mittelfeldmann wurde gerade in der Anfangsphase einigermaßen heftig herangenommen, vor allem der Argentinier Alejandro Palacios bevorzugte die ganz harte Gangart ohne dass Schiedsrichter Robert Hartmann derlei Härten unterband. Und doch sollte sich ein ausgebuffter Routinier wie Götze mehr unter Kontrolle haben, er hat damit seinem Team einen Bärendienst erwiesen. Denn gerade im Augenblick, da die Felle wegzuschwimmen drohen, dürfte einer wie Mario Götze an allen Ecken und Enden fehlen.
Offenbar auch Glasner, der wieder dünnhäutig wirkte. Denn in der anschließenden Pressekonferenz wiederholte er auf eine simple Frage nach der von ihm selbst festgestellten fehlenden Handlungsschnelligkeit seines Teams: „Ich bin ganz entspannt. Ich lasse mich heute nicht provozieren. Ich wünsche euch allen frohe Ostern.“ Er werde über die Festtage „Eierpecken“, ein österreichischer Brauch, bei dem man sich mit zwei Ostereiern duelliert und der verliert, dessen Ei als erstes Schaden nimmt. Zwei Tage bekamen die Profis dafür frei.
Es war das Schlusswort einer Pressekonferenz, in der der Coach nur mit Mühe seine tiefe Enttäuschung über das Gebotene verbergen konnte. Er sprach von einer bitteren Niederlage, weil „wir alle drei Gegentore miteingeleitet haben“, Individuelle Fehler vor den Toren von Amine Adil (10.), Moussa Diaby (34.) sowie Sardar Azmoun (90+5) hätten zu dieser Niederlage geführt, die Sportvorstand Markus Krösche „unnötig“ nannte. Er verortete „zu viele einfache Fehler“, das ziehe sich durch die ganze Saison. „Das ist ein Rückschlag. Wir müssen diese Fehler abstellen“, schimpfte der Vorstand, und auch einmal „über 90 Minuten fehlerlos spielen“. Das freilich ist eine durchaus ambitionierte Vorgabe, womöglich würde daran auch Manchester City oder Real Madrid scheitern.
Eintracht macht zu viele einfache Fehler
Fest steht aber: Eben durch diese Patzer, etwa von Aurelio Buta, Evan Ndicka oder Kristijan Jakic ist die Eintracht Frankfurt, die phasenweise gar nicht so schlecht Fußball spielte, entscheidend ins Hintertreffen geraten. „Wir haben die Bälle so leicht hergegeben und íhnen in die Karten gespielt“, sagte Kapitän Sebastian Rode. Torwart Kevin Trapp stimmte ihm zu: „Das Tempo von Leverkusen hat uns das Genick gebrochen.“ Tatsächlich ist gegen die Geschwindigkeit eines Adil, Diaby oder Jeremie Frimpong kein Kraut gewachsen. Nach dem frühen Gegentor hatten die Gastgeber, die nun bereits ihr siebtes Pflichtspiel in Folge gewannen und die Eintracht damit von Platz sechs verdrängten - nachdem die Hessen bereits elf Punkte Vorsprung auf die Werkself hatte - genau das Spiel, das sie wollten und nahezu perfekt können.
Der Gegner musste das Spiel machen, Bayer konnte nach Herzenslust kontern, 57 Prozent Ballbesitz hatten die Frankfurter, aber eine relativ schlechte Zweikampf-Bilanz. Insgesamt blieben sie aber zu harmlos. Zwei Chancen in der ersten Halbzeit (Philipp Max und Buta), ein Tor zum 1:2 durch Djibril Sow (74.) war dann doch zu wenig. Der Schweizer legte die Finger in die Wunde: „Momentan habe ich das Gefühl, dass vorne und hinten etwas fehlt.“ Glasners Fehleranalyse fiel knapp aus: „Zu fehleranfällig und zu wenig effizient.“
Eintracht: Was bleibt? Hoffen, kämpfen, arbeiten
Wenn sich das nicht schleunigst ändert, wird Eintracht Frankfurt ihre Ziele in der Liga nicht erreichen. Sie wird durchgereicht, wird einen internationalen Startplatz verspielen. Der traditionelle Einbruch in der Rückrunde ist erneut frappierend. Schon jetzt zählt Eintracht Frankfurt zu den schlechtesten Rückrundenteams, hat ihn zehn Spielen gerade zehn Punkte geholt, nur Hertha, der VfB Stuttgart und die TSG Hoffenheim sind schlechter. Und sich allein auf den Gewinn des DFB-Pokals zu verlassen, erscheint ein wenig riskant. Was allein bleibt hat Kapitän Rode plakativ zusammengefasst: „Es gilt: zu hoffen, zu kämpfen, zu arbeiten.“
Mario Götze, um die eingangs erwähnte Frage zu beantworten, könnte am kommenden Samstag übrigens von Daichi Kamada ersetzt werden. Oder durch Eric Dina Ebimbe. Der Franzose brachte am Samstag in Leverkusen nach seiner Einwechselung wenigstens ein bisschen Elan ins Spiel. Wunderdinge sollte man vom lange verletzten Ebimbe aber auch nicht erwarten. (Thomas Kilchenstein und Daniel Schmitt)