Eintracht-Trainer Glasner will es noch mal wissen

Der scheidende Trainer entschuldigt sich öffentlich, blockt alle Fragen nach seiner persönlichen Zukunft ab und will die Eintracht unbedingt noch nach Europa führen.
Die erste Pressekonferenz nach der vor drei Tagen beschlossenen Trennung im Sommer eröffnete Oliver Glasner mit einem dicken Sorry. „Ich möchte mich öffentlich bei Peppi Schmitt für den Tonfall entschuldigen. Der war in keiner Weise angebracht“, sagte der Eintracht-Trainer zu seinem Ausraster vor einer Woche in Hoffenheim. Nach der 1:3-Niederlage am vergangenen Samstag hatte er die Contenance verloren und den altgedienten Reporter angeschrien („Hört mir mit dem Müll auf“). Es war ein denkwürdiger Wutausbruch, der intern nicht gut ankam und der dem Fußballlehrer aufrichtig leid tut. Schon am Samstagabend hatte er sich persönlich bei Journalist Schmitt entschuldigt. Nun das öffentliche Sorry. Das hat Stil, es zeugt von Größe.
Inhaltlich aber, das stellte Glasner nochmals heraus, weiche er keinen Millimeter von seinen Äußerungen ab. Wenn man seiner Mannschaft die Mentalität abspreche, ihr fehlenden Willen oder Einsatz vorwerfe (was der Journalist nicht tat), werde er sie stets verteidigen. „Das ist nämlich ihre herausragende Eigenschaft.“
Trotz dieser herausragenden Eigenschaft ist das Team so verkrampft und verunsichert, dass es mittlerweile seit zehn Bundesligaspielen auf einen Sieg wartet und in der Tabelle von Rang vier auf neun durchgereicht wurde. Auch dieser krachende Niedergang hat dafür gesorgt, dass Oliver Glasner seinen Job in Frankfurt bald los sein wird. Noch drei Bundesligaspiele und das große Finale von Berlin – dann ist nach zwei Jahren Schluss für den lange Zeit so erfolgreichen Österreicher.
Sehr gerne hätte man erfahren, wie es ihm damit geht, wie es tief drinnen in ihm aussieht, ob er sich mit der Entscheidung arrangiert oder womöglich selbst keine Lust mehr hat. Doch Glasner blockte alles ab, ehe er überhaupt gefragt werden konnte. „Ich habe beschlossen, zu meiner persönlichen Situation bis zum Ende der Saison, bis nach dem Pokalfinale, nichts zu sagen. Und ich bitte Euch, das zu akzeptieren.“
Er wolle nun seinen ganzen Fokus auf die restlichen Spiele legen, alles ausblenden, alle Nebengeräusche abdrehen. „Es ist mir ganz wichtig, dass wir einen europäischen Platz erreichen. Über die Liga oder den Pokal. Am besten beides“, sagte der Coach. „Die Eintracht gehört nach Europa. Und ich werde alles dafür geben, dass wir unser Ziel erreichen.“
Glasner will sich dazu, wie er sagt, „in den Tunnel“ begeben. „Ich schaue nicht auf das, was war, ich schaue nicht nach links oder rechts. Es gibt zwei Ausfahrten: Eine geht nach Europa und die andere geht nicht nach Europa. Und ich will die Ausfahrt Europa erwischen. Darauf liegt mein Fokus. Dafür werden wir alles tun.“
Auch dass die meisten Fans den scheidenden Trainer auf allen Kanälen nach allen Regeln der Kunst abfeiern und die Scheidung im Sommer für einen großen Fehler halten, lässt den Fußballlehrer kalt. Sagt er zumindest. „Ich nehme nichts wahr“, befindet er nüchtern (Stichwort: Tunnel). Er habe sich auch „medial ausgeklinkt“, denn „ich will mich nicht beeinflussen lassen“. Oliver Glasner geht mit Scheuklappen in den Endspurt. „Ich werde zu 100 Prozent alles unserem Ziel unterordnen.“
Ein ganz klein wenig hat er dann doch noch von sich preisgegeben, die letzten 24 Monate im Schnelldurchlauf Revue passieren lassen. „Ich bin gekommen als Langweiler“, sagt er schmunzelnd. „Und ich gehe als hochemotionaler Typ. Die zwei Jahre Frankfurt haben mich emotionaler gemacht.“ Es war ja einiges los, über allem thront natürlich der grandiose Europa-League-Triumph von Sevilla. Für den Trainer wäre es die verdiente Belohnung, wenn er mit dem zweiten Titel binnen eines Jahres abtreten könnte, es wäre ihm zu gönnen.
„Wir wollen die Saison mit dem Pokalsieg krönen“, sagt er, fängt sich aber selbst schnell wieder ein. Denn nach Berlin geht es erst Anfang Juni, jetzt stehen erst einmal noch drei Bundesligaspiele an, das erste am Samstag (15.30 Uhr/Sky) im Waldstadion gegen den Nachbarn Mainz 05. Für Glasner „ein ganz wichtiges Spiel“, denn er hat die Hoffnung nicht aufgegeben, über die Liga noch einen internationalen Wettbewerb zu erreichen. „Wenn wir Mainz schlagen, überholen wir sie, wären wieder näher an den europäischen Plätzen.“
Glasner baut darauf, dass die Eintracht in diesem Jahr trotz der miesen Rückserie zu Hause noch ungeschlagen ist. Klar weiß er, dass da ein paar Unentschieden gegen Teams aus dem Tabellenkeller zu viel dabei waren. „Aber wir wollen das Momentum drehen.“ Und vielleicht auch mal weniger Bälle in den eigenen Kasten bekommen. Der Gegentorschnitt beträgt fast 1,5. „Das ärgert mich sehr, das wurmt mich, das ist klar meine Verantwortung“, sagt Glasner.
Die Verantwortlichen hoffen, mit der angekündigten Trennung im Juni die Blockaden zu lösen, die Verunsicherung zur Seite zu schieben. Es sind Fakten geschaffen, alle Unklarheiten beseitigt worden. Manchmal wirkt solch ein Schritt wie eine Befreiung für alle Beteiligten.
Ins Spiel gegen Mainz kann der Trainer unmittelbar nicht eingreifen, weil er nach seiner Roten Karten aus dem Hoffenheim-Spiel gesperrt ist. Eine halbe Stunde vor und nach der Begegnung darf er keinen Kontakt zur Mannschaft haben, auch nicht zu seinen Assistenten Ronald Brunmayr und Michael Angerschmid, der laut Glasner die „Hauptrolle“ spielen und „federführend“ ihn vertreten werde. Für Glasner wird es ungewohnt sein, nur „Passagier“ zu sein. Doch vielleicht bringt ja sein temporäres Fehlen auch einen zusätzlichen Impuls. Wer weiß es schon.