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Mal wieder Crunchtime bei der Eintracht

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Von: Ingo Durstewitz

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Die vielen Standardtore sind Eintracht Frankfurt ein Dorn im Auge. Foto: Imago Images
Die vielen Standardtore sind Eintracht Frankfurt ein Dorn im Auge. Foto: Imago Images © Jan Huebner/Imago

Bundesligist aus Frankfurt steht vor einer spannenden und wegweisenden Woche mit Spielen gegen Bremen, Neapel und Leipzig.

Am Donnerstag verrammelte Oliver Glasner das weitläufige Gelände rund ums Waldstadion. So gut es ging. Ganz geheimes Geheimtraining. Aus gutem Grund. Der Eintracht-Trainer ist nämlich in höchstem Maße unzufrieden mit seiner Mannschaft, was nun zugegebenermaßen reichlich zugespitzt dargestellt ist. Eigentlich stört sich der 48-Jährige nur an einem Phänomen, der Flut an Gegentoren nach ruhenden Bällen.

Fast die Hälfte aller 29 geschluckten Treffer fiel nach sogenannten Standardsituationen – das ist dem Coach ein Dorn im Auge. Also zog er seine erfahrenen Fußballer zurate, um auszuhecken, wie das Defizit zu beheben sei. „Der Lösungsansatz der Spieler deckte sich mit dem des Trainerteams“, erzählt Glasner zwei Tage vor dem Heimspiel am Samstag (18.30Uhr/Sky) gegen Werder Bremen. Und um das gemeinsam Ausbaldowerte in die Praxis umzusetzen, machte der Österreicher die Schotten dicht. „Wir ziehen den Vorhang nicht aus Jux und Tollerei zu“, sagt er.

Wie die neue Herangehensweise genau aussehen wird, ließ er offen. „Wir werden etwas verändern, von dem wir denken, dass wir die Anzahl der Gegentore nach Standards verringern können“, bekundet er. Was eigentlich nur bedeuten kann, dass man bei den entsprechenden Situationen zur guten alten Manndeckung zurückkehren wird. Dass man sich bei dieser Thematik neu aufstellen muss, steht für ihn außer Frage, schließlich ist sein Team auf diesem Sektor das Schlusslicht der Beletage. Der Mittelwert bei Standardgegentoren in der Bundesliga liege etwa bei 30, 35 Prozent. Das strebt Glasner nun an. „Wir wollen die Rote Laterne abgeben“, sagt er. Mittelmaß ist für ihn eigentlich nichts erstrebenswertes. „Aber in diesem Fall wäre ich zufrieden, wenn wir den Durchschnitt erreichen würden.“

Alles in allem ist er nach der herben 0:3-Schlappe von Köln sehr zuversichtlich, mit seinem Ensemble wieder auf den Erfolgsweg zurückkehren zu können. Gerade die Leistungen auf dem Übungsareal dienen als Mutmacher. „Wir haben eine super Trainingswoche hinter uns“, sagt er und legt fast schon euphorisiert nach: Schon lange habe ihn sein Team in punkto „Intensität und Spielfreude“ nicht mehr so restlos überzeugen können. „Da war richtig Feuer drin, die Einheiten waren überragend.“ Hört man auch nicht oft.

Der Gastauftritt in Müngersdorf hat den Trainer nicht dazu veranlasst, Grundsätzliches infrage zu stellen. Klar habe sein Team in den Wochen zuvor oft das Hochgefühl des Gewinnens gehabt, „vielleicht denkt man dann im Unterbewusstsein, wir schießen schon unser Tor“. Insofern könne die klare 0:3-Niederlage sehr wohl „ein Warnschuss sein, der uns hilft, den Fokus wieder zu finden.“

Generell aber teile er nicht die Einschätzung einiger Beobachter, die meinten, dass seine Elf im Rheinland sich so ein bisschen den Schneid hat abkaufen lassen und die Kölner den Sieg mehr wollten. „Meine Mannschaft ist mir zu schlecht weggekommen“, betont er. Der gastgebende Effzeh habe aus dem Spiel heraus gerade mal drei Abschlüsse gehabt, aber die „Trumpfkarte Standards“ gezogen.

Sein Team habe zwar eine herausragende Passquote für eine Auswärtsspiel bei der widerstandsfähigen Baumgart-Elf zu verzeichnen gehabt, aber sich eben zu oft im Mittelfeld bewegt. Vorne sei mal hier der letzte Pass nicht gekommen und mal dort eine falsche Entscheidung getroffen worden. „Wir können über alles reden, aber nicht darüber, dass meine Jungs sich nicht wehren oder nicht wollen“, sagt er mit Nachdruck. „Dass sie es auf die leichte Schulter genommen haben, schließe ich aus.“

Ein gutes Beispiel für nicht eben optimal genutzte Optionen ist sicher Jesper Lindström, der in Köln die eine oder andere Großchance schon im Ansatz oder eben im Abschluss versiebte. Für den Trainer auch dadurch erklärbar, dass der junge Däne zuvor ein paar Tage mit dem Training aussetzen musste und auch die Pokalpartie gegen Darmstadt verpasste. „Da fehlt dir manchmal das Feingefühl für die Situation“, erklärt er. Nun aber stehe die Offensivkraft wieder voll im Saft. „Er ist wieder besser im Rhythmus, wird dadurch auch wieder bessere Entscheidungen treffen.“

Das ist zwingend nötig. Denn so langsam wird wieder die Phase eingeläutet, in der die Entscheidungen fallen, in der es Schlag auf Schlag geht. Nach der Partie gegen Aufsteiger Bremen steht am Dienstag das große Champions-League-Achtelfinale gegen SSC Neapel an, ehe es ein paar Tage später schon wieder zum Topspiel nach Leipzig geht. Die Eintracht geht in eine wegweisende Woche. „Jetzt kommt die Crunchtime wieder“, sagt Glasner, und es ist ihm förmlich anzusehen, dass er sich darüber ganz schön freut. Es sei aber auch die Zeit, in der man nichts dem Zufall überlassen dürfe, in der alle Sinne geschärft sein müssten. „Es ist wichtig, in den Details gut zu sein.“

Dass die Königsklasse bereits in den Köpfen seiner Spieler umher spuke, glaubt der Coach nicht. „Für uns gibt es jetzt ausschließlich Werder Bremen.“ Auch in Sachen Aufstellung werde er, bis auf Sebastian Rode, keine Rücksicht auf die Champions League nehmen. Und dass die Eintracht – im Gegensatz zu Neapel, das bereits am Freitag spielt – von der DFL das späte Samstagabendspiel zugeschanzt bekam, lässt Glasner zwar nicht zu Freudentänzen ansetzen. „Aber es ist, wie es ist. Wir regen uns nicht darüber auf, diese Ausrede gibt es bei uns nicht.“

Genauso wenig wie Spieler, die vielleicht schon mit den Gedanken woanders sein könnten, wie Evan Ndicka und Daichi Kamada. Beide schwanken in ihren Leistungen, sind nicht so konstant wie im Herbst des vergangenen Jahres. Ob die ungeklärte Zukunft sich womöglich auf die Leistung auswirke? „Nein“, antwortet der Trainer knapp. „Jeder, der bei uns ist, wird bis zum Schluss alles für den Erfolg von Eintracht Frankfurt geben.“ Auch da klingt Oliver Glasner sehr nachdrücklich.

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