Mainz 05 und die Eintracht: Fast schon Freunde

Der Mainzer Vorstand Christian Heidel erklärt, wie die Zusammenarbeit mit Trainer Bo Svensson funktioniert und was er über die Entwicklung rund um Oliver Glasner denkt.
Die sich überschlagenden Entwicklungen um Trainer Oliver Glasner bei der nur 40 Kilometer nordöstlich beheimaten Frankfurter Eintracht haben die Verantwortlichen von Mainz 05 vor dem Auswärtsspiel beim Tabellennachbarn besonders aufmerksam verfolgt. „Ich hatte jetzt nicht den Eindruck, dass Olli Glasner gehen wollte“, sagte Sportvorstand Christian Heidel im Gespräch mit der Frankfurter Rundschau. Man merke „natürlich schon, dass die Ansprüche in Frankfurt durch den Erfolg in der Europa League gewachsen sind, der dann ja erst die Qualifikation zur Champions League bedeutet hat.“ Heidel vergisst nicht, mit Blick nach Frankfurt anzumerken: „Die vergangenen zwei Bundesligajahre waren ja nicht so überragend.“
Die Arbeitsatmosphäre in Mainz beschreibt Heidel so: „Kürzlich waren Bo Svensson und ich miteinander essen. Ich wollte von ihm wissen, ob er zufrieden ist mit der Zusammenarbeit, gerade auch der mit mir, oder ob es etwas zu justieren gäbe. Näher ran? Weiter weg? Bo sagte, dass er super zufrieden ist und es hier perfekt für einen Trainer ist.“
„Trainer Chef in der Kabine“
Heidel erläutert, dass er „sicher einen etwas anderen Ansatz verfolge als viele meiner Kollegen. Ich war in diesem Jahr vielleicht dreimal in der Kabine. Das ist nicht mein Bereich. Das schätzen unsere Trainer, das war schon so bei Jürgen Klopp, Thomas Tuchel oder auch Martin Schmidt.“ Denn: „Der Trainer ist der Chef in der Kabine. Da bin ich überflüssig, wenn man einen guten Trainer hat. Und den haben wir. Bo kann sich bei Mainz 05 frei entwickeln und braucht keinen Kontrolleur neben sich. Er weiß, dass er die volle Rückendeckung von mir und Martin (Sportdirektor Schmidt; Anm. d. Red.) hat.“
Grundsätzlich sei es so, erklärt der Entdecker von Klopp, Tuchel und Svensson: „Wenn ein Verhältnis nicht frei von Belastungen ist, dann beginnt die Uhr zu laufen und ist nicht anzuhalten. Dann kommst du nicht durch Krisen.“ Die Situation beim Tabellenachten sei so: „Wir sind krisenfest und in der Lage, Krisen gemeinsam zu meistern. Das würde ich auch sagen, wenn wir im dicksten Abstiegskampf wären.“
Svensson ergänzte auf Nachfrage: „Es ist nicht vorstellbar für mich, irgendwo zu arbeiten, wo Vertrauen und Loyalität intern nicht vorhanden sind.“ Es sei „ganz zentral“ für seine Arbeit, dass „da oben jemand sitzt, der komplett hinter mir steht“. Andernfalls würde ihm der Job „echt schwerfallen“. In Mainz, berichtet Svensson, säßen Heidel und Schmidt zwei Stockwerke über ihm. „Wir haben keinen jour fixe, aber wir sind sehr oft in Kontakt miteinander. Manchmal treffen wir uns auch im Aufzug. Für mich ist es ein zentraler Punkt als Trainer, dass dieser Austausch gut funktioniert.“
Nach Glasners Wutausbruch bei der Pressekonferenz in Hoffenheim auf eine Reporterfrage hat Svensson „die ganze Kritik Olli gegenüber nicht verstanden. Es war emotional, aber das kenne ich ja auch von mir. Er hat sich vor seine Mannschaft gestellt und sich voll authentisch mit ihr ins selbe Boot gesetzt. Das ist bei mir sehr gut rübergekommen. Ich fand den Auftritt stark von ihm und schätze ihn als Kollegen.“ Glasner sei ein Trainer, der „jede seiner Mannschaften besser gemacht“ habe. Grundsätzlich sei er der Meinung, dass Trainer zu früh entlassen werden. „Aber das denken wahrscheinlich alle Trainer“, schob der Däne nach.
„Sind Eintracht dankbar“
In dieser Woche hat der 43-Jährige entgegen dem üblichen Prozedere das Training komplett unter Ausschluss der Öffentlichkeit angesetzt. Furcht vor Spionen aus Frankfurt? Der 05-Chefcoach verneint: „Nicht, weil wir Angst hätten, dass jemand uns über die Schulter schaut.“ Es sei vielmehr ein „ganz, ganz, ganz kleines Signal an die Spieler mit Symboleffekt: voller Fokus auf uns!“ Denn es geht in Frankfurt, wo die Mainzer vor dem Spiel ein Hotel bezogen haben, um einen Platz in Europa: „Es ist ein sehr wichtiges Spiel. Unser logisches Ziel ist es, alles zu geben, um am Ende vor den Mannschaften zu stehen, die nahe bei uns sind“, so Svensson.
Christian Heidel stellt klar, dass Eintracht Frankfurt gegen Mainz 05 ein Nachbarschaftsduell ist, aber sicher kein Derby: „Unser echtes Derby ist nicht das Spiel gegen Frankfurt, sondern gegen Kaiserslautern.“ Die Verbindung zur Eintracht „könnte nicht besser sein“, berichtet der starke Mann von Mainz 05. „Wir waren kürzlich zu Besuch bei der Eintracht, um uns deren neuen Campus anzuschauen. Wir planen ja auch gerade einen Neubau bei uns. Axel Hellmann hat unsere Delegation aus Mainz persönlich empfangen. Wir sind durch das gesamte Gebäude geführt und noch zum Essen eingeladen worden. Wir sind der Eintracht sehr dankbar für deren Offenheit. Wir durften sogar die Kabine begutachten. Das Verhältnis ist sehr eng und nachbarschaftlich.“
Der Besuch in Frankfurt, so Heidel, „hat uns wirklich weitergebracht. Anschließend sind wir zum DFB gefahren und haben uns deren Campus auch noch angeschaut, um neue Ideen zu entwickeln.“ An diesem Samstag werden die Bosse von Mainz 05 und der Eintracht sich vor dem Spiel zum Austausch treffen. Ganz so, wie es früher die alten Haudegen Heribert Bruchhagen und Harald Strutz getan haben.