1. Startseite
  2. Eintracht

"Ich war extrem aufgeregt"

Erstellt: Aktualisiert:

Von: Thomas Kilchenstein

Kommentare

Zurück in seinem Revier: Marc Stendera feierte ein prima Comeback.
Zurück in seinem Revier: Marc Stendera feierte ein prima Comeback. © AMELIE QUERFURTH (AFP)

Marc Stendera feiert nach elf Monaten Zwangspause ein erstaunlich gutes Comeback.

Irgendwann Mitte der zweiten Halbzeit ist Marc Stendera nach einem harten Zweikampf im Mittelfeld zu Boden gegangen. Er hat sich gekrümmt vor Schmerzen, er hat sich ans Knie gefasst und oben auf der Haupttribüne haben die Beobachter den Atem angehalten. Er wird doch nicht? Ein paar bange Sekunden später stand er wieder auf, er humpelte zwar, aber konnte weitermachen. Hinterher hat Marc Stendera gesagt, mit dem Knie sei alles bestens in Ordnung. Keine Probleme, „alles fit“.

Info erst zwei Stunden vor Spielbeginn

Es war schon eine Überraschung, die Trainer Niko Kovac gelungen war, als er Marc Stendera in die Anfangsformation beordert hatte. Bekanntlich hat der 21 Jahre alte Mittelfeldspieler vor knapp elf Monaten das letzte Mal ernsthaft gegen den Ball getreten, am 23. Mai im zweiten Relegationsspiel gegen den 1. FC Nürnberg riss schon in der Anfangsphase das Kreuzband im linken Knie. Schon zum zweiten Mal in der noch jungen Karriere des Hochbegabten, den ersten Kreuzbandriss hatte er im Sommer 2013 erlitten, bei einem Testspiel, allerdings im anderen Knie. Elf Monate also ohne Spielpraxis, das ist eine lange Zeit, und niemand konnte seriös vorher wissen, ob das mit dem Startelfeinsatz bei der TSG Hoffenheim eine gute Idee sein würde. Selbst Marc Stendera wusste nicht, wo er denn stand. „Ich muss sagen, ich war vor dem Spiel extrem aufgeregt“, sagte er nach dem Spiel. Erst zwei Stunden vor dem Anstoß war er von Trainer Kovac in Kenntnis gesetzt worden, dass er spielen würde. Und wie er dann spielte: „Unglaublich“ sei es, welch Pensum der gebürtige Kasselaner abspulte, lobte Kollege Michael Hector, „Hut ab“, sagte Torwart Lukas Hradecky. Kovac lobte noch ein bisschen überschwänglicher: „Einzigartig.“ Stendera habe „ein wirklich sehr, sehr gutes Spiel“ gemacht. Nach elf Monaten in einem Bundesligaspiel auswärts so eine kämpferische und leidenschaftliche Leistung an den Tag zu legen, das sei schon außergewöhnlich. „So was habe ich in der Form auch noch nicht erlebt.“ Tatsächlich war Marc Stendera, der seit seinem Kreuzbandriss lediglich eine Halbzeit in einem Testspiel (gegen Würzburger Kickers) gespielt hatte, sofort drin in der Partie. Er hatte keine Anpassungsschwierigkeiten. In seinen 79 Minuten, in denen er spielte, spulte er nahezu zehn Kilometer ab, er hatte nach Bastian Oczipka (52) die meisten Ballkontakte aller Frankfurter Spieler (44), und: Er gewann die meisten Zweikämpfe, nämlich 20. Gerade sein Defensivverhalten war erstaunlich gut. Das war insofern wichtig, weil Stendera nach dem Ausfall des kompletten defensiven Mittelfelds (Mascarell, Gacinovic) genau diesen Part hatte übernehmen müssen.  

Hinterher war Stendera selbst ein bisschen überrascht, wie gut sein Comeback verlaufen war. „Ich hätte nicht gedacht, dass es so in Ordnung läuft für mich.“ Er habe sich in dieses Spiel „reingebissen“. Es sei „ein sehr schönes Gefühl“ gewesen, endlich auf dem Platz zu stehen. „Es gibt nichts Schöneres, als nach so einer langen Verletzung wieder Fußball spielen zu können.“ Mit ein bisschen mehr Fortune wäre seine Rückkehr sogar noch mit einem Punktgewinn gekrönt worden. „Es ist ein bisschen enttäuschend. Das erste Spiel nach so einer langen Zeit ist nie ganz einfach, aber ich bin ganz zufrieden. Deswegen ist es schade, dass wir nichts mitgenommen haben.“ Für ihn persönlich immerhin war der 30. April ein guter Tag. Zurück im Training ist Marc Stendera seit Anfang Februar. Es ist ihm nicht leicht gefallen, und es hat Rückschläge gegeben, Tage, die wie Blei auf einem lasteten. „Es gab Stimmungsschwankungen“, erzählte Stendera einmal, Tage, an denen er keine Lust hatte, sich zu quälen und immer und immer wieder die gleichen Übungen zu machen und so gut wie keinen Heilungsfortschritt zu erkennen. „Ich bin eher der Typ, der solche Sachen mit sich ausmacht“, sagt der Mittelfeldspieler, der seit 2010 bei der Eintracht spielt und bislang 62 Bundesligaspiele auf dem Buckel hat.

Einfach war die Zeit nicht, „man verliert die Geduld, aber man darf sich nicht runterziehen lassen“, sagte er. Zweifel, dass es womöglich nicht mehr langen würde, hatte er nie. „Darüber habe ich mir keinen Kopf gemacht.“ Er hat immer weiter gemacht und an sich geglaubt. Der Lohn waren Berufungen in den Kader, die letzten vier Spiele gehörte Stendera dem 18er-Aufgebot an, erstmals durfte er im April im Auswärtsspiel beim 1. FC Köln wieder Bundesligaatmosphäre schnuppern. Nach 79 Minuten an diesem Sonntag ging dann nichts mehr, Stendera war kaputt, „sehr platt, die Muskulatur hat zugemacht“. Für ihn kam im Endspurt Danny Blum. „Die Temperaturen waren heute auch etwas anders. Aber ich bin sehr, sehr zufrieden mit ihm. Ich freue mich, dass er das durchgehalten und fleißig trainiert hat und dass er wieder dabei ist“, sagte Trainer Kovac. Als der Spieler dann nach 79 Minuten ausgepumpt vom Platz geholt wurde, ist er mit lange anhaltenden „Marc-Stendera“-Rufen aus der Fankurve gefeiert worden. Die haben ihm richtig gut getan.

Auch interessant

Kommentare