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Hauptsache kein Stillstand beim Eintracht-Nachwuchs

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Von: Daniel Schmitt

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„Lechzt“ nach einem Cheftrainerposten bei der Eintracht-Jugend: Alex Meier (links), hier mit U-21-Torwart Simon Simoni.
„Lechzt“ nach einem Cheftrainerposten bei der Eintracht-Jugend: Alex Meier (links), hier mit U-21-Torwart Simon Simoni. © IMAGO/Oliver Vogler

Der Eintracht-Nachwuchschef Alexander Richter über sein erstes Jahr in Frankfurt, anstehende Veränderungen, coachende Ex-Profis und die Installierung eines Trainer-Trainers.

An manchen Tagen, sagt Alexander Richter, sei er tatsächlich froh darüber, abends einfach nur vom heimischen Balkon runterzustarren und dort, im Frankfurter Stadtteil Bergen-Enkheim, keine fußballspielenden Jugendliche zu entdecken. Schon mal gar keine im schwarzroten Adlergewand.

Es beschleicht den Ur-Bochumer dieses Gefühl, nicht etwa weil er sich zurücksehnen würde in den Pott, wo die Familie immer noch lebt und er regelmäßig hinpendelt. Nein, nein, ihm, dem Leiter des Nachwuchsleistungszentrums (NLZ) von Eintracht Frankfurt, gefällt es auch nach einem knappen Jahr am Riederwald (und im Sportpark Dreieich, wohin die U21 ausgelagert ist) prima. Doch manchmal, so Richter, müsse man eben abschalten von der Kickerei, von der Arbeit. So wie es auch andere Berufstätige tun, die sich nicht tagtäglich mit dem schönsten Hobby der Welt, dem Fußball, beschäftigen.

Für elf Mannschaften von der U9 bis zur U21 ist Richter als NLZ-Leiter verantwortlich, das sind rund 180 Jugendliche, mehr als 20 Trainer, dazu Physios, Analysten, und so weiter und so fort. Eine Menge Menschen also. Richter war erst im vergangenen Frühjahr nach Frankfurt gelotst worden vom Eintracht-Sportvorstand Markus Krösche. Er, also Richter, sollte sich die Nachwuchsförderung bei den Hessen genau anschauen, sie analysieren, anpassen, an einigen Stellen komplett umkrempeln und soll vor allem nachhaltig für Erfolg sorgen.

Heißt: Irgendwann wieder ein Talent zu den Profis durchbringen. Immerhin: Einige junge Kräfte, Mehdi Loune oder Nacho Ferri, durften reinschnuppern bei den Profis von Trainer Oliver Glasner. So ganz grundsätzlich, sagt Richter, sei man auf einem guten Weg.

Anfang März teilte die NLZ-Leitung mit, welche Trainer die kommende Runde die jeweiligen U-Mannschaften betreuen werden. Es gibt einige Veränderungen. Die in der Öffentlichkeit am meisten beachtete: Alex Meier, der Frankfurter Fußballgott, gibt seinen Hilfsjob bei der U21 ab und übernimmt künftig als Chef die U16. „Alex ist ein positiver Typ, der danach lechzt, eine eigene Mannschaft zu trainieren. Wir trauen ihm das absolut zu, weil er sich als Trainer sehr gut weiterentwickelt hat“, sagt Richter im Gespräch mit der FR, nicht ohne zu erwähnen, dass bei einem Neuling auf dem Chefposten stets ein gewisses Risiko mitschwinge. Aber: „Das Risiko halten wir für relativ überschaubar. Alex wird seine Erfahrungen machen.“ Häufig ist der frühere Torschützenkönig der Bundesliga auch im Stadtwald zugegen, um Profitrainer Glasner bei den Einheiten über die Schultern zu schauen.

Frust bei Ervin Skela

Auch Ervin Skela hatte sich solch einen Chefposten wie Meier erhofft. Der Ex-Profi, ein guter Typ nebenbei, führte gerade erst auf den letzten Metern die U19 vom entlassenen Damir Agovic zum Klassenerhalt in der Junioren-Bundesliga. Für eine eigene Mannschaft, zuvor hatte er bereits die U17 gecoacht, reicht es dennoch nicht, was Skela offenbar derart ärgert, dass er sich jüngst via Boulevard enttäuscht gab. „Dass er gerne ein eigenes Team gehabt hätte, das weiß ich und ist auch total legitim“, sagt Richter und wiegelt die heikle Personalie ab: „Mehr möchte ich dazu nicht sagen.“

So heißen die Chefs der älteren Jahrgänge künftig wie folgt: Kristjan Glibo (U21), Helge Rasche (U19), Sebastian Haag (U17) sowie Alex Meier (U16). „Ich habe es gerne, wenn frühzeitig Klarheit herrscht und alle Beteiligten wissen, woran sie sind“, sagt Richter. Ralph Gunesch, im Saisonendspurt an der Seite von Skela für die U19 zuständig, kehrt zurück auf seinen Posten als Bindeglied zwischen Nachwuchs und Profis. Zudem wird es künftig einen Trainer-Trainer geben, also jemanden, der sich explizit um die Weiterentwicklung der Übungsleiter kümmern und mit diesen an ihren Schwächen arbeiten soll. Vom DFB kommt für diesen Job der 34-jährige Alex Reifschneider. Schon seit einigen Monaten werkelt zudem Nino Berndroth, Sohn von Ramon Berndroth (einst langjähriger Co-Trainer bei der Eintracht, später unter anderem Interimscoach bei Darmstadt 98), als Leiter Spielkonzeption und Analyse am Riederwald.

Im Rückblick auf die Haarscharf-Saison der U19, die erst kurz vor Ultimo den Ligaerhalt packte, ist Richter derweil ehrlich: „Da haben wir uns durchgeschleppt durch die Saison.“ Die Strukturen der Junioren-Bundesligen hält er davon unabhängig aber für wenig hilfreich. Sechs Teams stiegen am Ende ab, darunter auch der sonst für seine ausgezeichnete Jugendarbeit bekannte SC Freiburg, die halbe Liga kämpfte lange Zeit um den Klassenerhalt. Dadurch entstünde, so der NLZ-Leiter, ein negativer Druck für junge Fußballer, „weil sich niemand die Blöße eines Abstiegs geben will“. Im Umkehrschluss bliebe manch persönliche Entwicklung auf der Strecke. Individualismus, der im deutschen Jugendfußball (und auch bei der Eintracht) eigentlich gefördert werden soll.

Wohlfühlort Regionalliga

Das Projekt Zukunft von DFL und DFB, das das Ansinnen hat, den deutschen Fußball dank einer gezielteren Ausbildung von Talente wieder näher an die Weltspitze heranzuführen, hält Richter - wie viele andere Experten - für von großer Bedeutung. Unter anderem soll die Ligenstruktur im Juniorenbereich verändert werden, es auch weniger Absteiger geben. Wann genau, ist nicht bekannt.

Für die Eintracht-U21, aktuell Tabellenführer der fünftklassigen Hessenliga, dürfte sich bereits in einigen Monaten viel ändern. Dann nämlich, wenn die Glibo-Truppe tatsächlich den Aufstieg packt von der Amateurklasse in die mindestens semiprofessionell aufgestellte Regionalliga Südwest. „Wir weigern uns nicht gegen den Aufstieg, sollte es so kommen“, sagt Richter im Bewusstsein, dass die Gegner bald nicht mehr Hanau, Walldorf oder wie am Samstag Steinbach II (4:1) heißen könnten, sondern Hessen Kassel, FSV Frankfurt und womöglich Kickers Offenbach. „Wir schauen uns nach einigen Spielern um, denn der Sprung von der Hessen- in die Regionalliga ist kein kleiner“, sagt Richter, zumal eher keine zwölf Jungs aus der U19 den Sprung in die Viertklassigkeit packen würden. „Da wird sich das Gesicht der U21 wohl im Sommer ein wenig verändern müssen.“

Grundsätzlich, das hat Markus Krösche jüngst erklärt, hält der Sportvorstand die Regionalliga für die optimale Spielklasse einer zweiten Mannschaft. Für die Dritte Liga, in der auch diverse U-Teams kicken (Freiburg II, Dortmund II), benötige man deutlich mehr Finanzmittel, die Krösche - Stand heute - eher nicht aufwenden will. Sein Credo: Ist ein 17-, 18- oder 19-Jähriger in diesem jungen Alter bereits derart auffällig, dass er in der Dritten Liga eine gute Rolle spielen würde, dann sei er ein Kandidat für den Kader der Eintracht-Profis. Auch gebe es weiterhin die Leih-Option.

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