Eintracht verurteilt Randale: Die hässliche Fratze des Fußballs

Die Eintracht verurteilt die Randale von Neapel - und kritisiert die italienische Politik.
Wenn sich selbst die deutsche Bundesinnenministerin zu Wort meldet, um ihre klare Meinung über die Vorkommnisse rund um ein Sportereignis kundzutun, dann ist offenkundig, dass etwas Außergewöhnliches geschehen sein muss. Nichts Schönes in diesem Fall, sondern etwas, was man mit Fug und Recht als hässliche Fratze des Fußballs beschreiben kann. „Diese Gewalt ist aufs Schärfste zu verurteilen“, schrieb die SPD-Politikerin Nancy Faeser bei Twitter und ergänzte: „Gewalttäter und Chaoten machen den Sport kaputt.“ Dem ist eigentlich nichts hinzuzufügen.
Es war schlichtweg beschämend, was sich Eintracht-Hools (unterstützt von den befreundeten Atalanta-Bergamo-Ultras) und Napoli-Chaoten rund um das Champions-League-Rückspiel am Mittwochabend zwischen dem SSC Neapel und dem Frankfurter Bundesligisten (3:0) leisteten. Was sich in der Altstadt der süditalienischen Hafenstadt abspielte, war beängstigend und verstörend. Unfassbar und unsäglich. Eine Eskalation tumber Gewalt.
Hunderte vermummter Krawallbrüder in Turnschuhen, Jeans und schwarzen Jacken sorgten in einem Akt roher Zerstörungswut und Aggression für eine Schneise der Verwüstung, für wilde Jagdszenen auf Kopfsteinpflaster. Sie warfen mit Stühlen, Tischen, Steinen, schlugen mit Brettern, Eisenstangen und Knüppeln. Sie demolierten Autos und Restaurants, schlugen Scheiben ein, setzten PKW, darunter einen Polizeiwagen, in Brand. Rauchschwaden waberten stundenlang durch die engen Gassen, dauernd detonierten Kanonenschläge, Sirenen heulten, Hubschrauber kreisten. Bengalos und Leuchtraketen wurden entzündet, Tränengas eingesetzt. Viele Menschen flüchteten, suchten sogar in einer Kirche Zuflucht. Das volle Programm. Italienische Medien beschrieben die Randale als „Guerilla-Kämpfe“ in den Straßen der Stadt. Ein kleines Wunder, dass niemand ernsthaft verletzt wurde.
„Es schien ein bisschen so, als hätten sich die Gruppen, die sich gesucht haben, auch gefunden“, kommentierte Eintracht-Vorstand Philipp Reschke. Das war zu erwarten, seit dem Tag der Auslosung stand dieses Szenario im Raum. Und wurde logischerweise auch nicht durch das von den italienischen Behörden verhängte Stadionverbot für deutsche Fans verhindert. Es war klar: Die, die auf Gewalt aus sind, werden in Neapel aufschlagen (um dort auf ihresgleichen zu treffen), die friedlichen, unbescholtenen Fußballfans sind um ihre Reise und ein Champions-League-Spiel gebracht worden. „Man hat gesehen, dass solche Erlasse untauglich sind“, sagte Reschke. „Damit kann man Ausschreitungen nicht verhindern.“
Damit wollte er freilich nicht die schlimmen Krawalle abmildern. Die verurteilt der 50-Jährige aufs Schärfste. „Wir bedauern die Vorfälle außerordentlich. Diese Gewalt ist durch absolut Nichts zu rechtfertigen. Wir mögen sie vielleicht alle befürchtet haben, aber sie ist und bleibt nicht hinnehmbar“, sagte Reschke. „Sie schadet dem Fußball, sie schadet Eintracht Frankfurt und sie schadet unseren Bemühungen, uns für die Rechte aller Fans, die hier gerne ein Fußballspiel ohne Repressionen und Erlasse im Stadion gesehen hätten, einzusetzen.“
Er erneuerte am Donnerstag seine Kritik an der italienischen Politik. Durch das erlassene Ticketverbot habe die Präfektur Neapel zur Eskalation beigetragen. Man habe dadurch Tausende Anhänger:innen verprellt und die ohnehin angespannte Atmosphäre vergiftet. „Alles war vorbereitet und organisiert, vom Fan-Meeting-Point, über die Transporte und alles weitere. Diese Ordnung wurde gegen Improvisation und Chaos eingetauscht“, sagte Reschke. „Das rechtfertigt nichts, aber es gehört mit zur Geschichte.“
Auch in der Nacht ging die Randale weiter, 100 Hooligans des SSC Neapel versuchten gegen 23.30 Uhr ins Teamhotel der Eintracht und in ein 100 Meter entfernt gelegenes Fan-Hotel vorzudringen und konnten nur durch ein massives Polizeiaufgebot gestoppt werden. Die Eintracht-Mannschaft kehrte unversehrt und sicher um ein Uhr in ihr Quartier zurück. Unter dem Eindruck des Erlebten standen aber auch die Spieler und die Sportliche Leitung. Laut Vorstand Philipp Reschke wurden drei Eintracht-Fans festgenommen, die italienische Agentur Ansa berichtet von sieben festgesetzten Neapel-Ultras. Die Bilanz eines traurigen Fußball-Abends. (mit dpa)