Eintracht: Noch ein Jahr für Hasebe

In Tokio unter Kirschblüten verlängert Eintracht Frankfurt den Vertrag mit Altmeister Makoto Hasebe um ein weiteres Jahr.
Im ersten Spiel des Kalenderjahres hatten sie sich mehr erhofft, schließlich ging es darum, den Anschluss an die Tabellenspitze zu halten. Fleißig schufteten sie dafür in der Vorbereitung, samt Trainingslager, doch gegen den FC St. Michael, mausgraues Mittelfeld, reichte es für den Tabellenfünften doch nur zum torlosen Remis. Auch der stürmende Kapitän - wegverteidigt vom kompromisslosen Gegner, was nicht oft vorkommt in der Unterliga Ost zu Kärnten, er ist schließlich Topknipser. 17 Buden in 17 Partien. Lässt sich sehen, ganz grundsätzlich, diese Saison des Martin Hinteregger von der SGA Sirnitz.
Martin Hinteregger, dieser ehemalige Profi also, den sie in diesen Tagen an einem anderen, vielleicht etwas größeren Fußballstandort als in Sirnitz mehr denn je vermissen - in Frankfurt, bei der Eintracht. Da wird dem Sportvorstand des hessischen Bundesligisten, Markus Krösche, bei stetig steigender Durchlässigkeit der Frankfurter Defensive von Woche zu Woche mehr vorgeworfen, erst in der Sommer- und dann auch in der Wintertransferphase keinen adäquaten Ersatz für den in die Profifußballrente getretenen Hinteregger geholt zu haben. Und in der Tat, ein Hinti in Bestform würde der Eintracht gewiss helfen. Ist er halt nicht mehr, nun gut.
Der 30-Jährige, der die Spiele der Eintracht weiterhin mit viel Herzblut und ab und zu auch live im Stadion verfolgt, nahm nun nach der bitteren 0:2-Niederlage bei Union Berlin eine kleine Lageanalyse vor. Eine, die durchaus zutrifft mit Blick auf derzeitige Probleme der Eintracht.
Lahmende Außen
Hinteregger hat da eine gewisse Disbalance im Frankfurter Spiel erkannt, was sich dadurch bemerkbar mache, dass Trainer Oliver Glasner mitunter taktisch variiere. Viererverteidigung in Neapel, Dreierabwehrkette in Berlin. „Das ist einfach der Situation geschuldet“, sagt Hinteregger und erklärt: „Philipp Max - Verteidiger. Aurelio Buta - Verteidiger. Christopher Lenz - Verteidiger.“ Diese Spielertypen könnten sich auf den Seiten im Spiel nach vorne eben nur „schwer durchsetzen“, schon gar nicht so gekonnt wie das Paradebeispiel eines Schienenspielers Filip Kostic. „Da wird dann halt immer ein bisschen Offensivpower fehlen.“ Selbst der Ansgar, also Ansgar Knauff, habe vergangene Saison, obwohl in Überform, durchaus manchmal Probleme gehabt.
Weil die Frankfurter derzeit - und im Gegensatz zum erfolgreichen Herbst - kaum Lösungen durch die spielstarke Mitte finden, weil Mario Götze und Daichi Kamada ihrer Form hinterherhecheln, weil Jesper Lindström länger verletzt fehlt, weil Eric Dina Ebimbe sich nach einer Verletzung gerade erst wieder an die Mannschaft herantrainiert, weil Sebastian Rode meist nicht mehr als eine Stunde powern kann, weil Djibril Sow die Querpässe spielt wie eh und je, stockt das Spiel durchs Zentrum.
Botschafter Hasebe
Um dies womöglich über die Außen aufzufangen, zum Beispiel mit vermehrten Läufen an die Grundlinie, mit scharfen, gezielten Flanken, aber fehlen dem Personal auf Strecke gesehen die letzten Prozente. Max, Buta, Lenz sind keine Außenstürmer, Knauff mit Abstrichen. Ihre Kernkompetenz haben sie im Verteidigen. Buta etwa zeigte in Berlin gute Ansätze, vor allem in Hälfte eins, brachte die Hereingaben aber auch da viel zu selten zu seinen Mitspielern. Winterneuzugang Max, nach ordentlichen Leistung ins Formtief gerutscht, wurde vom stets unscheinbaren Lenz verdrängt. Bezeichnend.
Dieses Eintracht-Problem auf Außen ist gewiss nicht das allesentscheidende, aber doch eines von mehreren, ein weiterer Mosaikstein neben aktuell fehlender Effektivität im Angriff und manch Tölpelhaftigkeit in der Abwehr. Auch scheint die Eintracht in ihrer Systematik gefangen, das 3-4-2-1 ist nun über Jahre - mit taktischen Feinjustierungen der verschiedenen Trainer - eingeschliffen, Umstellungen auf andere Spielweisen sind kaum möglich, beziehungsweise haben in der Vergangenheit selten zum Erfolg geführt. Fitte Außenstürmer, die etwa ein 4-4-2 möglich machen würden, gibt es kaum. Knauff vielleicht, oder Faride Alidou, der bei Trainer Glasner, nach dem angeblich die Tottenham Hotspur ihre Fühler ausgestreckt haben sollen, aber nicht sonderlich hoch im Kurs steht. Gegen Neapel zum Beispiel agierte daher Götze am linken Flügel.
Hinteregger jedenfalls ist sich sicher, dass sich seine Eintracht schon bald fangen wird, und er glaubt zu wissen, wie dies gelingen könnte. „Prinzipiell wird sich die Fünferkette mit Hase durchsetzen.“ Makoto Hasebe also wieder einmal, der 39-Jährige, den Glasner zuletzt in Neapel (durch die Viererkette) und Berlin (durch Hrvoje Smolcic) ersetzte. Dass Hasebe nicht mehr der Allerschnellste ist, dass er im Kopfballspiel aufgrund seiner Statur gewisse Defizite aufweist, dass er nicht mehr Woche für Woche auf absoluten Toplevel agiert, mag stimmen. Dass Hasebe aber solch einen Antizipations- und Stellungsfehler wie Smolcic vor dem 0:2 in Berlin gemacht hätte, ist nahezu ausgeschlossen.
Entsprechend wird der Japaner eine weitere Spielzeit angehen, seine zehnte bei der Eintracht. Wie zuletzt bereits angedeutet, verlängerte er nun seinen auslaufenden Vertrag bis Sommer 2024. „Frankfurt ist meine Heimat geworden, die Eintracht ist mein Klub. Deshalb freue ich mich auch jetzt schon darauf, nach der Karriere Teil dieses Vereins zu sein“, sagte Hasebe am Dienstag unter japanischen Kirschblüten. Er besitzt eine Anschlussanstellung bis 2027. „Ich bin sehr glücklich, dass ich bei der Eintracht ein weiteres Jahr auf höchstem Niveau Fußball spielen kann und darf.“ Sollte Hasebe kommende Saison in der Bundesliga eingesetzt werden, was wahrscheinlich ist, überholt er Rudi Bommer und Uli Stein als älteste Eintracht-Spieler.
„Mit bald 40 Jahren ist er eine Bundesligagröße“, sagt Manager Krösche, der zur Verkündung der Vertragsverlängerung erstaunlicherweise bis nach Tokio gereist war: „Er ist auch über die Landesgrenzen hinaus ein Botschafter für Eintracht Frankfurt und den deutschen Fußball.“ Für Martin Hinteregger ist Makoto Hasebe vor allem eine zentrale Figur, um Eintracht Frankfurt zurück in die Erfolgsspur zu führen.