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Eintracht-Gegner Freiburg und der Wahnsinn

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Von: Jakob Böllhoff

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Der Architekt des Freiburger Erfolges: Trainer Christian Streich.
Der Architekt des Freiburger Erfolges: Trainer Christian Streich. © dpa

Sport-Club kratzt an der Königsklasse und wundert sich manchmal selbst über die eigene Entwicklung.

Vor fast genau 30 Jahren ist der SC Freiburg also zum ersten Mal in die Fußball-Bundesliga aufgestiegen, ein putziger Verein damals, der Trainer ein Sponti mit Brilli im Ohr, der Präsident ein schrulliger Regierungsdirektor, der stets die eigene Kaffeemaschine mit rüber nahm ins Dreisamstadion, für die Journalisten. Um Geld zu sparen.

Inzwischen steht eine moderner Kaffeevollautomat im Presseraum des Stadions. Dieses Stadion ist auch nicht mehr das Dreisamstadion. Nein, dieses Stadion ist eine neue Arena am anderen Ende der Stadt, es heißt wie ein bekannter Freizeitpark in der Region, und es sieht selbst ein bisschen aus wie ein Kaffeevollautomat, so ist das eben mit den neuen Arenen.

Dass Volker Finke, der alte Sponti mit dem Brilli im Ohr, nicht alles gut findet, was beim SC Freiburg auf der außersportlichen Ebene getrieben und vorangetrieben wurde in den vergangenen Jahren – Zentralvermarktung durch die Agentur Infront, ein internationaler Autohändler als Hauptsponsor – ist bekannt. Die Trainerlegende, die den Brilli zwar schon lange abgelegt hat, aber immer noch den Lebensmittelpunkt in Freiburg hat, sieht viele Entwicklungen kritisch bei seinem alten Arbeitgeber, den er zwischen 1991 und 2007 im deutschen Profifußball etablierte.

Und nur zu gerne würde man in Erfahrung bringen, was der 2009 verstorbene Präsident Achim Stocker über den aktuellen Zustand des Vereins denkt, deren Geschichte er so entscheidend mitprägte. Ersatzweise muss ein Verdacht her: Hätte man Stocker 1991 den Verlauf der kommenden Jahrzehnte in einer Glaskugel vorgehalten, er hätte wahrscheinlich seinen Zigarillo darauf ausgedrückt und wäre kopfschüttelnd mit Hündchen Tommie an der Leine von dannen gezogen. Unvorstellbar, wie groß dieser kleine Klub sich getraut hat zu werden.

Aus der Perspektive der Vergangenheit wirkt ja so manches spektakulär surreal, was später geschmeidig zur Wirklichkeit wird. Und dass der SC Freiburg sich 2023 im zweiten Jahr in Folge für die Europa League qualifizieren würde, war im Breisgau noch vor ein paar Jahren utopisch. Jetzt ist sogar die erstmalige Teilnahme an der Champions League drin, wenn die Mannschaft von Trainer Christian Streich am Samstag zum Saisonfinale bei Eintracht Frankfurt antritt. Dafür müsste der Sport-Club gegen die Eintracht mehr Punkte ergattern als Union Berlin zeitgleich gegen Werder Bremen.

Wenn’s am Ende nicht klappt? „Würde ich mich nicht wahnsinnig ärgern“, sagt Streich. „Denn irgendwann ist es fertig mit Ärgern und Ansprüche stellen. Sonst bist du irgendwann des Wahnsinns. Den probiere ich zu vermeiden.“

Achim Stocker würde dem zustimmen, und ganz vielleicht auch Volker Finke.

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