Eintracht Frankfurt: Prima Pianisten, taktlose Tänzer

Eintracht Frankfurt bringt in Berlin frische Leute, die aber rennen der Musik nur hinterher.
Berlin - Das Bundesligaspiel seiner Mitspieler streamte er auf dem Smartphone. Ziemlich kleiner Bildschirm zwar, aber gut, sonderlich sehenswert war das 0:2 von Eintracht Frankfurt bei Union Berlin am Sonntagnachmittag wirklich nicht. Kevin Trapp, der an der rechten Hand lädierte Ballfänger des hessischen Camp-Nou-Bezwingers, setzte in der deutschen Hauptstadt sicherheitshalber aus. Stattdessen bekam er von seinem Coach Oliver Glasner, wie zuvor bereits die höchst strapazierten und damals spielunfähigen Kollegen Djibril Sow und Martin Hinteregger, einen Sonderurlaub verordnet.
Trapp zog es in die Schweiz, nähe Luzern, exklusives Fünf-Sterne-Ressort, herrlicher Ausblick über den Vierwaldstättersee – da lässt es sich aushalten. Die gute Nachricht aus Eintracht-Sicht: Das mit einer Manschette geschützte Arbeitswerkzeug des Torhüters scheint nicht schlimmer angeknackst, für eine wohlklingende Piano-Vorführung ganz zur Freude der dahinschmelzenden Verlobten reichte die Fingerfertigkeit allemal.
Eintracht Frankfurt verliert gegen Union Berlin
In Berlin also war Trapp nicht dabei auf dem Rasen, ebenso wenig wie der am Knie verletzte Stratege Sow. Der Schweizer kommentierte zwar fürs vereinseigene Radio die Partie, war aber bereits in Barcelona nicht spieltauglich und wird weiterhin geschont. Der 28. April, London, Olympiastadion, das Halbfinalhinspiel in der Europa League gegen West Ham, ist das große Ziel. Entsprechend durften an der Alten Försterei auf Frankfurter Seite einige ran, die sonst selten oder nie ran dürfen.
Im Tor stand Jens Grahl, eigentlich die Nummer drei. Weil auch der junge Diant Ramaj nach einer Knie-OP nicht fit ist, kam der 33-Jährige zu seinem Pflichtspieldebüt die Eintracht und dem 13. Bundesligaeinsatz überhaupt. Im Gegensatz zu den weiteren aufs Feld geschickten Ersatzleuten machte er seine Sache zumindest fehlerfrei. „Natürlich wäre ich lieber mit einem Sieg nach Hause gegangen.“, sagte der gebürtige Stuttgarter, der äußerst geschätzt wird in der Truppe wegen seiner offenen Art: „Es war etwas Besonderes, nach so langer Zeit wieder im Tor zu stehen.“ Knapp sieben Jahre hatte er warten müssen. Natürlich hätten Leistung und Aufwand des Barca-Spiels Einfluss gehabt. „Es war unglaublich intensiv und emotional, auch nach dem Spiel noch mit den Fans. Wir hatten uns vorgenommen, alles zu machen, was geht. Das haben wir getan, aber am Ende hat es nicht für mehr gereicht.“
Auch deshalb, weil manch anderer Profi unfreiwillig nachwies, warum er sonst nicht so häufig spielen darf. Ajdin Hrustic etwa verlor im Mittelfeld entscheidende Zweikämpfe, wurde aufgefressen von den bissigen Berlinern. Timothy Chandler verwaltete die rechte Seite nur. Goncalo Paciencia tänzelte vorne herum, ohne Torgefahr auszustrahlen. Der später eingewechselte Ragnar Ache spielte wie ein Ragnar Ache eben spielt, ziemlich ziellos.
Eintracht Frankfurt: Hasebe erneut nur Ersatz
Dabei wäre es an diesem Tag doch dringend nötig gewesen für einen Erfolg, dass gerade jene Spieler, die körperlich frisch sind, die anderen, die Müden, ein Stück weit mitziehen. So reifte mal wieder die Erkenntnis: Der zweite Anzug der Eintracht sitzt nicht - wahrlich nicht überraschend nach nun 41 gespielten Pflichtpartien in dieser Saison.
Erstaunlich dagegen, dass trotz dieser vielen und weitestgehend nachvollziehbaren personellen Wechsel des Trainers einer anfangs wie zuletzt häufig nicht mittun durfte: Makoto Hasebe. Der 38-Jährige, eigentlich tauglich als Stammkraft, stand in den vergangenen zwei Monaten überhaupt nur einmal in der Startformation - beim 0:0 gegen Fürth war er sofort bester Frankfurter. Seine Abwehr jedoch wollte Glasner auch diesmal nicht durchmischen, und einen Startelfjob im defensiven Mittelfeld traut er Hasebe offenbar nicht zu. Dessen Arbeitszeit in Berlin: die finalen 14 Minuten. Freilich war die Begegnung zu diesem Zeitpunkt längst gelaufen aus Eintracht-Sicht. Das wird auch Kevin Trapp auf seinem kleinen Bildschirm erkannt haben. (Thomas Kilchenstein und Daniel Schmitt)